Besuch in Kiew und Tschernihiw:Bundespräsident Steinmeier in der Ukraine eingetroffen

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Vor einem halben Jahr hatte die Ausladung des deutschen Staatsoberhaupts einen Eklat nach sich gezogen, jetzt hat die Reise in das von Russland überfallene Land geklappt - im dritten Anlauf.

Von Robert Roßmann, Berlin

Im dritten Anlauf ist es nun also gelungen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist am Dienstag zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen. Es ist seine erste Reise in das Land seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar. Steinmeier will sich unter anderem mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij treffen.

Steinmeier sagte, ihm sei es wichtig, "gerade jetzt, in der Phase der niederträchtigen russischen Luftangriffe im ganzen Land, ein Zeichen der Solidarität an die Ukrainerinnen und Ukrainer zu senden". Seine Botschaft an die Menschen in der Ukraine sei: "Ihr könnt euch auf Deutschland verlassen! Wir werden die Ukraine weiter unterstützen: militärisch, politisch, finanziell und humanitär." Zugleich wolle er aber auch eine "Botschaft an die Deutschen daheim" senden: "Vergessen wir niemals, was dieser Krieg für die Menschen hier bedeutet!" Der Bundespräsident will sich in der Oblast Tschernihiw und in der Hauptstadt Kiew einen persönlichen Eindruck von den Zerstörungen machen.

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Am Montagnachmittag hatte Steinmeier - noch in Berlin - den neuen Botschafter der Ukraine, Oleksij Makejew, zur Akkreditierung empfangen. Makejew ersetzt Andrij Melnyk, dessen Verhältnis zu Steinmeier als zerrüttet gilt. Der Ukraine-Besuch des Bundespräsidenten soll jetzt auch demonstrieren, dass die politischen Verwerfungen zwischen Steinmeier und der Führung der Ukraine beendet sind.

Der Bundespräsident hatte Kiew bereits Mitte April besuchen wollen. Damals war eine gemeinsame Reise mit den Präsidenten Polens, Estlands, Litauens und Lettlands geplant. Steinmeier bekam jedoch unmittelbar vor Beginn der Reise signalisiert, in der Ukraine nicht willkommen zu sein. Die anderen vier Präsidenten fuhren daraufhin ohne ihn nach Kiew.

Der Vorfall hatte zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Deutschland und der Ukraine geführt. Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte das Verhalten Kiews damals scharf. Es sprach von einem "ganz bemerkenswerten Vorgang" und beklagte, dass die Ukraine einem Land, das so viel militärische und finanzielle Hilfe leiste wie Deutschland, sage, "der Präsident kann aber nicht kommen".

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In der Ukraine steht Steinmeier wegen seiner Russlandpolitik als deutscher Außenminister in der Kritik. Der Bundespräsident hat im April selbst Fehler eingestanden. Unter anderem sagte er damals, sein langes Festhalten an der Gaspipeline Nord Stream 2 sei "eindeutig ein Fehler" gewesen. Auch in seiner Einschätzung, dass Wladimir Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde, habe er sich geirrt.

Im Mai legten Selenskij und Steinmeier den Streit um die geplatzte Kiew-Reise dann bei. Nach einem Telefonat der beiden hieß es aus dem Schloss Bellevue, man habe "Irritationen der Vergangenheit" ausgeräumt und Selenskij habe die gesamte deutsche Staatsspitze in die Ukraine eingeladen. Wenige Tage später besuchte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas das Land. Mitte Juni reiste auch der Bundeskanzler nach Kiew.

Am vergangenen Donnerstag wollte dann auch Steinmeier die Ukraine besuchen, doch die Fahrt wurde kurzfristig abgesagt. Im Schloss Bellevue hieß es, die Sicherheitsbehörden hätten von der Reise abgeraten. Der Schweizer Bundespräsident war am selben Tag aber nach Kiew gefahren. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, twitterte deshalb, "die Angsthasen-Absage der Kiew-Reise des Bundespräsidenten" sei eine "internationale Vollblamage Deutschlands". CDU-Chef Friedrich Merz hatte die Ukraine Anfang Mai trotz Warnungen der Sicherheitsbehörden besucht. Allerdings dürfte ein Bundespräsident auch gefährdeter sein als ein Oppositionspolitiker.

An diesem Dienstag ist Steinmeier nun doch in die Ukraine gefahren - sechs Monate nach seinem ersten Versuch.

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