Coronaimpfstoff:Slowakei zweifelt an Sputnik V

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Am 1. März hatte der damalige Premier Igor Matovič (r.) die erste Lieferung Sputnik V in Empfang genommen. Nun soll die Slowakei den Impfstoff zurücksenden. (Foto: Frantisek Ivan/AP)

Bratislava hat Impfstoff aus Russland bestellt, kritisiert ihn aber nun: Er unterscheide sich von dem, den die EMA prüft. In Moskau reagiert der Hersteller empört - und fordert die Dosen zurück.

Von Viktoria Großmann, München

Russland fordert von der Slowakei alle gelieferten Dosen des Impfstoffs Sputnik V zurück. Der Russian Direct Investment Fund (RDIF), der Sputnik vertreibt, wirft der slowakischen Arzneimittelbehörde Vertragsbruch und Sabotage vor. Die Behörde führe eine Fake-News-Kampagne gegen Sputnik V. Die slowakische Regierung hatte Anfang März zwei Millionen Dosen des Impfstoffs gekauft, 200 000 waren bereits geliefert worden. Geprüft worden war der Impfstoff zu diesem Zeitpunkt auf nationaler Ebene noch nicht.

Nach einer vierwöchigen Untersuchung hatte sich die slowakische Arzneimittelbehörde ŠÚKL nun gegen die Verwendung von Sputnik V ausgesprochen. Der Hersteller habe trotz wiederholter Anfragen keine Daten aus vorklinischen Studien oder der Produktion geliefert.

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Vor allem hatten die Slowaken kritisiert, dass es sich bei dem gelieferten Impfstoff weder um jenen handle, der im Fachmagazin The Lancet beschrieben wurde, noch um jenen, für den bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) eine Zulassung beantragt wurde. Diese Impfstoffe, so die Behörde, "verbindet nur der Name." Die weltweit verwendeten Mittel unterschieden sich laut Datenlage in Zusammensetzung, aber auch Art der Herstellung und Vorschriften für die Lagerung.

Slowakei solle die Dosen wegen "Vertragsbrüchen" zurückschicken

Über Twitter weist der RDIF diese Aussagen als "Fake News" zurück. Das slowakische Institut habe "eine Desinformationskampagne gegen Sputnik V gestartet und plane weitere Provokationen". Wegen "mehrfacher Vertragsbrüche" solle die Slowakei den Impfstoff zurückschicken, "sodass er in anderen Ländern genutzt werden kann".

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Einen Vertragsbruch habe die slowakische Behörde begangen, weil sie den Impfstoff nicht in einem Offiziellen Medizinischen Kontrolllabor, kurz OMCL, untersucht habe. In Deutschland etwa untersucht das Paul-Ehrlich-Institut oder eines dieser OMCLs Impfstoffe, bevor die Chargen freigegeben werden. Die slowakische Behörde weist darauf hin, dass in diesen Laboren nur Impfstoffe untersucht werden, die bereits in der EU registriert sind. Das ist bei Sputnik V aber nicht der Fall. Die Untersuchungen wurden unter anderem am Biomedizinischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften vorgenommen.

Zudem habe die slowakische Arzneimittelbehörde keine Kenntnisse über den geschlossenen Vertrag, "denn dieser Vertrag ist geheim und wurde der staatlichen Behörde nicht zur Verfügung gestellt", heißt es auf Anfrage. Mit dem Hinweis auf Geheimhaltung habe die slowakische Behörde auch keine Informationen aus Ungarn erhalten, dem einzigen EU-Land, in dem Sputnik V verimpft wird.

In mehreren Punkten sprechen die slowakischen Testergebnisse für den Impfstoff , wie die Behörde in ihrer umfangreichen Stellungnahme mitteilt. Labortests allerdings reichten für die Zulassung nicht aus, es müssten klinische Tests erfolgen und für diese fehlten bis dato weitere Unterlagen des Herstellers.

Der Kauf von Sputnik V hatte einen Streit zwischen den Koalitionsparteien ausgelöst. Schließlich war Premier Igor Matovič zurückgetreten, er ist nun Finanzminister. Am Freitag reiste er nach Budapest, um sich dort über die Erfahrungen mit Sputnik V zu informieren. Der Impfstoff dürfte durch eine entsprechende Genehmigung des Gesundheitsministers in der Slowakei bereits verwendet werden. Allerdings wollte die Regierung die Untersuchung der Arzneimittelbehörde abwarten.

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