SPD:Von wegen erdverwachsen

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Wird als Kanzlerkandidat gehandelt: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. (Foto: dpa)
  • Im neuen Bundeskabinett soll wieder mindestens ein niedersächsischer Sozialdemokrat vertreten sein.
  • Dass Sigmar Gabriel Außenminister bleibt, ist zweifelhaft. Ihn ersetzen könnte Bundestagsvize Thomas Oppermann.
  • Außerdem als Bundesminister aus Niedersachsen gehandelt werden Ministerpräsident Stephan Weil, Ex-Generalsekretär Hubertus Heil sowie der Umweltpolitiker Matthias Miersch.

Von Nico Fried, Berlin

Im Niedersachsenlied, der inoffiziellen Nationalhymne des norddeutschen Bundeslandes, heißt es: "Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen." Was Sozialdemokraten betrifft, stimmt sturmfest immer und überall, von erdverwachsen kann aber vor allem bei Niedersachsens sozialdemokratischen Männern nur begrenzt die Rede sein. Viele drängten schon in die Bundespolitik, Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier und Peter Struck waren dabei in jüngerer Vergangenheit am erfolgreichsten.

Nun ist es wieder so weit. "Von der Weser bis zur Elbe, von dem Harz bis an das Meer, stehen Niedersachsens Söhne. . .", heißt es in dem Lied. Eigentlich geht der Text so weiter: "eine feste Burg und Wehr". Die SPD-Version 2018 aber müsste lauten: "Und es werden immer mehr!" Denn der niedersächsische Landesverband stellt derzeit nicht nur den geschäftsführenden Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, sondern auch den neuen Generalsekretär Lars Klingbeil und den Bundestagsvizepräsidenten Thomas Oppermann. Auch im neuen Bundeskabinett soll wieder mindestens ein Niedersachse vertreten sein, wobei es äußerst zweifelhaft erscheint, dass es Sigmar Gabriel sein wird.

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Gabriel hat als Außenminister hohe Popularitätswerte, aber nur noch wenige namhafte Fans in der SPD, zumindest wenige, die sich auch öffentlich bekennen. Einer von ihnen ist der Bundestagsabgeordnete und langjährige Europa-Politiker Axel Schäfer. Er sagt, nachdem Martin Schulz auf das Außenministerium verzichtet habe, "kann die SPD schon gar nicht auf Sigmar Gabriel verzichten". Nach Schäfers Eindruck aus Veranstaltungen in den vergangenen Wochen ist immer noch eine Mehrheit an der Basis für Gabriel als Außenminister - "und in Europa sind sowieso fast alle für ihn".

Außer der künftigen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles und ihrem kommissarisch amtierenden Vorgänger Olaf Scholz hat auch Stephan Weil, Ministerpräsident in Hannover und Landesvorsitzender der SPD, ein wichtiges Wort mitzureden. Weil ist von fünf angetretenen Sozialdemokraten der einzige, der im vergangenen Jahr eine Wahl gewonnen hat, und er wird neben Nahles und Scholz auch als möglicher Kanzlerkandidat für wann auch immer gehandelt. In den Koalitionsverhandlungen hatten der damalige Parteivorsitzende Martin Schulz und Fraktionschefin Nahles ihn nicht in die engste Verhandlungsgruppe geholt - ein Versäumnis, das Nahles und Scholz bei der Berücksichtigung der niedersächsischen SPD für Kabinettsposten ein wenig unter Druck setzt, wollen sie nicht weiteren Unfrieden stiften. Stephan Weil selbst hat jüngst seinen Anspruch klar formuliert: Die Landes-SPD habe "ein richtig gutes Personalangebot", und er gehe davon aus, "dass das auch im Kabinett zum Ausdruck kommen wird".

Kein anderer Landesverband hat wohl so viele Kandidaten mit bundespolitischer Erfahrung. Fiele Gabriel weg, könnte Oppermann, 63, das Auswärtige Amt übernehmen, wobei ihn außer seines Alters und der damit verbundenen seriösen Ausstrahlung keine Qualifikation für das Außenministerium empfiehlt, welche die beiden am häufigsten genannten Gegenkandidaten Katarina Barley und Heiko Maas nicht auch hätten.

Ebenfalls im Gespräch als Bundesminister ist Hubertus Heil, der zwar schon zweimal SPD-Generalsekretär war, bei Staatsämtern aber stets übersehen wurde. Matthias Miersch, anerkannter Umweltpolitiker, wird auch von Weil geschätzt. Ironie der Geschichte: Der Parteilinke trat einige Zeit lang für eine Kooperationskoalition, auch Koko genannt, mit der Union ein, bei der nicht klar war, ob die SPD überhaupt am Kabinettstisch Platz nehmen sollte.

Rein theoretisch besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass eine Tochter Niedersachsens nach Berlin wechselt. Im Lied tauchen Frauen zwar nicht auf, zumindest eine ist aber seit zwölf Jahren recht erfolgreich bei der politischen Konkurrenz: Ursula von der Leyen.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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