Außenpolitik der SPD:Die Säbel und die Diplomaten

Lesezeit: 2 min

Wer sind die Freunde der Ukraine? Eine Dankes-Adresse auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew am vergangenen Sonntag. (Foto: Imago)

"Da sind wir völlig klar", behauptet der neue SPD-Chef Lars Klingbeil. Im Schatten Gerhard Schröders ringt die Partei in der Ukraine-Politik weiter um Geschlossenheit.

Von Daniel Brössler, Berlin

SPD-Chef Lars Klingbeil hat den Vorwurf einer uneindeutigen Positionierung seiner Partei im Ukraine-Konflikt zurückgewiesen. "Da sind wir völlig klar", sagte Klingbeil am Montag vor Beratungen über die Russland-Politik der SPD. Die Eskalation gehe von Russland aus, betonte der SPD-Ko-Vorsitzende in der ARD. Sehr deutlich mache man, "dass alle Optionen auf dem Tisch liegen, sollte Russland die territoriale Integrität der Ukraine jetzt angreifen", sagte Klingbeil mit Blick auf mögliche Sanktionen.

In der Partei waren zuvor Forderungen nach einer stärkeren Betonung der Entspannungspolitik einerseits und der Wunsch nach deutlicheren Signalen in Richtung Moskau andererseits laut geworden. Hinzu kam der Vorwurf des "Säbelrasselns" des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) an die Ukraine.

Leserdiskussion
:Wie sollte die SPD mit Gerhard Schröder umgehen?

Altkanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder hat mit seinen jüngsten Äußerungen zum Ukraine-Konflikt für reichlich Kritik gesorgt. Für Schröder ist die Ukraine hauptverantwortlich für die Spannungen mit Russland. .

"Äußern können sich viele, aber entscheiden tun wir als aktuelle SPD-Führung gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz", sagte Klingbeil, vermied aber direkte Kritik an Schröder. Im Vordergrund stünden nun diplomatische Bemühungen. "Es geht um die Frage, wie wir Krieg abwenden können mitten in Europa", sagte Klingbeil. Er wolle "nicht, dass wir jetzt durch Drohungen, durch Taten, in eine Situation hineingeraten, in der dann vielleicht ungewollt eine Kriegssituation mitten in Europa entsteht". Die Bundesregierung agiere vollkommen geschlossen. Auch für Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gebe es seitens der SPD-Führung "volle Rückendeckung".

Der einstige Parteivorsitzende Schröder solle "seine historischen Verdienste nicht in den Hintergrund treten lassen", appellierte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Russland-Berichterstatter im Europarat, Axel Schäfer. Zum von Schröder erhobenen Vorwurf des ukrainischen Säbelrasselns sagte Schäfer der Süddeutschen Zeitung: "Das ist Gerhard Schröders Privatmeinung, die in der SPD wahrscheinlich niemand teilt." In der SPD wurde betont, dass die von Klingbeil einberufene Sitzung zur Russland-Politik schon länger geplant gewesen sei und in keinem Zusammenhang zu aktuellen Wortmeldungen stehe.

Auch CDU-Außenpolitiker Röttgen sieht Waffenlieferungen an Kiew kritisch

In der Partei wird schon seit mehreren Jahren kontrovers über den Umgang mit dem Gebaren Russlands diskutiert. Die Einstufung der russischen Politik durch den damaligen Außenminister Heiko Maas (SPD) als "zunehmend feindselig" war 2018 auf Vorbehalte etwa bei der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, gestoßen. Neben Außenpolitikern aus der Bundestagsfraktion wurden auch Schwesig und die SPD-Ministerpräsidenten aus Brandenburg und Niedersachsen, Dietmar Woidke und Stephan Weil, von Klingbeil zu dem Gespräch über die Russland-Politik geladen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm nicht teil.

Lars Klingbeil, Co-Parteichef der SPD, warnt Russland. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

In der Sitzung kamen nach Teilnehmerangaben das aktuelle Erscheinungsbild der SPD in der Ukraine-Krise als auch Grundsatzfragen zur Sprache, etwa wie eine europäische Ostpolitik aussehen kann. Einigkeit herrschte demnach in der Ablehnung der Lieferung letaler Waffen an die Ukraine. Das schloss auch eine ablehnende Haltung zur Weitergabe von Haubitzen aus DDR-Beständen aus Estland in die Ukraine ein. Die bislang ausbleibende deutsche Zustimmung war international auf Kritik gestoßen.

Unterstützung für das Nein der Bundesregierung zu Waffenlieferungen an die Ukraine bekundete derweil der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Waffen zur Verteidigung an die Ukraine zu liefern, sei zwar "nicht zu beanstanden", sagte Röttgen im Deutschlandfunk. Die Aufgabe deutscher Dialog- und Gesprächskanäle mit Moskau sei dafür aber ein "zu hoher Preis".

Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte erneut die Entschlossenheit der Bundesregierung, auf eine Verletzung der Souveränität der Ukraine mit Sanktionen zu antworten. Zu Sorgen wegen einer möglichen Gasknappheit sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), man beobachte die Lage genau. Die Versorgungssicherheit sei "aktuell gewährleistet". Die Bundesregierung tue "das Notwendige, damit die Versorgung gesichert ist". Der Anteil von russischem Gas liege in Deutschland zwischen 54 bis 56 Prozent.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungUkraine-Krise
:Deutschland verspielt seinen Ruf, ein verlässlicher Partner zu sein

Im Ukraine-Konflikt versucht Deutschland, sich herauszuhalten. Das schadet dem transatlantischen Bündnis mit den USA mehr als das Trump-Gepolter - und ist für Europa gefährlich.

Kommentar von Hubert Wetzel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: