SPD im Internet:Obamas "Julia" wirbt jetzt für Steinbrück

Lesezeit: 3 min

Julia und Elli im Vergleich: Die SPD-Version auf weißem, das Obama-Original auf buntem Hintergrund. (Foto: Quelle: SPD/barackobama.com)

Sie ist wieder da: Die Comic-Figur "Julia" buhlte in den USA für Obama um die Herzen der Wählerinnen. Die SPD stellt jetzt "Elli" ins Netz, die Ähnlichkeit ist frappierend. Das ist kein Einzelfall. Auch die Union orientiert sich an Obama - und macht SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück schlecht.

Von Michael König

Erst ist es nur eine Ahnung. Die Haare, das Gesicht, ist das nicht ...? Doch, das muss sie sein. Julia ist wieder da. Sie war zuletzt in den USA gesehen worden, bevor sie verschwand. Fast vier Monate ist das her. Jetzt ist sie wieder aufgetaucht - in Deutschland. Äußerlich kaum verändert, aber unter neuem Namen: Julia nennt sich jetzt "Elli". Statt Blau trägt sie ein knalliges Rot. Und auch ihren Arbeitgeber hat sie gewechselt.

Julia, eine Comic-Figur im Internet, wirbt jetzt nicht mehr für Barack Obama, den US-Präsidenten. Sondern für die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Und sie ist womöglich nur der Anfang. US-affinen Wählern dürfte künftig einiges bekannt vorkommen, weil sich SPD und Union stark am Obama-Wahlkampf orientieren werden. Orientieren im Sinne von: nachmachen.

Julias Geschichte ist schnell erzählt. Geboren wurde sie in Chicago, genauer gesagt in der Wahlkampfzentrale des amerikanischen Präsidenten. Von Anfang Mai 2012 bis zu Obamas Wahlsieg im November lebte sie auf einer eigenen Website. Mit wenigen Klicks konnten Internetnutzer dort Julias Lebenslauf verfolgen - vom Kindergarten über die High-School bis zur Karriere als Web-Designerin. Unterstützt und gefördert durch die Politik der Regierung Obama, bedroht durch einen Wahlsieg des Republikaners Mitt Romney. (Mehr zu Julia in diesem Eintrag in unserem US-Wahlblog.)

Ein Logo wie ein Joghurt-Becher

Der SPD scheint das gefallen zu haben. Generalsekretärin Andrea Nahles gilt als großer Fan der Obama-Kampagne. Zwei Dinge hätten ihr besonders imponiert, heißt es. Zum einen der "Tür-zu-Tür-Wahlkampf": Wie Obama soll Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nah an seine Wähler heran, Klinken putzen und Hände schütteln. Eine erste Kostprobe gab es im Januar, als sich Steinbrück mit Kuchen und Eierlikör bei Wählern ins Wohnzimmer setzte.

Zum anderen setzt Nahles auf das Internet. Offiziell macht die SPD das zwar schon lange, aber die meisten Aktionen waren eher peinlich. Im Wahlkampf 2009 ließen die Sozen ihre Anhänger über ein Erkennungszeichen für den damaligen Kandidaten Frank-Walter Steinmeier abstimmen - "Crowdsourcing" war das Motto. Ein Insider berichtete später, das Ergebnis habe den Parteistrategen nicht gefallen. Deshalb ersetzten sie es durch ein Logo, das im Netz als "Joghurt-Becher" verspottet wurde.

Vier Jahre später ist Peer Steinbrück dran, auch kein Internet-Liebhaber. Die Posse um das inzwischen eingestampfte Peerblog ist noch lebhaft in Erinnerung. An sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook zeigte er zunächst kein Interesse - um sich dann doch anzumelden.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Und nun: Julia alias Elli, die anlässlich des "Equal Pay Day" Ende März ihre Auferstehung erlebte. "Elli verdient mehr" heißt die Kampagne der SPD-Bundestagsfraktion, deren Optik und Bedienung frappierend an die Obama-Kampagne erinnern. Eine plumpe Kopie? Nein, sagt die Pressestelle auf SZ-Anfrage: "Wir haben die Idee aufgegriffen und weiterentwickelt." Tatsächlich gibt es ein paar Unterschiede.

"Julia" hatte in den USA Aufsehen erregt, weil in ihrer Karriere zwar ein Sohn vorkommt, aber kein Mann und auch keine Hochzeit. Republikaner und konservative Medien zeigten sich empört. Elli ist im Vergleich eher bodenständig. Sie legt ein "glänzendes Abitur" hin, "doch statt zu studieren, entscheidet sie sich für eine Ausbildung zur Hotelfachfrau." Mit 25 bekommen sie und ihr Lebensgefährte einen Sohn, mit 28 wird geheiratet. Mit 33 kommt das zweite Kind hinzu, mit 39 "erklimmt sie die Karriereleiter" und wird Hotelmeisterin.

Natürlich nur, wenn die SPD regiert. Unter Schwarz-Gelb drohe Elli dagegen ein Desaster, mahnt die SPD: Weil ihr Mann "doppelt so viel" verdiene, müsse Elli daheim beim Kind bleiben. Der Kita-Platz sei dank der Politik von Union und FDP so teuer, dass sie sich allenfalls einen Minijob leisten könne. Aus dieser "Falle" komme sie nicht mehr heraus, mahnt die SPD. Elli werde krank, arbeitslos und lande schließlich in der "Armutsfalle".

Dass Elli - unabhängig von der Regierung - womöglich mehr verdient als ihr Mann und dass sich dieser womöglich um die Kinder kümmern möchte, ist bei der SPD nicht vorgesehen. Aber gut, es ist Wahlkampf, da ist kein Platz für differenzierte Zwischentöne.

"Negative Campaigning", also das Schlechtmachen der Konkurrenz, ist noch so eine Sache, mit der Obama gegen Romney Erfolg hatte. Und auch sie könnte in Deutschland verstärkt zum Einsatz kommen. Die Union hat schon mal vorgelegt, bei Youtube zeigt sie einen Spot, in dem ein Internetnutzer bei Google nach dem SPD-Kandidaten sucht.

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Gibt er "Peer Steinbrück" ein, werden ihm im Video die Begriffe "Nebeneinkünfte", "Kanzlergehalt zu gering" und "Fehlstart" als Vorschläge eingeblendet. Sucht er hingegen nach "Deutschland in guten Händen", erscheint bei der Bildersuche ein Foto von Angela Merkel.

Blöd für die Union: In der Realität macht Google da nicht mit. Wer "Deutschland in guten Händen" eingibt, der findet (Stand: 28. März 2013) in der obersten Reihe kein Foto der Kanzlerin. Sondern eines von ihrem Vorgänger Gerhard Schröder, SPD.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: