Ehegattensplitting:Kühnert und Heil offen für Reform

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"Ein Steuerprivileg, das insbesondere viele Frauen vom Arbeitsmarkt fernhält": Kevin Kühnert will übers Ehegattensplitting reden. (Foto: Kay Nietfeld/DPA)

Nach SPD-Parteichef Klingbeil fordern auch Generalsekretär Kühnert und Arbeitsminister Heil eine Debatte. Die FDP wittert Steuererhöhungen.

Die SPD legt im Streit über das Ehegattensplitting nach. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil forderte den Ampelkoalitionspartner FDP auf, bei dem Thema mit seiner SPD über Änderungen zu verhandeln. Eine Reform wäre aus arbeitsmarktpolitischer Sicht absolut sinnvoll, sagte Heil der Rheinischen Post. "Um Fachkräfte zu sichern, brauchen wir eine bessere Erwerbsbeteiligung von Frauen. Viele Frauen sind sehr gut ausgebildet, arbeiten aber nur Teilzeit - und das nicht nur, weil sie sich um Kinder und Familie kümmern, sondern auch, weil sich Mehrarbeit aus steuerlichen Gründen zu wenig lohnt."

Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung wären bessere steuerliche Rahmenbedingungen hilfreich. "Deshalb sollten wir über eine Modernisierung des Steuerrechts in der Koalition in Ruhe reden." SPD-Chef Lars Klingbeil hatte für neu geschlossene Ehen eine Abschaffung des Ehegattensplittings ins Spiel gebracht.

Auch der Generalsekretär der SPD, Kevin Kühnert, rief die Koalition zu einer offenen Debatte auf. "Das Ehegattensplitting zumindest für künftige Ehen durch eine gerechtere Form der Einkommensteuer zu ersetzen, würde den Zielen von Gleichstellung und Steuergerechtigkeit gleichermaßen zugute kommen", sagte Kühnert der Deutschen Presse-Agentur. "Lars Klingbeil hat recht: Darüber sollte die Koalition vorurteilsfrei diskutieren." Bislang habe das Gemeinwesen auf fast 20 Milliarden Euro pro Jahr verzichtet, indem "wir uns ein Steuerprivileg leisten, das insbesondere viele Frauen vom Arbeitsmarkt fernhält", sagte Kühnert.

Die Union verweist auf kinderreiche Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen

Die Grünen sind offen dafür, die FDP aber klar dagegen. Die Liberalen wittern eine Form von Steuererhöhungen, die im Koalitionsvertrag der Ampel ausgeschlossen sind. Das Ehegattensplitting hilft vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Das verhindert in der Praxis oft, dass Frauen nach einer familienbedingten Auszeit wieder in den Beruf zurückkehren. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei, warnte vor der Abschaffung. "Nach dem Chaos beim Heizungsgesetz will die SPD-Spitze nun die Axt an das Ehegattensplitting legen, das insbesondere für kinderreiche Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen von hoher Bedeutung ist", sagte der CDU-Politiker am Dienstag dem Spiegel.

Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, äußerte sich auch kritisch zu Klingbeils Vorschlag. "Das Ehegattensplitting, das auch für viele Familien mit durchschnittlichen und niedrigen Einkommen relevant ist, abzuschaffen, um ausgerechnet das Elterngeld für Bestverdiener zu finanzieren, scheint wenig durchdacht und käme einer Umverteilung von unten nach oben gleich", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

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