Als erstes Land Europas:Spanien führt freie Tage bei Regelschmerzen ein

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Die spanische Gleichstellungsministerin Irene Montero spricht von einem "historischen Tag für die Förderung feministischer Rechte". (Foto: Oscar del Pozo/AFP)

Frauen mit Menstruationsbeschwerden können sich mit ärztlichem Attest krankschreiben lassen. Gleichstellungsministerin Montero vereinfacht zudem Abtreibungen und stärkt Transrechte.

Von Nadja Tausche

Als erstes Land in Europa räumt Spanien Frauen die Möglichkeit ein, bei Menstruationsbeschwerden Krankheitstage zu nehmen. Ein entsprechendes Gesetz hat das spanische Parlament am Donnerstag beschlossen. Von starken Schmerzen betroffene Frauen können künftig der Arbeit fernbleiben, notwendig ist dafür ein Attest vom Arzt. Die Kosten für die Maßnahme übernimmt die Sozialversicherung.

Gleichstellungsministerin Irene Montero sprach auf Twitter von einem "historischen Tag für die Förderung feministischer Rechte". Zuvor war lange über eine Dauer von drei Tagen diskutiert worden, entschieden hat man sich schließlich dafür, keine Zahl an Tagen festzulegen. Die Möglichkeit, sich freizunehmen, besteht auch, wenn keine Erkrankung wie etwa Endometriose offiziell festgestellt wurde. Ähnliche Gesetze gelten außerhalb von Europa bereits etwa in Neuseeland, Japan und Sambia.

16-Jährige können ohne Elternzustimmung eine Schwangerschaft abbrechen lassen

Die Regelung ist Teil eines Gesetzes, das Monteros Gleichstellungsministerium auf den Weg gebracht hat. Sie gehört der linksgerichteten Partei Podemos an. Im Parlament stimmten 185 Abgeordnete dafür, 154 dagegen, es gab drei Enthaltungen. Die Ja-Stimmen kamen unter anderem von den Parteien PSOE und Podemos, mit Nein votierte die konservative Partido Popular (PP) und die als rechts geltende Partei Vox. Kritiker warnten, dass die Neuerung mehr statt weniger Diskriminierung bewirken könne, etwa weil Arbeitgeber Frauen im Einstellungsprozess benachteiligen könnten.

Das Gesetz verbessert auch die Möglichkeiten zur Abtreibung. Dabei wird das zulässige Alter abgesenkt: Ab 16 Jahren können Frauen in Zukunft ohne Zustimmung der Eltern einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Außerdem garantiert das Gesetz das Recht auf Abtreibung in öffentlichen Einrichtungen. Laut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender RTVE werden derzeit rund 85 Prozent der Abbrüche in privaten Krankenhäusern durchgeführt; die Wege zu einer Klinik, die sich bereit erklärt, den Eingriff vorzunehmen, sind häufig weit. Die dreitägige Bedenkzeit, die vor einer Abtreibung bislang Pflicht war, entfällt.

Auch Maßnahmen zur leichteren Schwangerschaftsverhütung bringt Spanien auf den Weg. Die "Pille danach" wird gratis, die Kosten für die Antibabypille übernimmt die Sozialversicherung ebenfalls. Zudem will man mehr auf Verhütungsmittel für Männer bauen. In öffentlichen Einrichtungen sollen kostenlose Hygieneprodukte zur Verfügung gestellt und Angebote zur Sexualaufklärung verbessert werden.

Transsexuelle ab 16 dürfen ihr Geschlecht ohne Arztbescheinigung ändern

Und noch ein zweites Gesetz hat das Parlament beschlossen. Es stärkt die Rechte von Transsexuellen: Künftig können in Spanien Menschen ab 16 Jahren ihr Geschlecht selbständig offiziell ändern lassen. Eine ärztliche oder psychologische Bestätigung ist nicht mehr nötig. Es geht dabei nicht um körperliche Eingriffe, sondern um die Änderung von Namen und Geschlechtsbezeichnungen im Personalausweis und Personenstandsregister. Möglich ist das künftig schon ab zwölf Jahren, allerdings nicht eigenständig: 14- bis 16-Jährige brauchen die Zustimmung der Eltern, bei Jugendlichen im Alter von zwölf bis 14 Jahren muss zusätzlich ein Richter oder eine Richterin zustimmen.

"Dieses Gesetz erlaubt, dass jeder sein kann, wer er ist, ohne Schuld, ohne Angst und ohne Diskriminierung", zitiert die Zeitung La Vanguardia Montero. Das Gender-Gesetz wurde mit 191 zu 60 Stimmen gebilligt. Es gab 91 Enthaltungen, darunter die der PP. Gleichstellungsministerium Montero erntet für das Gesetz viel Lob innerhalb und außerhalb des Parlaments. Von der Partei PDeCAT hieß es etwa, sie reihe sich damit in die Liste der Frauen ein, die "Geschichte geschrieben" hätten. Scharfe Kritik kommt dagegen unter anderem von der katholischen Kirche. Die PP bezeichnete das Gesetz als "falsch und schädlich".

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