Sondierungskarussell in Berlin:Noch nichts entschieden

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Wer mag denn mit wem? CSU-Chef Horst Seehofer, Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckhardt und Kanzlerin Merkel bei den Sondierungsgesprächen. (Foto: dpa)

Große Koalition, Schwarz-Grün oder doch Rot-Rot-Grün? Vor den nächsten Sondierungsgesprächen scheint wieder jede Koalition möglich. Ausschließen wollen die Parteien nichts, sondern geben sich auffallend kooperationsbereit.

Vor den entscheidenden Sondierungsgesprächen über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen wollen sich die Parteispitzen nicht auf eine große Koalition festlegen - stattdessen halten sie sich alle Möglichkeiten offen. Am Montag trifft sich die Union mit der SPD zur zweiten Sondierungsrunde, am Dienstag steht ein weiteres Gespräch mit den Grünen an. Danach wird wohl klar sein, mit welcher Partei Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden.

Von Grünen und Union wurde am Samstag ein schwarz-grünes Bündnis weiter als durchaus möglich bezeichnet. Ex-Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin verwies zwar auf Unterschiede in der Europa- und Steuerpolitik sowie beim Klimaschutz. Er sehe aber keine Gefahr, dass die Schwarz-Grün-Debatte zur Spaltung seiner Partei führen könnte. Das Problem sei eher, dass "auf der anderen Seite bereits zwei Parteien sitzen", sagte er mit Blick auf die Vorbehalte der CSU gegen die Grünen. Deren Chef Horst Seehofer wiederum betonte, er sehe bei den Grünen keinen Punkt, "wo ich sage, dass kommt überhaupt nicht infrage". Auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nannte Schwarz-Grün realistisch, die Schnittmenge sei nicht kleiner als bei Schwarz-Rot. "Für Frau Merkel ist es schon deshalb eine echte Option, weil große Landesverbände der CDU wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg Schwarz-Grün wollen", sagte Nahles der Bild am Sonntag.

Die Grünen haben ebenfalls angekündigt, unmittelbar nach der Sondierung zu sagen, ob sie Koalitionsverhandlungen für möglich halten. Trittin warnte die Union vor dem Versuch, bei den Sondierungen SPD und Grüne gegeneinander auszuspielen. "Das würde nicht funktionieren", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Der neue Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die Gespräche mit der Union seien bisher sachlich gewesen. "Aber aufgrund von allgemeinen Überschriften ist es nicht möglich zu entscheiden, ob man eine Koalition eingeht."

Oder doch vielleicht Rot-Rot-Grün?

Aber auch Rot-Rot-Grün wäre eine Option. Zumindest ist die neue Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, grundsätzlich zu Gesprächen mit der SPD und den Linken bereit. "Wenn der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel uns und die Linkspartei zu Sondierungsgesprächen über eine Regierungsbildung einladen sollte, würden wir auch da hingehen", sagte Göring-Eckardt der Bild am Sonntag. Gleichzeitig räumt sie einem Bündnis mit der Linken aber wenig Erfolgschancen ein: Mit der "SED-Nachfolgepartei" sehe sie wegen deren Außen- und Europapolitik "keine Regierungsfähigkeit". Auch Hofreiter zufolge muss eine Gesprächsoption für Rot-Rot-Grün in der Zukunft prinzipiell möglich sein, wie die Welt am Sonntag schreibt. Aber auch er hält die Linke gegenwärtig nicht für regierungsfähig.

CSU-Chef Seehofer, der direkt nach der Bundestagswahl mehr Sympathie für ein Bündnis mit der SPD hatte erkennen lassen, sagte er der Leipziger Volkszeitung: "Da ist noch nichts entschieden." Er habe früher bei Verhandlungen über eine Gesundheitsreform oder die Riester-Rente "viele positive Erfahrungen mit verantwortlichen Grünen gesammelt", sagte er.

Beim Streitpunkt eines flächendeckenden Mindestlohns, den sowohl SPD und Grüne fordern, sei man sich "sehr nahe", sagte Seehofer weiter. Nach Darstellung der Leipziger Volkszeitung gibt es eine Kompromisslinie zwischen SPD und Union, wonach die Sozialdemokraten im Gegenzug für den Mindestlohn auf ihre Forderung nach Einführung von sogenannten Euro-Bonds verzichten würden. Diese Gemeinschaftsanleihen der Europäer lehnt die Union strikt ab, weil sie darin eine indirekte Übernahme von Schulden der Südeuropäer sieht.

In der SPD ist eine Koalition mit der Union umstritten, nachdem die Partei aus dem Bündnis zwischen 2005 und 2009 geschwächt herausging. Über Koalitionsverhandlungen wird ein kleiner Parteitag der Sozialdemokraten am 20. Oktober befinden. Der ausgehandelte Vertrag soll dann der SPD-Basis in einer Mitgliederbefragung zur Zustimmung vorgelegt werden.

© Sz.de/Reuters/AFP/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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