Fall Khashoggi:Saudischer Kronprinz gerät stärker unter Druck

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  • Der Druck auf den saudischen Kronprinzen Mohammed, der mit dem Tod des Journalisten Khashoggi nichts zu tun haben will, steigt.
  • Der Ölminister des Königreichs, Khalid Al-Falih, spricht von schwierigen Tagen für sein Land.
  • Die Bundesregierung hat angekündigt, keine Waffenlieferungen an Saudi-Arabien mehr genehmigen zu wollen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat Saudi-Arabien vorgeworfen, die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi schon im Voraus geplant zu haben. Erdoğan sprach von einem "barbarischen geplanten Mord", für den die Türkei "starke Beweise in der Hand" habe.

Die regierungsnahe Zeitung Yeni Şafak berichtete unterdessen von einem Telefonat am Tag von Khashoggis Verschwinden, das den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman weiter unter Druck setzen könnte. Demnach habe der Leiter des saudischen Kommandos, das für Khashoggis Tod verantwortlich sein soll, viermal den Bürochef des Kronprinzen angerufen.

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Es sei "die sauberste Entscheidung, wenn auch nicht die mutigste", schreibt Kaeser. Seine Erklärung legt nahe, dass er sich zu einer Absage gedrängt fühlte.

Das Telefonat soll von dem Büro des Generalkonsuls aus und nach dem mutmaßlichen Mord an Khashoggi geführt worden sein. Saudi-Arabien hatte unter massivem Druck eingeräumt, dass Khashoggi Anfang des Monats im saudischen Konsulat in Istanbul zu Tode gekommen war. Nach offizieller Darstellung kam der regimekritische Journalist bei einer Schlägerei ums Leben. Türkische Ermittler gehen nach Medienberichten davon aus, dass Khashoggi von einem 15-köpfigen saudischen Einsatzkommando im Konsulat gefoltert und ermordet wurde.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, soll ein enger Vertrauter des saudischen Kronprinzen via Skype in das Konsulat geschaltet worden sein und Anweisungen für die Tötung des Journalisten gegeben haben. So soll der Mann namens Saud al-Qahtani unter anderem gefordert haben, ihm den "Kopf des Hundes" zu bringen. Es sei jedoch nicht klar, ob Qahtani die gesamte Tat über Skype verfolgt habe. Reuters zufolge ist der türkische Präsident im Besitz eines Audiomittschnitts des Anrufs. Erdoğan soll sich jedoch weigern, die Datei den Vereinigten Staaten zukommen zu lassen.

Vom türkischen Außenministerium hieß es, man habe noch keinerlei Informationen zu dem Fall mit irgendeinem Staat geteilt, sei aber dazu bereit, mit jeder Art internationaler Ermittlung beispielsweise durch die UN zu kooperieren.

Ein Standbild der Videoüberwachung vor dem saudischen Konsulat in Istanbul soll Jamal Khashoggi zeigen, kurz bevor er das Gebäude betritt - kurz vor seinem Tod. (Foto: REUTERS)

Saudi-Arabiens Außenminister Adel al-Jubeir kündigte Konsequenzen und umfassende Ermittlungen seines Landes an. Riad werde "sicherstellen, dass so etwas nie wieder passieren kann", sagte al-Jubeir bei einem Besuch in Jakarta. Sein Land werde zudem dafür sorgen, dass bei einer "gründlichen und vollständigen" Untersuchung die "Wahrheit" herauskomme, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

König Salman wolle die Verantwortlichen bestrafen, sagt der Ölminister

Der Ölminister des Königreichs sagte bei der internationalen Investorenkonferenz in Riad, das Land befinde sich in einer Krise. "Das sind schwierige Tage für uns", erklärte Khalid Al-Falih. Niemand in Saudi-Arabien könne den "bedauerlichen und abscheulichen Vorfall" erklären oder rechtfertigen. König Salman habe aber deutlich gemacht, dass die Verantwortlichen bestraft würden, sagte Al-Falih.

Der internationale Druck auf Saudi-Arabien nimmt seit Tagen zu, neben einer Reihe weiterer Staaten hat auch Deutschland umfassende Aufklärung gefordert. Bundeskanzlerin Merkel kündigte an, vorerst keine weiteren Rüstungsexporte in das Land zu genehmigen. Ähnlich äußerte sich auch SPD-Vizekanzler Scholz, der sich dafür aussprach, vorerst alle Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien zu stoppen. "Alle Erklärungsversuche Saudi-Arabiens zum Tod von Jamal Khashoggi bislang sind absolut unbefriedigend", sagte der Finanzminister. "Die Bundesregierung ist sich einig, dass es vorerst keine Waffenexporte nach Saudi-Arabien geben kann."

Aus der SPD kommt dennoch Kritik an der eigenen Regierung. "Es ist beschämend, dass erst die Ermordung von Jamal Khashoggi die Bundesregierung, vor allem die Bundeskanzlerin, zum Umdenken bei den Ausfuhrgenehmigungen von Rüstungsgütern an Saudi-Arabien und bei den Beziehungen zwischen beiden Ländern veranlasst hat", sagte der Fraktionsvize der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, der Süddeutschen Zeitung.

Merkels Parteikollege Norbert Röttgen fordert, dass die Bundesregierung noch weiter geht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschuss findet, dass sie auch bereits genehmigte Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien einfrieren solle. Kronprinz Mohammed müsse deutlich gemacht werden, dass es auch für ihn Grenzen gebe, sagte Röttgen am Montagabend im ZDF. Man stehe kurz vor der Aufklärung eines Foltermordes. In dieser Situation könnten auch zugesagte Geschäfte nicht stattfinden, solange die Todesumstände nicht restlos aufgeklärt und in Riad "substanzielle Konsequenzen" gezogen worden seien, forderte der CDU-Politiker.

© SZ.de/dpa/AFP/bepe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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