Russland versucht nach seiner Aufkündigung des Getreideabkommens nun auch mit militärischen Mitteln, jeglichen Export von Lebens- und Nahrungsmitteln aus der Ukraine über das Schwarze Meer zu verhindern. Das teilte das russische Verteidigungsministerium am Mittwochabend mit. Von Donnerstag an würden Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als "potenzielle Träger militärischer Fracht" und somit als Gegner angesehen werden. Die Länder, unter deren Flagge die betreffenden Schiffe fahren, würden zudem als Staaten betrachtet, die in dem Konflikt auf ukrainischer Seite stünden.
Viele der Frachter, die zuletzt an den Getreideexporten aus ukrainischen Häfen beteiligt waren, fuhren nicht unter ukrainischer Flagge, sondern unter der der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong, der Philippinen und anderer Staaten. Moskau hat in der Mitteilung vor allem den Nordwesten sowie den Südwesten des Schwarzen Meeres als "unsicher für die Schifffahrt" benannt. Dort könne die Sicherheit der Seefahrt nicht garantiert werden.
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Russlands Präsident Putin hat ein Gesetz unterzeichnet, wonach die Höchstgrenze für Reservisten um fünf Jahre angehoben wird. Moskau will zudem Sprengstoffspuren auf einem Getreidefrachter gefunden haben.
Moskau will verhindern, dass Lebensmittel aus der Ukraine exportiert werden
Es ist unklar, ob es russische Streitkräfte nach dieser Ankündigung Moskaus tatsächlich wagen würden, Schiffe nicht am Krieg in der Ukraine beteiligter Staaten in internationalen Gewässern anzugreifen und in der Folge diesen Staaten auch noch praktisch den Krieg zu erklären. Andererseits sind diese Meldungen aus Russland kaum anders zu verstehen.
Mit solchen Drohungen möchte Moskau wahrscheinlich verhindern, dass nach dem Ende des Getreideabkommens doch noch weiter Nahrungsmittel aus der Ukraine exportiert werden. Denn für solche Exporte ist eine Einwilligung Russlands eigentlich nicht nötig. Gekündigt wurde von Moskau lediglich das Exportabkommen zwischen Russland, der Türkei und den Vereinten Nationen. Ein separates Abkommen der Ukraine mit der Türkei und den UN hat weiterhin Bestand und grundsätzlich braucht Kiew natürlich keine Erlaubnis Moskaus für Exporte über internationale Gewässer. Der Rückzug Russlands aus dem Abkommen ist also eigentlich eine eher folgenlose Maßnahme, der nun aber wohl militärisch mehr Gewicht verliehen werden soll.
So wurde der Hafen von Odessa bereits in den Nächten auf Dienstag und Mittwoch von der russischen Armee mit einer großen Zahl an Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen angegriffen. Nur ein Teil konnte von der ukrainischen Flugabwehr abgefangen werden. Der Hafen und auch zivile Einrichtungen in der Stadt sind teilweise schwer getroffen worden. Über die genauen Schäden war am Mittwoch noch wenig bekannt, Bilder, die nicht alle verifiziert sind, zeigten teils tiefe Krater in der Stadt, mindestens ein Terminal am Hafen, das zum Verladen von Getreide genutzt wird, soll ebenfalls beschädigt worden sein.
Jede dieser Bomben träfe "auch die Ärmsten der Welt", sagte Baerbock
Auch der Hafen von Tschornomorsk südlich von Odessa wurde bei den Angriffen schwer getroffen. Allein hier seien laut des ukrainischen Landwirtschaftsministers Mykola Solskyj 60 000 Tonnen Getreide vernichtet worden. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Angriffe. Jede dieser Bomben träfe "auch die Ärmsten der Welt", sagte die Grünen-Politikerin.
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Das Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine und aus Russland war vor fast genau einem Jahr in Kraft getreten. Mit den Lieferungen war es gelungen, die nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine teilweise stark gestiegenen Preise für Getreide und andere Nahrungs- und Lebensmittel zu stabilisieren. Vor allem in afrikanischen Staaten, aber auch in einigen Ländern Asiens und Südamerikas hatten durch die gestiegenen Preise für Lebensmittel Hungersnöte gedroht. Russland und die Ukraine gehören weltweit zu den größten Produzenten von Getreide, Speiseöl und anderen Nahrungsmitteln.
Nach den Drohungen aus Russland stiegen Preise für Getreide wieder an
Das Abkommen sah vor, dass die Frachtschiffe unter der Anleitung ukrainischer Lotsen durch einen 310 Seemeilen langen Korridor im Schwarzen Meer die dort gelegten Minenfelder umfahren und in Istanbul von russischen, türkischen und ukrainischen Inspekteuren durchsucht werden. Nach den Drohungen aus Russland stiegen die Preise für Getreide auf den internationalen Märkten sofort wieder an.
Es ist derzeit unklar, ob Frachtschiffe nach dieser Ankündigung Russlands das Risiko auf sich nehmen werden, ukrainische Häfen anzusteuern. Im Vorfeld war mehrfach die Möglichkeit genannt worden, dass die türkische Marine für die Sicherheit der Frachter garantieren könnte - immerhin hat Ankara auch ein Abkommen mit Kiew und den Vereinten Nationen unterzeichnet. Nach der Ankündigung Moskaus würde das aber bedeuten, dass im Schwarzen Meer Schiffe des Nato-Mitglieds Türkei direkt auf russische Kriegsschiffe treffen könnten. Es sind wahrscheinlich genau diese Ängste, mit denen Moskau kalkuliert.