Nach Ausweisung von Diplomaten:Russland beendet Dialog mit der Nato

Lesezeit: 2 Min.

Lässt die russische Botschaft bei der Nato schließen: Russlands Außenminister Sergej Lawrow. (Foto: imago images/SNA)

Außenminister Lawrow hat angekündigt, dass Moskau die diplomatischen Beziehungen aussetzt - ein Tiefpunkt im Verhältnis zur westlichen Verteidigungsallianz.

Von Silke Bigalke und Paul-Anton Krüger, Berlin/Moskau

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat am Montag in Moskau angekündigt, dass Russland seine Botschaft bei der Nato zum 1. November schließen wird. Auch das militärische Verbindungsbüro der Nato in Moskau müsse zu diesem Zeitpunkt seine Arbeit einstellen, ebenso wie das dortige Informationsbüro der Nato. "Infolge zielgerichteter Schritte seitens der Nato haben wir keine angemessenen Bedingungen für elementare diplomatische Aktivitäten", sagte Lawrow. Deshalb werde auch der höchste militärische Vertreter Moskaus in Brüssel abgezogen. Damit gebe es keinen direkten militärischen Kontakt mehr zwischen Russland und der westlichen Allianz.

Die Entscheidung markiert einen Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen Russland und der westlichen Verteidigungsallianz. Der Außenminister stellte diesen Schritt als Reaktion darauf dar, dass die Nato jüngst acht russischen Diplomaten die Akkreditierung entzogen hatte. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begründete dies Anfang Oktober damit, dass die Mitglieder der russischen Mission an nicht deklarierten Geheimdienstaktivitäten beteiligt gewesen seien.

Ihre Ausweisung sei nicht an ein konkretes Ereignis geknüpft, sagte Stoltenberg damals, sondern eine Reaktion auf verstärkte feindselige Aktivitäten Russlands. Er ließ offen, ob ihnen konkrete Spionage zur Last gelegt wurde oder ihr Status als Geheimdienstmitarbeiter nicht ordnungsgemäß gemeldet war - ihr Handeln stehe jedenfalls nicht mit ihrem Status als Diplomaten in Einklang. Grundlage seien eigene nachrichtendienstliche Erkenntnisse, sagte ein Nato-Sprecher. Zu deren Inhalt äußere man sich grundsätzlich nicht.

Der Kreml hatte damals bereits Gegenmaßnahmen in Reaktion auf die Entscheidung angekündigt, die auch beinhaltete, die Größe der russischen Vertretung von 20 auf zehn Diplomaten zu halbieren. Die Entscheidung untergrabe die Perspektiven auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Russland und der Allianz fast vollständig, sagte Dmitrij Peskow, der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Der Widerspruch zwischen Aussagen von Nato-Vertretern über den Wunsch, die Beziehungen zu Russland zu normalisieren, und den realen Aktionen sei offensichtlich. Die Nato bezeichnete er als "antirussischen Block".

Ähnlich äußerte sich nun auch Lawrow. Er warf der Nato vor, "weder an einem gleichberechtigten Dialog noch an einer Zusammenarbeit interessiert" zu sein. In dringenden Fällen könne sich das Bündnis nun an den russischen Botschafter in Belgien wenden. Die Nato sei bereits über den Schritt informiert worden.

Stoltenberg hatte betont, dass die Nato entschieden auf Handlungen Russlands reagieren werde, zugleich aber anstrebe, den Dialog zu verstärken. Ihm sei es aber im Zuge der UN-Generalversammlung in New York nicht geglückt, im Gespräch mit Lawrow eine bereits länger angebotene Sitzung des Nato-Russland-Rates zu vereinbaren. Die Nato teilte mit, sie habe Kenntnis genommen von Lawrows Äußerungen gegenüber den Medien, aber noch keinerlei offizielle Mitteilung erhalten.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bedauerte die Entscheidung am Rande eine Treffens der EU-Außenminister in Luxemburg: "Das macht alles noch schwieriger und die Dinge sind schon schwierig", sagte er. Deutschland habe sich in der Nato immer wieder dafür eingesetzt, dass es einen Dialog mit Russland gebe auch im Nato-Russland-Rat. Man habe damit deutlich machen wollen, "wir sind bereit zum Dialog". Nun müsse man "einmal mehr zur Kenntnis nehmen, dass Russland dies anscheinend nicht mehr ist." Die Verteidigungsminister der Allianz treffen sich am Donnerstag und Freitag in der belgischen Hauptstadt zu Beratungen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusZum Tod von Gerd Ruge
:Wer ihn sah, musste zuhören

In der Eiseskälte sprach er für die Tagesschau heiser ins Mikrofon: Der langjährige ARD-Korrespondent Gerd Ruge fesselte mit seinen Berichten aus dem finsteren Russland und dem kaum leichter zu begreifenden Amerika. Über einen politischen Journalisten, der alles andere war als ein Machtmensch.

Von Willi Winkler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: