Wachsende Spannungen:Deutschland weist russischen Diplomaten aus

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Teilnahme an Demonstrationen für den Kreml-Kritiker Nawalny - so begründete Russland den Rauswurf von Diplomaten dreier EU-Länder. Deutschland, Polen und Schweden reagierten nun ihrerseits mit Ausweisungen von russischen Botschaftsangehörigen. (Foto: Valery Sharifulin /imago images/ITAR-TASS)

Auch Polen und Schweden greifen zu solchen Maßnahmen - in Reaktion auf Moskaus Ausweisung von Diplomaten. Im Hintergrund steht der Fall des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die diplomatische Krise zwischen der Europäischen Union und Russland verschärft sich weiter. Deutschland, Polen und Schweden erklärten am Montag je einen russischen Diplomaten zur "unerwünschten Person". Sie reagierten damit auf die russische Entscheidung, einen deutschen, polnischen und schwedischen Diplomaten auszuweisen.

"Diese Entscheidung war in keiner Weise gerechtfertigt. Der betroffene deutsche Diplomat war allein seiner im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgesehenen Aufgabe nachgekommen, sich mit rechtmäßigen Mitteln über die Entwicklung vor Ort zu informieren", hieß es in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes. Der russische Diplomat war am Nachmittag ins Auswärtige Amt bestellt worden, um ihn von der Maßnahme in Kenntnis zu setzen.

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Bei seinem Besuch in Moskau wird der Chefdiplomat der Europäischen Union vom Kreml vorgeführt. Russland weist drei EU-Gesandte aus. Josep Borrell glaubt dennoch, dass es richtig war, mit Russland zu reden.

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Das russische Außenministerium hatte am Freitag noch während eines Besuchs des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell die Ausweisung von drei Diplomaten verkündet und dies mit deren angeblicher Teilnahme an Demonstrationen für den inhaftierten Oppositionspolitiker Alexej Nawalny in Moskau und St. Petersburg begründet. Alle drei Länder stellten klar, dass die Diplomaten nicht an den Protesten teilgenommen hätten, sondern diese im Einklang mit ihren Aufgaben lediglich beobachtet hätten.

"Ziemlich fernab von Rechtsstaatlichkeit", sagt die Kanzlerin

Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow wies Kritik an der Ausweisung der Diplomaten am Montag zurück. "Die russische Seite hat deutlich gemacht, dass sie nicht beabsichtigt, so etwas zu dulden", sagte er. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor von einer "weiteren Facette" dessen gesprochen, was "ziemlich fernab von Rechtsstaatlichkeit" in Russland derzeit zu beobachten sei. "In keiner Weise gerechtfertigt" nannte Außenminister Heiko Maas (SPD) die Ausweisung.

Angaben zu dem russischen Diplomaten, der Deutschland verlassen muss, machte das Auswärtige Amt nicht. Gemäß diplomatischer Gepflogenheiten handelte es sich aber um eine "spiegelbildliche" Maßnahme. Auf die Ausweisung des Leiters der politischen Abteilung der Botschaft in Moskau folgt entsprechend die Ausweisung des Leiters der politischen Abteilung der russischen Botschaft in Berlin. Polen organisierte am Montag eine Videokonferenz zwischen Nawalnys Team sowie Vertretern der 27 EU-Staaten und der Botschafter der USA, Kanadas, Großbritanniens und der Ukraine.

Nach zum Teil scharfer Kritik verteidigte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Borrell dessen Reise nach Moskau. Hauptziel der Reise sei gewesen, klare Botschaften der EU zum Fall Nawalny und über die Beziehungen zu Russland und das russische Verhalten in Europa zu übermitteln. "Das wurde gemacht. Das wurde sehr klar und entschieden an die russische Seite übermittelt", sagte er.

"Wir können keinen Fehler in dem Versuch erkennen, ein konstruktives Gespräch mit der russischen Seite zu führen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Die Signale der russischen Seite seien aber "mehr als ernüchternd" gewesen. Über das Verhältnis zu Russland wollen die EU-Außenminister bei ihrem nächsten Treffen in zwei Wochen beraten.

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