Vor Jemen:Strack-Zimmermann will Deutsche Marine ins Rote Meer schicken

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Das Containerschiff "Al Jasrah" der deutschen Reederei Hapag-Lloyd wurde in der Meeresstraße Bab al-Mandab beschossen. (Foto: All mauritius images/mauritius images / Tom Wade-West)

Ein Frachter von Hapag-Lloyd wurde vor der Küste Jemens beschossen und beschädigt. In letzter Zeit häufen sich die Angriffe in der Region. Die Bundesregierung prüft nun eine Bitte aus den USA, sich an einem Einsatz dort zu beteiligen.

Von Nadja Lissok

Ein von der deutschen Reederei Hapag-Lloyd betriebenes Containerschiff ist im Roten Meer beschossen worden. Bislang bekannte sich noch niemand zu der Attacke. Zwischenfälle der letzten Tage legen aber nahe, dass die jemenitische Huthi-Miliz verantwortlich ist. Deutsche Reeder fordern nun Schutzmaßnahmen von der Bundesregierung und der EU. Was bedeuten die Angriffe für den internationalen Schiffsverkehr? Was wollen die Huthi-Rebellen erreichen? Fragen und Antworten zu den Vorfällen im Roten Meer und ihren Folgen.

Was ist passiert?

Die Meeresstraße Bab al-Mandab verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden. Der Frachter fuhr aus dem griechischen Piräus durch den Suezkanal und befand sich auf Kurs Richtung Singapur, als er von einem Objekt getroffen wurde. Die auf Seefahrt spezialisierte britische Sicherheitsfirma Ambrey teilte mit, dass auf Deck ein Feuer ausgebrochen sei, ein Container sei von Bord gefallen. Von der Crew sei niemand verletzt worden, bestätigte ein Sprecher von Hapag-Lloyd der Süddeutschen Zeitung. Das auf den Transport von 15 000 Containern ausgerichtete Schiff konnte seine Fahrt fortsetzen.

Warum häufen sich die Angriffe im Roten Meer?

In den vergangenen Wochen haben die Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe angegriffen. Am Dienstag etwa beschoss die Miliz den norwegischen Chemikalien-Tanker Strinda. Auch am Freitag meldet das britische Seesicherheitsunternehmen Ambrey mindestens zwei weitere Zwischenfälle: Die MSC Alanya, ein unter liberianischer Flagge fahrendes Containerschiff, soll von den Huthi-Rebellen aufgefordert worden sein, den Kurs zu ändern. Die MSC Palatium III wurde auf dem Weg nach Norden etwa 23 Meilen südwestlich der jemenitischen Hafenstadt Mocha angegriffen. Ein Militärsprecher der Huthi bestätigte die beiden Angriffe. Ein MSC-Sprecher dementierte einen Angriff auf die MSC Alanya, weitere Angaben wollte er aber nicht machen. Die ägyptische Luftabwehr hat einem Bericht zufolge am Samstag ein Flugobjekt vor der Küste des Roten Meeres abgefangen. Es sei in der Nähe des Ferienortes Dahab entdeckt und abgeschossen worden, berichtet der ägyptische Fernsehsender Al Kahera. Woher das Flugobjekt kam und weitere Details sind zunächst nicht bekannt.

Mitte November überfielen die Rebellen das Frachtschiff Galaxy Leader, nahmen Geiseln und hissten die palästinensische Flagge. Die Miliz hat angekündigt, aus Solidarität mit der Hamas Schiffe mit Verbindung zu Israel anzugreifen. Das wollen die von Iran unterstützten Rebellen so lange tun, bis Israel die Einfuhr von Lebensmitteln und medizinischer Hilfe in den Gazastreifen erlaubt. Die Rebellen wollen nur den Frachtern die Durchfahrt gewähren, die Hilfsgüter für den Gazastreifen liefern. Alle anderen würden zum "legitimen Zielen unserer Streitkräfte".

Wie reagieren die Verbündeten Israels?

Die USA arbeiten nach Aussagen des Nationalen Sicherheitsberaters, Jake Sullivan, mit internationalen Partnern an Lösungen, um der Bedrohung entgegenzutreten. "Wir bilden eine Koalition", sagte er bei einer Pressekonferenz. Iran als Drahtzieher hinter den Attacken der Rebellengruppe sei in der Verantwortung, selbst auch Maßnahmen zu ergreifen, um die Angriffe zu stoppen, so Sullivan.

Auch die Bundesregierung verurteilte die Attacke und prüft eine US-Bitte um die Beteiligung an einem Marine-Einsatz im Roten Meer. Dazu meldet sich am Samstagmorgen die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zu Wort: "Wir sollten unterstützen, dass die Marine zusammen mit internationalen Partnern die Schiffe schützt", sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur und fordert: "Wir müssen den Terroristen jeder Couleur entschieden die Stirn bieten."

Was bedeuten die vermehrten Angriffe für den weltweiten Schiffsverkehr?

Die Route durch das Rote Meer macht mehr als zehn Prozent des gesamten Welthandels aus. Experten warnten bereits Anfang der Woche vor schwerwiegenden Folgen für die Wirtschaft, besonders für die deutsche. "Die jüngsten terroristischen Gefährdungen der Schifffahrt im Roten Meer verschärfen das Risiko von Lieferkettenstörungen", sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. "Als offenste Volkswirtschaft der G-7-Staaten ist Deutschland besonders auf funktionierende Lieferketten angewiesen." Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) wies auf möglicherweise steigende Versicherungsprämien hin, weil die Route gefährlicher wird.

Hapag-Lloyd und die dänische Reederei A.P. Moller-Maersk ziehen erste Konsequenzen aus den jüngsten Angriffen. Sie wollen ihre Containerfahrten durch das Rote Meer zumindest bis Montag aussetzen. Dann werde die Lage neu bewertet, teilt die deutsche Reederei mit. "Nach dem Beinahe-Zwischenfall mit der Maersk Gibraltar gestern und einem weiteren Angriff auf ein Containerschiff heute haben wir alle Maersk-Schiffe in der Region, die die Straße von Bab al-Mandab passieren wollen, angewiesen, ihre Fahrt bis auf Weiteres auszusetzen", hieß es in einer Erklärung der dänischen Reederei Maersk. Die jüngsten Angriffe seien besorgniserregend und stellten eine Bedrohung der Sicherheit dar. Maersk war bis 2022 die größte Containerschiff-Reederei der Welt.

Wer sind die Huthi-Rebellen und was wollen sie?

Die ursprünglich aus den nördlichen Bergregionen Jemens stammenden Kämpfer werden von Iran mit Geld und Waffen versorgt und kontrollieren weite Teile des verarmten Jemen. Sie sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten selbst ernannten "Achse des Widerstands". Nach dem Einmarsch der Amerikaner 2003 in den Irak radikalisierte sich die Miliz und schrieb sich den Slogan "Tod Amerika, Tod Israel, verflucht seien die Juden, Sieg dem Islam" auf die Fahne.

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