Regierungsbildung in Baden-Württemberg:Kretschmanns Wahl

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Winfried Kretschmann nannte die Klimakrise als Grund dafür, dass er noch mal zur Wahl antritt. Daran muss er sich messen lassen. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Grün-Schwarz oder Ampel? Am Donnerstag will der Ministerpräsident verraten, mit wem er künftig regieren möchte. So oder so steht er vor seiner wohl schwersten Amtszeit.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Die Grünen machen es bis zuletzt spannend. Am Mittwoch hat sich das Sondierungsteam um Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Staatsministerium getroffen und darüber beraten, mit wem die Partei nun in Verhandlungen über eine Koalition einsteigen solle. Doch erst am Donnerstag, wenn auch der Parteirat zustimmt, soll das Ergebnis bekannt werden. Knapp drei Wochen nach der Landtagswahl vom 14. März wird dann klar sein, ob Baden-Württemberg weiter von Grün-Schwarz regiert wird oder doch von einem Dreierbündnis aus Grünen, SPD und FDP. Die Entscheidung galt bis zuletzt als offen.

Dass Kretschmann diesmal die Wahl hatte, verleiht ihm auch für die folgenden Koalitionsverhandlungen eine starke Position. Dennoch sind die Grünen nur eine Partei, die knapp 33 Prozent geholt hat. Im neuen Landtag werden sie 58 von insgesamt 154 Abgeordneten stellen. Egal in welcher Konstellation Kretschmann also künftig regiert: Er wird auch in seiner dritten Amtszeit Kompromisse eingehen müssen und nur einen Teil seiner Ziele umsetzen können.

Dabei sind die Erwartungen an ihn diesmal besonders hoch, bei ökologischen Themen voranzukommen. Schließlich hat Kretschmann die Klimakrise ausdrücklich als Begründung dafür genannt, warum er sich noch einmal zur Wahl stellte, obwohl er im Mai 73 Jahre alt wird. Baden-Württemberg, so lautet das selbst gesetzte Ziel, soll unter seiner Führung mit innovativer grüner Technik ein klimaverträgliches Modell des Wohlstands liefern, an dem sich andere Regionen auf der ganzen Welt orientieren können. Daran wird sich Kretschmann messen lassen müssen.

Die Grünen können mehr Ministerien beanspruchen

"Wir wollen regieren, um das Klima zu schützen", hatte der grüne Spitzenkandidat auch beim Parteitag kurz vor der Wahl betont und angekündigt, dass das Land "nochmal Tempo zulegen" werde. Bei der Gelegenheit nannte Kretschmann auch ein paar konkrete Punkte, die aus seiner Sicht unbedingt im Koalitionsvertrag stehen müssen: Solarstromanlagen auf allen Neubauten, 2000 Windräder im Staatswald, doppelt so hohe Nutzungszahlen im öffentlichen Nahverkehr bis zum Jahr 2030. Außerdem - und das sei ihm besonders wichtig - wolle er erreichen, dass ein Gesellschaftsvertrag zwischen Bauern, Handel und Verbrauchern geschlossen wird, "der Naturschutz und Landwirtschaft versöhnt und für faire Preise für ökologisch angebaute Lebensmittel sorgt".

Aufgrund des Wahlergebnisses können die Grünen bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen mehr Ministerien als bisher für sich beanspruchen - unabhängig davon, mit wem sie regieren. Sehr wahrscheinlich ist, dass sie das Landwirtschaftsministerium für sich reklamieren, das auch für die Staatswälder zuständig ist. Es war in den vergangenen fünf Jahren in der Hand der CDU. Gleiches gilt für das Thema Europa, das zuletzt am CDU-geführten Justizministerium angedockt war.

Derzeit werden sechs von elf Ministerien von Grünen geführt. Neben dem Staatsministerium sind das die Ressorts Umwelt, Verkehr, Finanzen, Wissenschaft und Hochschulen sowie Soziales und Gesundheit. Zusätzlich gehörte Gisela Erler als grüne Staatsrätin für Bürgerbeteiligung als stimmberechtigtes Mitglied dem Kabinett an.

Leitet Kretschmann einen Generationenwechsel ein?

Das Interesse am Innenministerium und an der Zuständigkeit für die Schulpolitik dürfte bei den Grünen weiterhin gering sein, da beide Politikfelder auch innerparteilich Konfliktpotential bieten. Beim Wirtschaftsressort war stets nur die Frage, an welchen Koalitionspartner es gehen wird. Möglich wäre, dass künftig das Thema Digitalisierung mit einem eigenen Kabinettsposten geadelt wird.

Bei der Regierungsbildung wird auch spannend, wie Kretschmann mit der zweiten großen Herausforderung seiner dritten Amtszeit umgeht; ob er nämlich den Generationswechsel einleitet und Personen in den Vordergrund holt, mit denen die Grünen ihre Wähler mittelfristig auch ohne den Spitzenkandidaten Kretschmann überzeugen können. Einer der neuen Köpfe in der ersten Reihe könnte Andre Baumann sein, ein promovierter Biologe, Jahrgang 1973, der lange Jahre Landesvorsitzender des mitgliederstarken Umweltverbands Nabu war, bevor er 2016 als Staatssekretär im Umweltministerium angeworben wurde. Seit einem Jahr ist Baumann Statthalter der Landesregierung in Berlin.

Bei der Frage, wer dem beliebten Ministerpräsidenten einmal nachfolgen könnte, gab es im vergangenen Jahr bereits eine interessante Entwicklung: Wurde früher besonders häufig der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir genannt, gilt inzwischen auch der 41-jährige Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz als wahrscheinlicher Kandidat.

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