Jahrespressekonferenz des Kremls:Putin warnt vor wachsender Gefahr eines Atomkriegs

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Russlands Präsident Putin während seiner traditionellen Jahrespressekonferenz in Moskau. (Foto: AFP)
  • Bei seiner Jahrespressekonferenz wartet der russische Präsident Wladimir Putin zunächst mit wirtschaftlichen Zahlen auf - denn die sind recht positiv.
  • Doch dann geht es vor allem um außenpolitische Themen. Der russische Präsident warnt vor der steigenden Gefahr eines Atomkriegs - und verweist dabei auf die USA.
  • Den angekündigten Abzug der US-Truppen aus Syrien begrüßt er hingegen.
  • Gegen Ende der Pressekonferenz wird es ein bisschen persönlich.

Von Paul Katzenberger, Moskau

Zunächst hielt das Programm, was angekündigt war. Neueste Wirtschaftsdaten würden bei der Jahrespressekonferenz von Russlands Präsidenten Wladimir Putin bekannt gegeben werden, hatte es geheißen. Und in der Tat ratterte der Kreml-Chef eine ganze Reihe aktueller wirtschaftlicher Kennzahlen herunter, bevor die erste Journalistin ihre Frage stellen durfte.

Dieser erste Tagesordnungspunkt war ganz offensichtlich so gewählt worden, weil die verkündeten Kennziffern nahezu allesamt positiv waren: Die Realeinkommen der Bevölkerung seien 2018 erstmals wieder um 0,5 Prozent gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt sei in den ersten zehn Monaten um 1,7 Prozent gewachsen. Für das Gesamtjahr werde ein Wachstum von 1,8 Prozent erwartet. Und die Arbeitslosigkeit werde auf 4,8 Prozent fallen, von zuvor 5,2 Prozent.

Allerdings, so gab Putin zu bedenken, brauche Russlands Wirtschaft weiterhin einen strukturellen Durchbruch. Doch der Präsident zeigte sich ambitioniert: Er wolle Russland unter die fünf größten Volkswirtschaften der Welt führen - der Weltbank zufolge rangiert Russland derzeit auf Platz zwölf. Als die Journalisten dann ihre Fragen stellten, spielten die internationalen Konflikte allerdings eine größere Rolle als die russische Wirtschaft.

Russlands Präsident warnt vor wachsender Gefahr eines Atomkrieges

Auf die Nachfrage eines russischen Fernsehjournalisten, ob er seinem Sohn erklären müsse, dass dessen Angst vor einem Atomkrieg berechtigt ist, reagierte Putin sorgenvoll. Er warnte davor, die wachsende Gefahr eines Atomkriegs zu unterschätzen. "Wenn, Gott verhüte, so etwas passiert, kann das zur Vernichtung der ganzen Zivilisation führen, wenn nicht des ganzen Planeten."

Die Verantwortung für die wachsende Gefahr sieht er aufseiten der USA, die Raketenabwehreinrichtungen in Mitteleuropa eingerichtet hätten. Die Ankündigung von US-Präsident Trump, den INF-Vertrag zur Begrenzung von Kurz- und Mittelstreckenraketen zu kündigen, schaffe nun eine neue Bedrohungslage. Russland wolle mit seinen neuen Waffen nur das Gleichgewicht halten. "Wir wahren nur die Balance, sorgen für unsere Sicherheit", sagte Putin.

Besorgniserregend sei zudem, dass in militärischen Planspielen die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen sinke: "Es werden inzwischen auch Szenarien mit taktischen Atomwaffen entworfen, die mit geringerer Sprengkraft ausgestattet sind. Das ist brandgefährlich", so der russische Präsident.

Lob für Abzug der US-Truppen aus Syrien

Gefährlich seien auch US-Pläne, Interkontinentalraketen mit konventionellen Sprengköpfen zu bestücken. So bleibe für den Gegner unklar, wie er reagieren solle. "Denn, wenn da so eine Rakete auf den Weg gebracht wird, dann weiß ich ja nicht, ob sie atomar bestückt ist oder nicht", warnte der Kreml-Chef. Allerdings zeigte sich Putin zuversichtlich, dass die Menschheit vernünftig genug sei, es nicht zu ihrer eigenen Auslöschung kommen zu lassen.

Den angekündigten Abzug aller US-Truppen aus Syrien, bezeichnete der russische Präsident als "korrekte" Entscheidung. Er teile auch die Einschätzung von US-Präsident Donald Trump, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien weitgehend besiegt sei. Allerdings sehe er noch keine Anzeichen für den Abzug. Trump hatte am Vortag überraschend den vollständigen Abzug der US-Truppen aus Syrien angekündigt. Damit wächst das Gewicht der anderen Staaten, die in den jahrelangen Bürgerkrieg eingegriffen haben - wie Russland und Iran.

Zur Sprache kam auch der Ukraine-Konflikt: Die kürzliche Konfrontation in der Meerenge von Kertsch zwischen russischen und ukrainischen Kriegsschiffen bezeichnete Putin als bewusste Provokation des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Der wolle damit seine schlechten Werte bei Umfragen aufbessern, sagte er.

Putin schließt erneute Heirat nicht aus

Die Pressekonferenz bot allerdings auch leichtere Momente, in denen es nicht um Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen ging. So schloss Putin eine erneute Heirat nicht aus: "Als anständiger Mensch werde ich dies irgendwann tun müssen", sagte der 66-Jährige, ohne allerdings zu konkretisieren, welcher Frau er das Ja-Wort geben werde und wann. Offiziell ist Putin noch Single, nachdem er sich 2014 nach 30 Jahren Ehe offiziell von seiner Frau Ljudmila hatte scheiden lassen.

Das Paar hatte schon im Jahr davor vor laufender Kamera des Staatsfernsehens bekannt gegeben, künftig getrennte Wege zu gehen. Beide begründeten die Entscheidung auch damit, dass sie sich durch Putins Arbeit kaum noch sähen. Der Präsident hält sich meist mit Details über sein Privatleben bedeckt.

Für die mehrere Stunden lange Pressekonferenz hatte sich nach Kreml-Angaben die Rekordzahl von 1702 Journalisten angemeldet.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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