Katalonien:Puigdemont muss kurzzeitig in Haft

Lesezeit: 2 Min.

Ein Demonstrant fordert am Freitag vor dem Europäischen Parlament in Brüssel Freiheit für den katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont (Foto: Yves Herman/Reuters)

Carles Puigdemont, Ex-Präsident der katalanischen Autonomieregierung, ist auf Sardinien festgesetzt worden, kam dann aber wieder frei. In Spanien wartet ein Prozess wegen Rebellion auf ihn.

Von Karin Janker und Oliver Meiler, Madrid, Rom

So viel politische Aufregung hat Sardinien schon lange nicht mehr erlebt - und die Affäre ist noch nicht ausgestanden. Kataloniens früherer Regierungschef Carles Puigdemont ist auf der italienischen Insel festgenommen und vorübergehend inhaftiert worden. Er war angereist, um an diesem Wochenende in Alghero an einem Festival der katalanischen Kultur teilzunehmen. Doch die Polizei erwartete ihn am Flughafen mit einem internationalen Haftbefehl und brachte ihn in ein Gefängnis in Sassari.

Keine 24 Stunden aber später entschied eine Berufungsrichterin, dass Puigdemont die Haftanstalt verlassen dürfe. Zunächst hieß es, er müsse auf der Insel bleiben, bis entschieden ist, ob Italien den Politiker womöglich an Spanien ausliefert. Doch auch diese Bedingung wurde aufgehoben. Sollte er sich am 4. Oktober, dem Tag des Beschlusses, nicht in Italien aufhalten, dann würden die Italiener die Akte einfach schließen. Egal, wie die Entscheidung ausfällt.

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Die Verhaftung hat eine Serie von Fragen und politischen Reaktionen ausgelöst, vor allem in der Heimat des Politikers. Spaniens oberstes Gericht wirft Puigdemont und seinen politischen Weggefährten Rebellion vor, weil sie 2017 ein angeblich illegales, verfassungswidriges Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens durchgeführt hatten. Puigdemont lebt seit Jahren in Belgien im selbstgewählten Exil, geschützt von der Immunität als Europa-Parlamentarier. Aus Sicht seiner Gegner flieht er vor der spanischen Justiz; seine Freunde sehen in dem Separatistenführer ein Opfer politischer Verfolgung.

Offensichtlich war Puigdemont davon ausgegangen, der Haftbefehl gegen ihn sei nicht in Kraft, sonst wäre er kaum nach Sardinien gereist. In den vergangenen Monaten hatte es gleich mehrere widersprüchliche Entscheide zu seiner Immunität gegeben. Die jüngste Verfügung des Europäischen Gerichtshofs von Ende Juli muss ihn aber in der Annahme bestärkt haben, dass er nichts riskiert.

"An deiner Seite, Präsident", twittert sein Amtsnachfolger

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In Spanien hat die Festnahme Puigdemonts unmittelbar Reaktionen auf höchster Ebene ausgelöst und jene Fronten wieder aufblitzen lassen, die der jahrelange Konflikt um eine Unabhängigkeit Kataloniens zementiert hat. Der katalanische Regionalpräsident Pere Aragonès bekundete Solidarität: "An deiner Seite, Präsident", schrieb der Linksrepublikaner auf Twitter. Spaniens rechte Oppositionsparteien wie der konservative Partido Popular äußerten die Hoffnung, dass Puigdemont nun nach Spanien ausgeliefert und der Justiz überstellt werde, um zur Rechenschaft gezogen zu werden. Der kleinere Koalitionspartner in Madrid, die linkspopulistische Unidas Podemos, bezeichnete die zwischenzeitliche Festnahme in Italien jedoch als "illegal". Puigdemonts Anwalt, Gonzalo Boye, nannte den Haftbefehl gar "betrügerisch".

Regierungschef Pedro Sánchez hielt sich zurück und schwieg zunächst zu den Vorgängen in Italien. Stattdessen ging ein Tweet von ihm viral, den er schon 2019 bezüglich Puigdemont abgesetzt hatte: "Niemand steht über dem Gesetz." Sánchez kann über den Zeitpunkt der Aktion in Italien nicht wirklich glücklich sein: Zwischen Madrid und Barcelona hat gerade erst ein neu aufgesetzter Dialog zu dem Konflikt um die nordostspanische Region begonnen.

Viel steht für den Sozialisten auf dem Spiel. Er hatte Ende Juni mit einer großen Geste der Versöhnung die Begnadigung der in Spanien inhaftierten Anführer des katalanischen Separatismus durchgesetzt. Sánchez sagte damals, ein solcher Gnadenakt sei notwendig, um den Konflikt zu befrieden. Wenn nun wegen Puigdemonts zwischenzeitlicher Verhaftung die Separatisten den Dialog einseitig aufkündigen würden, könnten seine Gegner Sánchez abermals Schwäche gegenüber den Unabhängigkeitsbefürwortern vorwerfen. Auf Kataloniens Straßen flammte am Tag nach der Festnahme Puigdemonts tatsächlich sofort der Ärger über die "Unterdrückung" der Unabhängigkeitsbewegung auf. Menschen demonstrierten, vor dem italienischen Konsulat in Barcelona forderten Protestierende ein Ende des Dialogs zwischen Zentral- und Regionalregierung.

2018 war Puigdemont schon einmal vorübergehend festgenommen worden - in Deutschland. Damals reiste er mit seinem Wagen von Dänemark zurück nach Belgien. Die Justiz in Schleswig-Holstein ließ ihn aber nach kurzer Zeit wieder frei: Das Oberlandesgericht war zu dem Schluss gekommen, dass es nach deutschem Recht unmöglich sei, Puigdemont wegen des Vorwurfs der Rebellion an Spanien auszuliefern.

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