Um 19:36 Uhr verliest Donald Trump eine Erklärung, die seit dem Nachmittag auf seiner Website nachzulesen ist. "Passt auf, das ist ziemlich harter Stoff. Aber wir müssen das tun", ruft er dem Publikum in South Carolina zu und trägt dann vor, was zu diesem Zeitpunkt bereits für enorme Aufregung und diverse Eilmeldungen gesorgt hat: "Donald Trump fordert das totale Einreiseverbot für Muslime in die USA, bis die Vertreter unseres Landes herausfinden, was zur Hölle hier vor sich geht."
Das Publikum in Mount Pleasant quittiert dies mit stehenden Ovationen und lautem Applaus. Trumps Wahlkampf war schon zuvor voller Provokationen und abfällig-rassistischen Kommentaren (mehr in diesem Blogeintrag), doch dieser Vorschlag stellt alles in den Schatten.
Trump begründet diesen Vorstoß mit dem Ausmaß von Hass, "den große Teile der muslimischen Bevölkerung" auf Amerikaner hätten. Der 69-jährige Milliardär zitiert eine Studie, wonach 25 Prozent der in den USA lebenden Muslimen Gewalt gegen Amerikaner als "gerechtfertigt als Teil des globalen Dschihads" ansehen würden.
Zahlen stammen von islamfeindlicher Organisation
"Nur ein Prozent wäre schon schlimm genug", donnert Trump und bezeichnet die Quelle der Erhebung, das Center for Security Policy als seriöse Quelle. Allerdings wird deren Chef Frank Gaffney von den Experten des Southern Poverty Law Center als einer der "schlimmsten Islamfeinde des Landes" eingestuft, wie die Washington Post hervorhebt.
Doch dieser Hinweis dürfte Trump und seine Anhänger ebenso wenig interessieren wie die Einschätzung von Juristen, dass ein solches Einreiseverbot gegen die US-Verfassung verstößt: Journalisten sind für sie "Abschaum", wie er auf jeder Veranstaltung betont. Trump, der in der aktuellen CNN-Umfrage auf 36 Prozent der republikanischen Vorwahl-Stimmen kommt, inszeniert sich als der einzige Kandidat, der die USA nach dem Terror-Anschlag eines muslimischen Ehepaars mit 14 Toten in San Bernardino schützen könne - und der sich nicht um Konventionen schert.
Dass US-Präsident Obama am Abend zuvor gewarnt hatte, Muslime zu diskriminieren und den Eindruck eines Kriegs "Amerika gegen den Islam" zu vermeiden, dürfte Trump eher angespornt haben. Es gehört zum Standardprogramm des 69-Jährigen, seine Ideen als alternativlos darzustellen: "Wir haben keine andere Wahl, wir haben keine andere Wahl." Und Obama bezeichnet er stets als "schwachen Idioten".
"Wir können politisch korrekt und dumm sein, aber dann gibt es mehr World-Trade-Center-Anschläge", tönt Trump. Sein Wahlkampfmanager Corey Lewandowski sagte, Ausnahmen sollte es nicht geben: Weder für muslimische Touristen noch für Muslime, die in die USA einwandern wollten - und auch nicht für Muslime mit US-Pass, die sich gerade im Ausland aufhalten.
Wie die konservativen Rivalen reagieren
Anders als sonst distanzierten sich die anderen republikanischen Präsidentschaftskandidaten schnell von Trumps jüngster Provokation. Marco Rubio, einer der aussichtsreicheren Bewerber, nennt die Äußerung "haarsträubend" und fürchtet eine Spaltung der Gesellschaft. Für John Kasich "disqualifiziert" dieser Vorschlag Trump für das Präsidentenamt. Während Carly Fiorina "Trumps Überreaktion" für "genauso gefährlich wie Präsident Obamas Unterreaktion" hält, bezeichnet Jeb Bush, der nur noch drei Prozent Unterstützung hat, Trump als verwirrt.
Auch andere prominente Republikaner, die nicht ins Weiße Haus wollen, positionieren sich klar: Für Dick Cheney, Vizepräsident unter George W. Bush, widerspricht Trumps Vorschlag "allem, woran wir glauben". Zudem lehnten die Vorsitzenden der Republikaner aus Iowa, New Hampshire und South Carolina - dort finden die ersten drei Vorwahlen statt - die jüngste Provokation mit deutlichen Worten ab.
Doch längst nicht alle beziehen Stellung. Paul Ryan, als Speaker des Repräsentantenhauses der drittmächtigste Mann des Landes? Schweigt. Reince Priebus, der Parteichef der Republikaner? Kein Kommentar, weder bei Twitter noch auf der Website der Grand Old Party. Rand Paul, ebenfalls Kandidat für das Weiße Haus? Äußert sich nur ausweichend.