Politik kompakt:Kein Kapitalismus in Kuba

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Castro lehnt eine Debatte über Kubas politisches System ab, in Venezuela demonstrieren Tausende gegen Sender-Schließung und von der Leyen will noch mehr Webseiten kontrollieren.

Der kubanische Präsident Raúl Castro hat gegenüber den USA und der EU deutlich gemacht, dass er auch bei einer Annäherung an den Westen den Sozialismus nicht aufgeben werde. Er sei bereit, mit den USA und der EU über alles zu reden außer über Kubas politisches und soziales System, sagte Castro in Havanna in einer Rede zum Beginn der Sommerpause des Parlaments. Er werde auf die Äußerungen von US-Außenministerin Hillary Clinton reagieren, die einen Dialog von demokratischen Reformen in Kuba abhängig mache. Unter dem Applaus der Abgeordneten hob Castro zugleich hervor: "Ich wurde nicht zum Präsidenten gewählt, um in Kuba den Kapitalismus wiederherzustellen." Kuba steckt derzeit in einer schweren Wirtschaftskrise. Der Karibikstaat leidet unter dem Sinkflug der Preise für Nickel, der wichtigsten Exportware Kubas, sowie unter sinkenden Tourismus-Einnahmen. Außerdem hat Kuba immer noch mit den schweren Verwüstungen durch drei Orkane im vergangenen Jahr zu kämpfen. Das Parlament beschloss daher am Samstag einige Sparmaßnahmen im Sozialsystem. Castro rief seine Landsleute auf, "so viel zu sparen wie Ihr könnt".

"Ich wurde nicht zum Präsidenten gewählt, um in Kuba den Kapitalismus wiederherzustellen": Raúl Castro bei seiner Rede im Parlament. (Foto: Foto: AP)

Irak: Autobombe fordert sieben Tote

In der westirakischen Stadt Haditha sind am Sonntag sieben Zivilisten ums Leben gekommen, als eine Autobombe auf einem Markt explodierte. 20 weitere Menschen wurden nach Angaben des Direktors des Allgemeinen Krankenhauses von Haditha, Walid al-Obeidi, verletzt. Zum Zeitpunkt der Explosion hielten sich auf dem Markt weder Soldaten noch Polizisten auf. In der vergangenen Woche hatten Terroristen mehrere Bomben vor Moscheen der Schiiten im Irak gezündet. Irakische Beobachter hatten erklärt, die Anschläge seien Teil eines Plans der Terroristen, die Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten erneut zu entfachen. In der westirakischen Anbar-Provinz, zu der die Stadt Haditha gehört, leben fast ausschließlich Sunniten.

Mehrere Christen in Pakistan getötet

Bei gewaltigen Übergriffen aufgebrachter Muslime gegen Angehörige der christlichen Minderheit sind im Osten Pakistans acht Menschen ums Leben gekommen. Wie die Polizei mitteilte, attackierten am Samstag hunderte bewaffnete Muslime ein von Christen bewohntes Viertel in der Stadt Gojra. Unter den Toten seien Frauen und Kinder. Die Angreifer hätten zudem zwei Kirchen demoliert sowie mehr als 100 Häuser niedergebrannt oder geplündert. Auslöser des Gewaltausbruchs sollen Gerüchte gewesen sein, wonach die Christen den Koran geschändet hätten. Der Justizminister der betroffenen Provinz Punjab, Rana Sanaullah, erklärte, nach ersten Ermittlungen gäbe es für diese Gerüchte keinerlei Anhaltspunkte. Sanaullah machte radikal-islamische Extremisten für die Eskalation verantwortlich. Die Übergriffe gehörten zu einer "neuen Taktik" der Aufständischen, um Pakistan zu destabilisieren. Bereits in den Tagen zuvor waren in einem Dorf bei Gojra 75 Häuser von Christen in Flammen aufgegangen. Nach den tödlichen Ausschreitungen hat die Regierung nun paramilitärische Einheiten zur Verstärkung der Polizei entsandt. Die Truppen patrouillierten am Sonntag in Gorja.

Tausende in Venezuela demonstrieren gegen Sender-Schließung

In Venezuela sind mehrere tausend Menschen aus Protest gegen die Schließung von mehr als 30 Rundfunksendern auf die Straße gegangen. Die Demonstranten in der Hauptstadt Caracas und anderen Städten des Landes warfen Staatschef Hugo Chávez am Samstag Zensur vor. Die Regierung hatte am Vortag die Schließung von 34 Radio- und TV-Sendern veranlasst. Mehrere hundert Menschen versammelten sich in Caracas vor der Regulierungsbehörde Conatel, die am Freitag die Schließung von 32 Radiostationen und zwei Fernsehsendern angeordnet hatte. Danach zogen die Demonstranten zu den verbotenen Sendern weiter. In Sprechchören bezeichneten sie Chávez als "Diktator", der die Medien zensiere und die Pressefreiheit unterdrücke. Insgesamt stehen 240 Radiostationen, rund 40 Prozent aller Sender im Land, auf dem Prüfstand. Auch ihnen droht das "Aus". Unter Druck gerieten die Medien zudem durch Pläne einer drastischen Verschärfung der Gesetze, die Journalisten bei "Medien-Delikten" mit Haftstrafen bestrafen soll.

Sechs Nato-Soldaten in Afghanistan getötet

Bei Gefechten und einem Anschlag sind in Afghanistan sechs Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf ums Leben gekommen. Wie die Nato-geführte Schutztruppe mitteilte, wurden im Osten des Landes drei US-Soldaten getötet, als Kämpfer der radikal-islamischen Taliban einen Militärkonvoi angriffen. Zunächst sei ein am Straßenrand versteckter Sprengsatz explodiert. Anschließend hätten die Aufständischen die Soldaten beschossen, hieß es. In der nördlich von Kabul gelegenen Provinz Kapisa kam zudem ein französischer saf-Soldat bei einer Militäroperation gegen die Taliban ums Leben. Nach Angaben der französischen Regierung hatten an der Aktion am Samstag etwa 160 Franzosen, 60 Afghanen und zehn Amerikaner teilgenommen. Zwei weitere ausländische Soldaten starben nach Isaf-Angaben am Samstag im Süden des Landes während einer Patrouille, als zwei Sprengsätze explodierten. Vor den Wahlen am 20. August hat sich die Sicherheitslage im Land erheblich verschärft.

Von der Leyen will Kontrolle von Webseiten ausweiten

Nach der bevorstehenden Sperrung von Kinderporno-Seiten will Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gegen weitere rechtswidrige Inhalte im Netz vorgehen. "Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder", sagte sie abendblatt.de, der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts. Von der Leyen betonte, man müsse "weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann". Die Ministerin fügte hinzu: "Wo die Würde eines anderen verletzt wird, endet die eigene Freiheit." Von der Leyen sagte, die Sperrung kinderpornografischer Seiten solle spätestens Mitte Oktober beginnen. Dazu hätten sich die fünf wichtigsten Provider, die 75 Prozent des Marktes beherrschen, vertraglich verpflichtet. Bis dahin müssten sie die technischen Voraussetzungen geschaffen haben.

Nigeria: Mehr als 700 Tote bei Kämpfen mit Islamisten

Bei den heftigen Kämpfen zwischen nigerianischen Sicherheitskräften und Anhängern einer radikal-islamischen Sekte sind wesentlich mehr Menschen gestorben, als bislang bekannt. Über 700 Tote seien geborgen worden, sagte ein Sprecher der Polizei in Maiduguri, der Hochburg der Rebellen. Die Polizeikräfte halfen in den vergangenen Tagen, die Leichen von den Straßen der im Norden gelegenen Stadt zu schaffen. Die Kämpfe hatten etwa eine Woche angedauert. Am Donnerstagabend wurde Mohammed Yusuf, der Chef der antiwestlichen Boko-Haram-Sekte, festgenommen und wenig später in Polizeigewahrsam erschossen. Die Kämpfe hatten sich an der Festnahme mehrerer Sektenmitglieder vor einer Woche entzündet. Boko Haram - wörtlich "Westliche Bildung ist Sünde" - ist eine radikale Moslem-Gruppe, die die Errichtung eines islamischen Gottesstaates fordert und sich an den Taliban in Afghanistan orientiert. In den vier betroffenen Staaten im Norden Nigerias ergriffen etwa 4000 Menschen die Flucht.

Zelaya-Anhänger bei Protesten in Honduras getötet

Der seit Wochen anhaltende Protest gegen die Entmachtung des honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya hat ein zweites Todesopfer gefordert. Ein 38-jähriger Lehrer, der bei einer Demonstration in den Kopf geschossen wurde, erlag nach Gewerkschaftsangaben am Samstag seinen Verletzungen. Der Mann hatte am Donnerstag an Protesten tausender Anhänger Zelayas in Tegucigalpa teilgenommen, bei denen es zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei kam. Die Sicherheitskräfte weisen die Verantwortung für den tödlichen Schuss allerdings vor sich. Der Lehrer ist der zweite Tote in den teils gewaltsamen Protesten seit dem Sturz Zelayas am 28. Juni. Im Juli wurde ein 19-Jähriger erschossen, der zusammen mit zahlreichen weiteren Demonstranten versuchte, einen Zaun am internationalen Flughafen von Tegucigalpa zu durchbrechen. Zelaya rief unterdessen von Nicaragua aus seine Landsleute auf, in ihrem Widerstand gegen die Interimsregierung von Roberto Micheletti nicht nachzulassen. "Erhebt euch gegen die Unterdrückung, so dass das Blut nicht umsonst vergossen wurde", sagte der linksgerichtete Politiker.

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