Polen:Schon fast ein Staatsstreich

Coronavirus - Polen

Borys Budka, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Bürgerplattform, und Barbara Nowacka, die Vorsitzende der Initiative Polen, nehmen an einer Debatte im Parlament teil.

(Foto: dpa)

Nun auch noch das Wahlrecht: Die PiS demontiert die Demokratie. Und die Europäische Union reagiert einfach nicht.

Kommentar von Florian Hassel, Warschau

Um die Demokratie war es in Ungarn oder Polen schon vor der Corona-Krise schlecht bestellt - jetzt nutzt Polens faktischer Herrscher Jarosław Kaczyński Corona, um Demokratie und Rechtsstaat weiter zu demontieren.

Schon die Parlamentswahl im Herbst 2019 war zwar frei, aber angesichts weitreichender Diskriminierung der Opposition kaum mehr fair. Noch drastischer wird nun im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl im Mai manipuliert. Ist es schon undemokratisch, an einer Wahl im faktischen Ausnahmezustand festzuhalten, so ist es nun auch verfassungswidrig, das Wahlrecht zu ändern, damit Kaczyński seinem Kandidaten und seiner Partei die Lizenz für weitere rechtswidrige Gesetze sichern kann.

Nur noch wenig fehlt Kaczyński zur absoluten Herrschaft - etwa die volle Kontrolle über das Oberste Gericht. Spätestens wenn die Amtszeit der bisherigen Gerichtspräsidentin endet und ein loyaler Nachfolger installiert wird, ist auch hier der Zugriff gesichert.

Ex-Verfassungsgerichtspräsident Jerzy Stępień sieht Polen auf einem Weg in die Diktatur. Das mag übertrieben sein. Doch zeigt das Land Merkmale eines autoritären Regimes. Besonders bitter ist, dass der Demokratieverbund EU ebenso wie zuvor bei Ungarn zu spät oder gar nicht reagierte - und nun in Zeiten von Corona tatenlos danebensteht.

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27.03.2020 WARSZAWA SEJM RP POSIEDZENIE SEJMU W CZASIE EPIDEMII KORONAWIRUSA N/Z CEZARY TOMCZYK FOT DAMIAN BURYKOWSKI /

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