Philippinen:Sauer im Stau

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Britische Weltstars: Chris Martin und "Coldplay" kommen in diesem Sommer dreimal ins Münchner Olympiastadion. (Foto: Paul Kane/Getty Images)

Während sich die "Coldplay"-Fans in Manila stundenlang durch den Verkehr quälen müssen, nimmt der Präsident den Helikopter. Das kam weniger gut an als die Musik.

Von David Pfeifer, Bangkok

Man kann sich seine Bewunderer nicht aussuchen. Nicht einmal, wenn man eine sehr achtsame Band wie Coldplay ist. Coldplay wollen die Welt zu einem besseren Ort machen, zumindest aber zu keinem schlechteren, worüber man schnell spotten kann, was aber als Ansatz irgendwie angenehmer ist, als Groupies bis an die Grenze des Strafbaren abzufüllen und mit dem Learjet von Auftritt zu Auftritt zu reisen.

Dass ihre "Music of the Spheres"-Tour, die Coldplay bereits vor eineinhalb Jahren in Deutschland gespielt haben, immer noch läuft, liegt auch daran, dass die Band sich selbst verordnet hat, die Konzerte möglichst nachhaltig zu produzieren. Coldplay-Konzerte werden laut Band-Statement, "wo immer es möglich ist", mit erneuerbaren Energien und alternativen Kraftstoffen betrieben. Ab Dienstag spielen sie sechsmal hintereinander in Singapur, danach geht es für mehrere Konzerte nach Bangkok, um nicht nach jedem Auftritt alles neu aufbauen und transportieren zu müssen.

Davor aber waren Chris Martin und seine Band-Kollegen in Manila, wo sie einen besonders hochrangigen Fan haben, nämlich den Präsidenten der Philippinen, Ferdinand Marcos Jr. Und wie man es von Diktatorensöhnen erwartet, ließ er sich mit seinem Präsidenten-Helikopter der Flugbereitschaft ins "Philippine"-Stadion nördlich von Manila zum Konzert bringen. Nur zur Erinnerung: Sein verstorbener Vater, Ferdinand Marcos, veruntreute mehrere Milliarden US-Dollar, die bis heute nicht auffindbar sind, als er 1986 ins Exil nach Hawaii floh. Viele Analysten vermuten, dass Marcos Jr. einen Teil des Geldes zur Finanzierung seines erfolgreichen Wahlkampfes eingesetzt hat. Seine Mutter Imelda ist die mit dem ausgeprägten Schuhtick.

Für seinen Flug zum Konzert handelte sich der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. Kritik in den sozialen Medien ein. (Foto: JOSH EDELSON/AFP)

Mein Sportwagen, meine Villa, mein Hubschrauber, meine 3000 Paar Schuhe. Man kann sagen, dass diese Art des Zeigens, was man hat, nicht mit dem Bescheidenheits- und Weltverbesserungsgestus zusammenpasst, den Chris Martin trotz Superstar-Status immer noch pflegt und auf jeden Fall ernst meint. In den sozialen Medien, die auf den Philippinen vorwiegend aus Facebook bestehen, wurde der Präsident denn auch heftig kritisiert. Allerdings nicht wegen der Umweltverschmutzung, sondern wegen der Verschwendung von Steuergeldern - und weil er zum Konzert flog, während die anderen etwa 40 000 normalen Fans im berüchtigten Stau von Manila standen.

"Wir haben einiges an Verkehr gesehen", sagte Chris Martin bei seinem Auftritt: "Danke, dass ihr euch die Mühe gemacht habt, durch all den Mist zu kommen, um hier zu sein." Martin dichtete dann spontan noch ein paar Zeilen zum Verkehr in Manila: "If you wanna drive somewhere then I'm warning you. A 2-mile drive will take a week or two", (etwa: "Eine Fahrt von zwei Meilen kann ein bis zwei Wochen dauern"). Der Navigationsanbieter Tom-Tom führt Manila auf Nummer neun unter den Städten weltweit, in denen man am langsamsten vorwärtskommt. Bei einer Megacity von etwa 15 Millionen Einwohnern durchaus ein Problem, dem sich der Präsident zuwenden könnte.

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