Studie zum Gesundheitswesen:Babyboomer setzen die Pflege unter Druck

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Der Bedarf steigt rasant: eine Pflegerin mit einer Heimbewohnerin im schwäbischen Filderstadt. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Der Pflegeversicherung drohen "erhebliche Finanzierungslücken", das kann eine weitere Beitragserhöhung bedeuten.

Von Rainer Stadler

Die Situation der Pflege in Deutschland spitzt sich weiter zu. DAK-Chef Andreas Storm warnte bei der Vorstellung des Pflegereports, die Pflegeversicherung drohe "ihre Funktionsfähigkeit zu verlieren". Es gebe "erhebliche Finanzierungslücken", eine Beitragserhöhung werde wohl spätestens zum Jahreswechsel nötig. Das Versprechen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach, dass die Beitragssätze bis zur nächsten Bundestagswahl 2025 stabil blieben, sei hinfällig. Der Bundestag hatte dazu vergangenes Jahr den Beitragssatz für Beschäftigte mit Kindern auf 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens erhöht.

DAK-Chef Storm erwartet eine weitere Erhöhung um 0,2 Prozentpunkte. Viele Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen seien zunehmend überfordert mit den Kosten, auch in der ambulanten Pflege habe sich die Situation verschärft.

Die Finanzierung ist nicht das einzige Problem

Neben der finanziellen Schieflage schlägt auch der demografische Wandel auf die Pflege durch. Zum einen wird die Zahl der Pflegebedürftigen laut DAK-Pflegereport von aktuell 5,2 Millionen auf 7,5 Millionen im Jahr 2050 steigen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Arbeitskräfte - und damit auch die Zahl derer, die künftig einen Pflegeberuf ausüben. Bundesweit kämen derzeit noch mehr Neulinge in die Pflege als Beschäftigte aus dem Beruf ausscheiden.

Die Zahl der Pflegekräfte steigt um etwa 26 000, was freilich nicht den Bedarf in den Kliniken und Heimen deckt. In einigen Bundesländern werde das Verhältnis von Zu- und Abgängen in den Pflegeberufen zum Ende des Jahrzehnts sogar kippen, heißt es in der Studie. Bayern, Bremen und Sachsen-Anhalt müssten sich darauf einstellen, dass die Zahl der Pflegenden dann schrumpfen werde.

Schon jetzt sind die Arbeitsbedingungen in vielen Einrichtungen prekär. Das führt zu einer hohen Zahl von Fehltagen, in der Altenpflege fallen die Beschäftigten laut DAK-Studie durchschnittlich 55 Tage pro Tage aus. In anderen Berufen seien die Beschäftigten nur etwa halb so oft arbeitsunfähig. Neben den üblichen Lösungsvorschlägen - mehr Pflegekräfte aus dem Ausland, attraktivere Arbeitsbedingungen - fordern die Autoren der Studie, die rüstigen Babyboomer selbst mehr in die Pflege einzubinden. Laut Umfrage sei die Hälfte der Über-40-Jährigen dazu bereit.

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