Bundestag:Die Parteien sichern sich ihre Millionen

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Schon 2018 hatte die große Koalition eine Erhöhung beschlossen - aber das Bundesverfassungsgericht kippte die Neuregelung. (Foto: Christoph Soeder/DPA)

Ampel und Union begründen, warum Politik heute so teuer ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Höhe der staatlichen Zuschüsse moniert.

Von Robert Roßmann, Berlin

Ampelkoalition und Union haben sich nach langen Verhandlungen auf eine Änderung des Parteiengesetzes verständigt. Ohne diese Einigung müssten die Parteien wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts auf einen zweistelligen Millionenbetrag verzichten. Ampelkoalition und Union wollen außerdem Spenden und Sponsoring transparenter machen sowie digitale Parteitage und Beschlüsse erleichtern. Dadurch solle "die politische Arbeit der Parteien modernisiert und der veränderten Lebenswirklichkeit der Mitglieder angepasst werden", heißt es in dem Gesetzentwurf. Er soll bereits an diesem Donnerstag im Bundestag beraten werden.

Im Jahr 2018 hatte der Bundestag mit den Stimmen der damaligen großen Koalition beschlossen, den staatlichen Zuschuss für die Parteien um 25 Millionen Euro auf 190 Millionen Euro zu erhöhen. Union und SPD begründeten den deutlichen Anstieg damals nur sehr pauschal mit gestiegenen Kosten durch die Digitalisierung. FDP, Grüne, Linke und AfD zogen deshalb vor das Bundesverfassungsgericht. Im Januar 2023 erklärten die Karlsruher Richter die Erhöhung für nichtig. Sie erkannten zwar grundsätzlich an, dass es einen Mehrbedarf der Parteien gebe. Sie fanden aber, dass die Anhebung nicht ausreichend begründet worden sei.

Das Geld soll unter anderem in Social-Media-Kanäle fließen

In ihrem Gesetzentwurf rechnen Ampelkoalition und Union deshalb jetzt ausgesprochen detailliert vor, welche Kosten wie gestiegen sind. So seien etwa "die Aufwendungen für Digitalisierung, Datenschutz und Partizipation" zwischen 2015 und 2021 um 24 607 920 Euro - und damit um 165 Prozent - gewachsen.

CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei "heute nicht mehr vorstellbar, dass Parteien auf die Präsenz in sozialen Medien, auf digitale Beteiligungsformate oder auf die digitale Kommunikation mit ihren Mitgliedern und weiteren Bürgerinnen und Bürgern verzichten". Digitale Arbeit sei "inzwischen fester Bestandteil unserer Demokratie". Um diese zu erfüllen, sei eine höhere Parteienfinanzierung unverzichtbar. Sie sei der festen Überzeugung, dass die Erhöhung "gut investiertes Geld in unser demokratisches Gemeinwesen ist".

Die Unionsfraktion habe der Bundesregierung unmittelbar nach der Verfassungsgerichtsentscheidung signalisiert, dass man zur gemeinsamen Arbeit an einem neuen Gesetz bereit sei. Die Gespräche seien dann "nicht immer leicht" gewesen, sagte Klöckner, "aber ich bin froh, dass diese Reform nun von einer großen Mehrheit im Parlament unterstützt wird". Mit "Daten und Fakten aus den einzelnen Landesverbänden der Parteien und den Bundesverbänden" habe man belegen können, dass der Aufwand "massiv gestiegen und mit der bisherigen Ausstattung so nicht mehr zu stemmen ist".

Die Transparenzregeln für Spenden und Sponsoring sollen schärfer werden

Mit der Änderung des Parteiengesetzes soll auch die Transparenz der Geldflüsse verbessert werden. Die Schwelle für Großspenden, die unverzüglich veröffentlicht werden müssen, wird von 50 000 auf 35 000 Euro gesenkt. Außerdem werden Vorschriften für den Umgang mit Sponsoring eingeführt - bisher gibt es dazu keine parteienrechtliche Regelung. In Zukunft müssen die Parteien Einnahmen aus Sponsoring, die über einer Bagatellgrenze liegen, in ihren Rechenschaftsberichten veröffentlichen. In diesen Berichten soll dann "neben Namen und Anschrift des Zuwendenden" und der Höhe der Zuwendung auch die Art des Sponsorings beschrieben werden.

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Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, sagte der SZ, man schaffe jetzt "mehr Transparenz über finanzielle Zuwendungen an Parteien, erstmalig auch für Sponsoring". Und man schaffe "auch für die digitale Parteiarbeit endlich eine sichere Rechtsgrundlage". Damit stärke man "die Parteien und damit die Demokratie in der Zeitenwende". Er freue sich, dass es "den Demokratinnen und Demokraten im Parlament gelungen ist, eine fraktionsübergreifende Reform des Parteiengesetzes zu erarbeiten".

Das Portal Abgeordnetenwatch.de sieht die Einigung nicht so positiv. Die Herabsetzung der sofortigen Offenlegungspflicht bei Großspenden auf 35 000 Euro schaffe "nur kosmetisch mehr Transparenz und reicht bei Weitem nicht aus", findet Abgeordnetenwatch. "Denn das Wichtige ist am Ende, dass alle wissen, woher Parteien ihr Geld bekommen." Es werde jetzt aber "nur die Spitze des Eisbergs sichtbarer". In den vergangenen Jahren ist außerdem kritisiert worden, dass die Parteien gerne zusätzliche Kosten für digitale Projekte geltend machen, auf Einsparungen durch die Digitalisierung an anderer Stelle aber nicht in gleicher Weise hinweisen.

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