Berlin:Linke: Kipping fordert zum Abschied Regierungsfrage-Klärung

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Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, spricht beim Online-Bundesparteitag. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Mit Abschiedsreden der scheidenden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger hat die Linke am Freitag bei einem Online-Parteitag einen personellen...

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Berlin (dpa) - Mit Abschiedsreden der scheidenden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger hat die Linke am Freitag bei einem Online-Parteitag einen personellen Neustart eingeleitet. Bei dem zweitägigen Delegiertentreffen, das wegen der Corona-Pandemie online stattfindet, wird an diesem Samstag eine neue Parteispitze gewählt. Kipping rief die Linke mit Blick auf die Bundestagswahl dazu auf, die Frage einer möglichen Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu klären und sprach sich für ein Mitregieren aus. Riexinger bekräftigte die Ablehnung seiner Partei zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Man müsse gemeinsam ausstrahlen: „Mit uns ist zu rechnen. Denn die Zeiten verlangen von uns mehr, als einfach an der Seitenlinie zu stehen und das schlechte Spiel der anderen zu kritisieren“, sagte Kipping. „Gehen wir auf den Platz, versammeln wir uns hinter zwei Kapitäninnen und greifen wir an.“

Kipping und Riexinger stellen sich an diesem Samstag nach fast neun Jahren an der Spitze nicht erneut zur Wahl. Das neue Führungsduo der Linken wird voraussichtlich aus der hessischen Landtagsfraktionschefin Janine Wissler und der thüringischen Linken-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow gebildet. Aussichtsreiche andere Kandidaten gibt es nicht. Die rund 600 Delegierten stimmen online ab. Das Ergebnis muss anschließend noch per Briefwahl bestätigt werden.

Die aktuell schwachen Umfragewerte der Linken zwischen sieben und acht Prozent führte Kipping auch auf die Unentschiedenheit in der Frage einer möglichen Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zurück. Eine Partei, die für sich selbst die Regierungsfrage geklärt habe, werde mehr gehört als eine Partei, die noch unentschieden sei, sagte sie.

In der Linken ist das Thema umstritten, weil die Partei in einer Koalition im Bund in wesentlichen Politikbereichen zu Kompromissen gezwungen wäre, etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik. Die Linke ist beispielsweise gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und für eine Abschaffung von Geheimdiensten. Momentan würde es Umfragen zufolge auch gar nicht reichen für eine mögliche Koalition mit Grünen und SPD.

In der Parteitagsdebatte appellierten vor allem junge Delegierte an ihre Partei, noch stärker das Klimathema in den Blick zu nehmen. Einige warnten davor, beim Thema Auslandseinsätze Kompromisse zu machen. Riexinger bekräftigte in seiner Rede: „Unsere Positionen zum Frieden, gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr stehen: Wir werden uns an keiner Regierung beteiligen, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt“.

Mit Blick auf den Klimaschutz betonten sowohl Kipping als auch Riexinger eine notwendige Verknüpfung dieses Themas mit sozialen Themen. Ohne soziale Gerechtigkeit gebe es keinen radikalen Klimaschutz, sagte Riexinger. Die Grünen wollten die Konzerne als Bündnispartner gewinnen. „Das ist wie der Versuch, Haifische zu Vegetariern zu erziehen.“ Er erneuerte außerdem die Forderung der Linken nach einer Vermögensabgabe zur Finanzierung der Corona-Krisenkosten.

Schon vor dem Parteitag hatten die beiden langjährigen Vorsitzenden für sich eine positive Bilanz gezogen: Die Linke sei in den vergangenen neun Jahren moderner geworden, inzwischen thematisch breiter aufgestellt und aus der politischen Landschaft nicht mehr wegzudenken. „Wir übergeben eine Partei, die für kommende Auseinandersetzungen gut aufgestellt ist“, sagte Riexinger schließlich in seiner Abschiedsrede.

Die beiden voraussichtlichen Nachfolgerinnen werden ihre Vorstellungen für den künftigen Kurs der Linken am Samstag nach ihrer Wahl (9.20 Uhr) in Antrittsreden formulieren. Hennig-Wellsow hat bereits den Anspruch deutlich gemacht, die Partei bei der Bundestagswahl im Herbst möglichst zu einem zweistelligen Ergebnis zu führen. Die thüringische Landeschefin gehört auch zu den Befürwortern einer Regierungsbeteiligung der Linken.

Wissler, die sich in Interviews zunächst zurückhaltend mit Blick auf ein mögliches grün-rot-rotes Regierungsbündnis auf Bundesebene gezeigt hatte, zeigte sich nun in der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag) ebenfalls offen: „Wenn es mit SPD und Grünen eine Möglichkeit gibt, Umverteilung umzusetzen, befristete Verträge zurückzudrängen, die Menschen vor Altersarmut zu schützen, den sozial-ökologischen Umbau voranzubringen und in der Außenpolitik die Weichen neu zu stellen, dann sollten wir das tun.“

© dpa-infocom, dpa:210225-99-594672/4

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