Finanzkriminalität:Acht Jahre nach den Panama Papers: "Der Deutsche" vor Gericht

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Jürgen Mossack, früherer Co-Chef der Kanzlei Mossack Fonseca, verlässt den Supreme Court in Panama-Stadt. (Foto: Agustin Herrera/AP)

Dem in Fürth geborenen Jürgen Mossack und seinem Partner Ramón Fonseca wird in Panama Geldwäsche vorgeworfen. Ihre frühere Anwaltskanzlei stand im Zentrum eines weltweiten Finanzskandals.

Von Mauritius Much

Jürgen Mossack gibt sich "sehr optimistisch". Mehrere Reporter haben sich am Montag vor dem Justizpalast Gil Ponce in Panama positioniert und wollen dem Gründer der zeitweise weltberühmten und inzwischen aufgelösten Anwaltskanzlei Mossack Fonseca ein paar Worte entlocken, bevor er das Gericht betritt. Und Mossack, 1948 in Fürth geboren und Anfang der 1960er-Jahre nach Panama ausgewandert, tut ihnen den Gefallen: "Wenn es wahre Gerechtigkeit gibt, werden wir aus der Sache herauskommen."

Mit "wir" meint Jürgen Mossack - schwarzer Anzug, rotes Hemd, ernster Blick - nicht nur sich selbst, sondern 26 weitere Menschen, die für die im Jahr 2018 abgewickelte Kanzlei Mossack Fonseca gearbeitet haben. Ihnen allen wird Geldwäsche vorgeworfen, der Prozess hat fast auf den Tag genau acht Jahre nach der Veröffentlichung der Panama Papers begonnen und soll bis Ende des Monats dauern.

Politiker, Präsidenten und Putins Freunde: In den Panama Papers tauchten alle auf

Der Süddeutschen Zeitung waren damals 2,6 Terabyte Daten beziehungsweise 11,5 Millionen E-Mails, PDFs oder andere Dokumente aus dieser auf Offshore-Geschäfte spezialisierten Kanzlei zugespielt worden. Die SZ hatte das Material mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) und mehr als 100 Medienorganisationen aus rund 80 Ländern geteilt und ausgewertet. Von Anfang April 2016 an wurden die Rechercheergebnisse als Panama Papers veröffentlicht. Die Enthüllungen zeigten, dass Mossack Fonseca über Jahrzehnte Zigtausende Briefkastenfirmen aufgesetzt hatte, verschachtelte Konstruktionen, hinter denen sich die wahren Eigentümer von Firmen oder Vermögen verstecken konnten. Drogenschmuggler, Politiker, Prominente, Sportstars oder Fifa-Funktionäre nutzten die Dienste von Jürgen Mossack, den man nur "den Deutschen" nannte, und seinem panamaischen Partner Ramón Fonseca Mora.

Der argentinische Fußball-Star Lionel Messi war Kunde der Kanzlei, die Enthüllung über verschleierte Geschäfte - und möglicherweise auf diese Art umgangene Pflichten dem Finanzamt gegenüber - platzte damals mitten in einen in Spanien laufenden Steuerprozess gegen ihn. Der damalige isländische Ministerpräsident Sigmundur Davíð Gunnlaugsson hatte den Besitz einer Offshore-Firma dem Parlament gegenüber nicht offengelegt und musste nach den größten Protesten, die Island bis dahin erlebt hatte, zurücktreten.

Und erstmals wurde damals auch bekannt, dass der innerste Machtzirkel des russischen Präsidenten Wladimir Putin solche Dienste in Anspruch nahm, möglicherweise auch, um im Auftrag des Präsidenten dessen privates Vermögen im Ausland unterzubringen. Heute ist nicht mehr die Frage, ob es diese Strohmänner Putins gab oder nicht - sondern nur noch, wie viele.

Bis heute haben Behörden auf der ganzen Welt infolge der Panama Papers mindestens 1,2 Milliarden Euro durch Geldstrafen und Steuernachzahlungen eingenommen.

Als Höchststrafe drohen den Beschuldigten zwölf Jahre Haft

Die Angeklagten in Panama-Stadt stehen aber nicht wegen all dieser Fälle oder generell ihres kreativen Vorgehens mit Steuerschlupflöchern in Offshore-Oasen vor dem Strafgericht, sondern wegen des Vorwurfs der Geldwäsche in speziellen Fällen. Insbesondere Mossack und sein ehemaliger Kanzlei-Partner Fonseca sollen mit ihren Produkten daran beteiligt gewesen sein, Geld aus einem brasilianischen Korruptionssystem in Immobilien in Panama zu investieren, also schmutziges Geld in den legalen Finanzkreislauf zu bringen. Zusammengefasst ist das im Begriff Geldwäsche. Zudem wird sich das Gericht mit der Rolle der Kanzlei im Siemens-Schmiergeldskandal beschäftigen. Ein ehemaliger Manager des Konzerns soll für mehrere Siemens-Landesgesellschaften in Lateinamerika schwarze Kassen geführt und sich daraus selbst bedient haben, anstatt das Geld an das Unternehmen zurückzuzahlen.

Anders als Jürgen Mossack war Fonseca am Montag nicht im Gericht anwesend. Seine Anwälte sagten, dass er sich in einem Krankenhaus befinde. Werden die beiden verurteilt, drohen ihnen bis zu zwölf Jahre Haft. Beide haben wiederholt erklärt, nicht in illegale Aktivitäten verwickelt gewesen zu sein. Zudem waren sie schon einmal in Panama im Rahmen eines anderen Geldwäsche-Prozesses angeklagt, aber im Juni 2022 freigesprochen worden. Den Staatsanwälten, so das Gericht damals, sei es nicht gelungen zu beweisen, dass Mossack Fonseca Offshore-Konten für den brasilianischen Baukonzern Odebrecht eingerichtet habe.

Inzwischen hat der Staat Panama sich ein neues Anti-Geldwäsche-Gesetz gegeben. Trotzdem könnte es für die Staatsanwaltschaft schwierig werden, Verurteilungen zu erreichen. In einem verwandten Fall urteilte Panamas oberster Gerichtshof, dass das Einrichten von Briefkastenfirmen oder Trusts nicht als Verbrechen behandelt werden könne, wenn diese Konstrukte vor 2019 gegründet wurden.

In Deutschland wurden im Jahr 2020 mehrere internationale Haftbefehle gegen die Führungsebene der Kanzlei, darunter Jürgen Mossack, ausgestellt. Auf eine SZ-Anfrage antwortete das Bundeskriminalamt, dass zwei davon weiter in Kraft seien. Allerdings sei das Ermittlungsverfahren gegen zwei Personen vorläufig eingestellt, da sie sich in Panama aufhielten und eine Auslieferung "nicht erfolgsversprechend" sei. Dabei handelt es sich offenbar um Ramón Fonseca und Jürgen Mossack. Letzterer wurde zwar in Fürth geboren, ist mittlerweile aber Panamaer. Und der Staat Panama liefert keinen seiner Staatsbürger aus.

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Jürgen Mossack - so heißt der Mann, der reichen Kunden hilft, ihr Geld zu verstecken. Darunter: Diktatoren, Drogenbarone, Waffendealer, Mafiosi. Zu Besuch in Panama-City, wo sich sogar Geld vermehrt, das es gar nicht gibt.

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