LNG-Terminal:Schlammschlacht am Strandbad

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Im Hafen von Mukran soll ein LNG-Terminal entstehen. Eine Gemeinde wehrt sich dagegen - und ist dabei womöglich zu weit gegangen. (Foto: Imago)

Das Ostseebad Binz versucht, den Bau eines Gasterminals im benachbarten Hafen Mukran zu verhindern. Jetzt hat ein Gericht den Anwalt der Gemeinde in die Schranken gewiesen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Im Ostseebad Binz herrscht dieser Tage ungetrübte Urlaubsstimmung. Die Sonne scheint, es hat nicht zu kalte 20 Grad, Menschen strömen zum Strand. Doch die Gemeindeverwaltung plagen seit einiger Zeit Horrorszenarien. Riesige Tanker mit Flüssigerdgas könnten schon im nächsten Sommer hier auf Reede liegen, in Sichtweite eines Terminals, das Flüssigerdgas in das deutsche Netz einspeisen soll. Alle Register hat die Gemeinde gegen das Großprojekt gezogen. Und vielleicht auch das eine oder andere Register zu viel.

Das jedenfalls legt eine Entscheidung des Landgerichts München nahe, vor dem sich der Anwalt des Ostseebades und die Betreiberfirma Deutsche Regas am Donnerstag getroffen haben. Nach der - allerdings noch nicht rechtskräftigen - Entscheidung des Gerichts darf der Anwalt der Gemeinde, Reiner Geulen, eine Reihe von Aussagen über die Betreiberfirma vorläufig nicht mehr treffen. Die Deutsche Regas wertet das als Erfolg - die Gemeinde allerdings nicht als Niederlage. Schließlich seien zentrale Aussagen nicht beanstandet worden.

Was man über die Investoren sagen darf - und was nicht

Geulen hatte für die Gemeinde eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht vorbereitet und im Zuge seiner Recherchen auch die Zuverlässigkeit der Deutschen Regas untersucht. Im Juli hatte er in einer Pressemitteilung Ergebnisse dieser Untersuchung präsentiert, die vermeintliche Zweifel an dieser Zuverlässigkeit weckten. Auch die Süddeutsche Zeitung hatte darüber berichtet.

Per einstweiliger Verfügung hat das Landgericht Geulen nun einige der Aussagen vorläufig untersagt. So darf er nicht mehr behaupten, die Investoren seien bisher in der Energiebranche nicht in Erscheinung getreten. Auch darf er nicht mehr verbreiten, am Bruchsaler Firmensitz eines der beiden Regas-Gründer, Ingo Wagner, gebe es in Wahrheit keine Geschäftstätigkeit, und dass dieser Kapital oder "Finanzkörperschaften" von den Cayman Islands nach Deutschland transferiert habe.

Die Deutsche Regas feierte den Richterspruch in einer Pressemitteilung als großen Erfolg. "Endlich wird dieser lediglich auf Rufschädigung abzielenden Lügen- und Desinformationskampagne Einhalt geboten", sagte der Potsdamer Steuerberater Stephan Knabe, einer der beiden Gründer und zugleich Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Schließlich sei man angetreten, damit "unter anderem auch die Hotelzimmer auf Rügen im Winter warm sein werden". Zeitgleich hatte am Donnerstag die Staatsanwaltschaft Rostock bekannt gegeben, dass sie keinen Anfangsverdacht für den Vorwurf der Geldwäsche gegen den Regas-Geschäftsführer Wagner sehe. Die entsprechende Anzeige hatte ebenfalls der Binzer Anwalt Geulen gestellt.

Der Anwalt des Ostseebades Binz zieht das nächste Register

Vor Gericht allerdings dürfte die Schlacht weitergehen. Ein Sprecher des Ostseebads Binz kündigte am Freitag an, man werde in Berufung gehen. Zumal sich die Gemeinde auch nicht wirklich als Verliererin des Verfahrens sieht. Schließlich sei eine der angegriffenen Äußerungen von der Pressekammer des Landgerichts München nicht als unzulässig gewertet worden - und zwar der als Wertung eingestufte Vorwurf, der Finanzierungshintergrund der LNG-Betreiberin sei intransparent. Das Gericht lehnte es ab, Geulen die Äußerung dieses Vorwurfs komplett zu verbieten; der Anwalt darf dabei allerdings keinen Zusammenhang mehr mit Kapitalgesellschaften auf den Cayman Islands herstellen.

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Dies sei "der grundlegendste und wichtigste Punkt", sagte Anwalt Geulen nach der Verhandlung. Er sehe sich in seiner Auffassung bestätigt, "dass die Deutsche Regas nicht die für den Betrieb einer gefährlichen Störfallanlage gesetzlich geforderte Zuverlässigkeit aufweist". Sollte das Projekt nahe der Binzer Strände dennoch genehmigt werden, stelle man sofort die vorbereiteten Anträge auf einen Baustopp vor dem Bundesverwaltungsgericht. Und auch der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider sieht in dem Urteil "eine Schlappe für die Regas". Die Bundesregierung müsse diesem "Vorhaben voller Undurchsichtigkeiten" endlich "den Stecker ziehen". Die Schlammschlacht am Strandbad, sie geht weiter.

Noch am Freitag bekam die Deutsche Regas Post von den Anwälten Geulens, diesmal wegen einer Formulierung in ihrer Pressemitteilung. Darin hatte die Regas behauptet, ihren Anträgen sei vom Landgericht "vollumfänglich" stattgegeben worden. "In der Sache handelt es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung", schreiben Geulens Anwälte. Bis Montag habe das Unternehmen Zeit, sie zu löschen.

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