Kanzler auf Reisen:Scholz will Rumänien in den Schengen-Raum holen

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Der erste Kanzlerbesuch in Bukarest seit 13 Jahren: Olaf Scholz (li.) am Montag mit Rumäniens Präsident Klaus Johannis. (Foto: Soeren Stache/DPA)

Beim Besuch des Bundeskanzlers in Bukarest geht es ums passfreie Reisen der Rumänen - aber auch um das von Russland bedrohte Moldau. Dessen Staatschefin ist ebenfalls angereist.

Von Daniel Brössler, Bukarest

Deutschland und Rumänien wollen der Republik Moldau verstärkt dabei helfen, sich gegen russische Versuche der Destabilisierung zu wappnen. "Unserer Solidarität kann sich Moldau sicher sein", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag nach einem Treffen mit dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis und der moldauischen Staatschefin Maia Sandu in Bukarest. Scholz sagte dem Land auch Unterstützung auf seinem Weg in die Europäische Union zu. "Moldau ist Teil unserer europäischen Familie", erklärte er.

Mit Sorge lese man die Berichte über russische Versuche, das Land zu destabilisieren, so der Kanzler weiter. Angesichts des russischen Imperialismus seinen "Zusammenhalt und Solidarität das Gebot der Stunde". Moldau könne sich auf seine "aufrichtigen Freunde verlassen", bekräftigte Johannis. Sandu dankte für die Unterstützung, die ihrem Land helfe, "den Frieden und eine Zukunft in der EU zu gewährleisten". Die Republik Moldau ist seit 2022 EU-Beitrittskandidat.

"Der Druck ist weiterhin sehr stark", sagte Sandu zur Einflussnahme aus Russland. Moldau werde aber "Verteidigerin der Freiheit und der menschlichen Würde" bleiben. Mit massiver finanzieller Hilfe aus der EU konnte das bitterarme Moldau bisher eine Energiekrise aufgrund gedrosselter Gaslieferungen aus Russland meistern. "Ihre Unterstützung hat uns gezeigt, dass wir nicht allein sind", erklärte Sandu.

Die Lage der Republik Moldau hat sich noch einmal verschärft

Für die kleine Republik Moldau hat sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine eine ohnehin prekäre Lage noch einmal drastisch verschärft. So hat Moldau gemessen an der Einwohnerzahl die pro Kopf höchste Anzahl an Geflüchteten aus dem Nachbarland aufgenommen. Die prowestliche Regierung sieht sich überdies einer von Oligarchen finanzierten Protestwelle ausgesetzt, die als Teil russischer Destabilisierungsversuche gewertet wird.

"Wir glauben, dass Moldau unsere Unterstützung verdient, damit es auf unserer Seite bleibt, auf der Seite Europas", betonte Johannis. Das gemeinsame Treffen mit der moldauischen Präsidentin sei "viel mehr als ein Symbol", erklärte Scholz. Es sei "Ausdruck einer bereits existierenden, ganz praktischen Partnerschaft". Wichtig sei insbesondere die weitere Hilfe bei der Energieversorgung Moldaus.

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gilt Moldau als potenziell nächstes Ziel russischer Gewalt. Im abtrünnigen Landesteil Transnistrien sind russische Soldaten stationiert; das Gebiet wird bereits weitgehend von Moskau kontrolliert. Anfang Juni ist Moldau Gastgeber des zweiten Gipfeltreffens der vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron initiierten Europäischen Politischen Gemeinschaft.

Nachbarn des Krieges: Rumänien und die Republik Moldau (Foto: SZ-Karte: jje/Mapcreator.io/OSM)

Vor dem Bukarester Dreier-Treffen hatte Scholz in einem Gespräch mit Johannis seine Unterstützung für eine baldige Aufnahme Rumäniens in den Schengen-Raum bekräftigt, der in Europa ein Reisen ohne Grenzkontrollen ermöglicht. "Ich unterstütze sehr den Schengen-Beitritt Rumäniens. Ich hoffe auch, dass das in diesem Jahr gelingt", sagte Scholz. Rumänien habe "alle Voraussetzungen erfüllt, damit der Schengen-Beitritt jetzt stattfinden kann". Das gelte sowohl für das Grenzregime als auch für den Kampf gegen die Korruption. Der Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Raum war im Dezember am Widerstand Österreichs gescheitert.

Mit seiner klaren Unterstützung setzte Scholz den Ton eines eintägigen Besuches in dem EU-Land, der vor allem Anerkennung für die Reformen im Land, die stabilisierende Rolle Rumäniens in der Region und die klare Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausdrücken soll. Als wichtiges Zeichen wurde die Visite in Bukarest schon deshalb gewertet, weil es sich um den ersten Besuch eines Bundeskanzlers in Bukarest seit 2010 handelte.

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Präsident Johannis sprach von einem "echten strategischen Charakter" der deutsch-rumänischen Beziehungen und dankte Scholz für die Unterstützung beim Schengen-Beitritt. Sein Land habe diesen bereits vor zwölf Jahren beantragt und alle Bedingungen erfüllt. Die "Zurückhaltung" einiger EU-Staaten sei Zweifeln an der rumänischen Rechtsstaatlichkeit geschuldet, die aber im vergangenen Jahr ausgeräumt worden seien. Auch die Sorge Österreichs vor illegaler Migration aus Rumänien sei unbegründet.

Scholz wie Johannis betonten die weitere Unterstützung für die von Russland überfallene Ukraine. Rumänien fungiert als wichtiges Drehkreuz für die humanitäre wie militärische Hilfe in Richtung Ukraine. Auf Fragen nach dem vom Rüstungskonzern Rheinmetall angekündigten Wartungs- und Logistikzentrum für Panzer, Haubitzen und Militärfahrzeuge ging Scholz nur allgemein ein. Die Zusammenarbeit zur Unterstützung der Ukraine sei "sehr, sehr intensiv". Es gehe dabei auch darum, die Einsatzbereitschaft der der Ukraine zur Verfügung gestellten Ausrüstung sicherzustellen.

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