NSA-Ausschuss:Wie sich der oberste Verfassungsschützer im NSA-Ausschuss blamiert

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Öffentliche Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses

Da wirkte er noch ganz gelassen: Hans-Georg Maaßen zu Beginn der Anhörung im NSA-Ausschuss.

(Foto: dpa)

Maaßen legt bei seiner Befragung nahe, Whistleblower Edward Snowden sei ein russischer Geheimagent. Auf Nachfrage zeigt sich: Das ist heiße Luft.

Von Benedikt Peters, Berlin

Hans-Georg Maaßen würde ganz ruhig wirken, wären da nicht seine Hände. Die linke will einfach nicht ruhig auf dem Tisch liegen bleiben, sie zuckt nervös, immer wieder. Die rechte fährt unablässig an der Tischkante entlang.

Es ist Viertel nach acht am Donnerstagabend und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat sich gerade in eine ziemlich tiefe Sackgasse manövriert. Im Saal 4.900 des Bundestags tagt der NSA-Ausschuss. Acht Parlamentarier haben sich im Halbrund vor Maaßen aufgebaut, die Zuschauerränge sind voll. Untersucht werden soll, wie die USA in Deutschland spioniert haben - und inwieweit die deutschen Geheimdienste dabei mitmachten oder zusahen.

Als Chef des Verfassungsschutzes könnte Maaßen viel dazu sagen. Stattdessen aber geht ein großer Teil seiner Redezeit für anderes drauf. Und zwar, weil er eben ein paar ziemlich ungeschickte Sätze gesagt hat.

"Edward Snowden wird weltweit als selbstloser Whistleblower dargestellt", sagt Maaßen. Aus seiner Sicht aber gebe es eine "hohe Plausibilität" für etwas ganz anderes: Dass Snowden ein Agent russischer Geheimdienste sei. Schließlich hätten seine Enthüllungen den USA extrem geschadet. Und noch schlimmer: Sie hätten einen Keil zwischen Europa und die USA getrieben - "den größten seit dem Zweiten Weltkrieg".

Er habe Tatsachen, sagt er. Und hat dann doch keine

Die Parlamentarier im NSA-Ausschuss nehmen das ernst. Sie stecken die Köpfe zusammen, diskutieren, machen sich Notizen. Es ist schließlich kein Stammtischkumpan, der ihnen die Geschichte von der russischen Verschwörung auftischt. Sondern der Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes.

"Haben Sie irgendwelche Tatsachen, auf die Sie das stützen können?", fragt schließlich der SPD-Abgeordnete Christian Flisek. Und Maaßen bejaht das. Die "Tatsachen" habe er bereits genannt.

Flisek bittet ihn, diese noch einmal zu wiederholen. Doch Maaßen weigert sich. Er verlangt eine Pause und bekommt sie - 15 Minuten. Der Geheimdienstchef nimmt einen Kaffee, einen Schokoriegel. Jetzt beginnt das Getrommel seiner Hände auf dem Tisch. Mit zwei Beamten steckt er die Köpfe zusammen, sie diskutieren. Dann verlässt Maaßen den Saal - als habe er erst jetzt bemerkt, dass er beobachtet wird.

Als die Pause vorbei ist, muss der Geheimdienstchef seine "Tatsachen" noch einmal vorbringen. Er sagt: "Wir haben die Tatsache, dass er in Russland ist." Außerdem führe der russische Geheimdienst Desinformationskampagnen durch. Und: Russland habe ein Interesse, "uns zu destabilisieren". Daher sei die Version von Snowden als russischem Geheimagenten durchaus plausibel.

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