Nato-Treffen:35 000 Soldaten in hoher und höchster Bereitschaft

Lesezeit: 2 min

3500 Soldaten der Bundeswehr sollen dauerhaft in Litauen stationiert werden. (Foto: Michael Sohn/AP)

Erst der Ukraine-Krieg, jetzt die Eskalation in Nahost: Verteidigungsminister Boris Pistorius betont, wie wichtig gerade jetzt eine robustere Nato ist. Deutschland werde seinen Beitrag dazu leisten - und auch Israel militärisch helfen.

Von Georg Ismar, Berlin

Alles hängt gerade irgendwie noch mehr mit allem zusammen - das zeigt sich auch beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Neben der Unterstützung für die Ukraine geht es jetzt auch um die Unterstützung Israels - worunter die Ukraine-Unterstützung nach Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aber nicht leiden soll. Und parallel gilt es, die Nato ernstfallfähiger zu machen, denn so fragil war die Weltlage Jahrzehnte nicht mehr.

Und so bekräftigt Pistorius, dass Deutschland seine Zusagen für das Projekt "Division 2025" einhalten wird. "Da reden wir über 35 000 Soldaten in hoher beziehungsweise höchster Bereitschaftsstufe", sagt Pistorius am Rande des Treffens am Donnerstag. Auch rund 200 Flugzeuge, Fregatten, Korvetten und vieles andere mehr würden dafür zur Verfügung gestellt. Es gehe nun darum, die Verteidigungspläne mit konkreten Kräften zu hinterlegen.

"Wir gehen de facto all in", sagt Pistorius

Zur Division 2025 gehört auch die geplante deutsche Brigade mit mindestens 3500 Bundeswehrsoldaten, die schrittweise in Litauen dauerhaft stationiert werden. Die Truppen sollen ab 2025 vom Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte in Europa angefordert werden können. "Wir gehen de facto all in", sagte Pistorius in Brüssel. Das New Force Model der Nato sieht vor, dass binnen zehn Tagen im Kriegsfall 100 000 Soldaten einsatzbereit zur Verfügung stehen und in 30 Tagen insgesamt 300 000 - diese Anzahl soll daher künftig dauerhaft in hoher Nato-Bereitschaft gehalten werden.

Seit der russische Präsident Wladimir Putin den Angriff auf die Ukraine befohlen hat, ist die Gefahr einer Konfrontation mit der Nato deutlich gewachsen. Zugleich sorgt sich Pistorius, dass auch die Lage im Nahen Osten außer Kontrolle geraten könnte, gerade wenn Iran sich an den Attacken gegen Israel aktiv beteiligen sollte. "Inzwischen haben wir als Bundeswehr auch erste konkrete Anfragen Israels nach Unterstützung bekommen", sagt Pistorius am Donnerstag in Brüssel. Es gehe um zwei von fünf Heron-TP-Kampfdrohnen, die in Israel stehen und die Deutschland von Israel geleast hat. Dieser Bitte sei entsprochen worden, so Pistorius.

Nach langen Debatten hatte die damalige große Koalition 2018 entschieden, dass bewaffnungsfähige Drohnen vom Typ Heron TP des israelischen Herstellers Israel Aerospace Industries geleast werden sollen. Der Bundestag ebnete 2022 schließlich den Weg auch für eine Munitionsbeschaffung und die entsprechende Ausbildung von Bundeswehrsoldaten an den Präzisionswaffen.

Israel hat auch nach Munition für Schiffe gefragt

Erst auf Nachfrage erwähnt Pistorius noch eine weitere dringende Unterstützungsbitte der israelischen Seite. "Es gibt erste Anfragen auch für Munition für Schiffe." Israel hat unter anderem Korvetten aus deutscher Produktion gekauft - und könnte hierfür womöglich Nachschub gebrauchen. "Die Israelis führen hier einen Existenzabwehrkampf", sagt er. "Wir stehen an der Seite Israels." Deutschland werde außerdem helfen mit Personal für die Krisenunterstützung etwa am Flughafen. Und mit Sanitätsmaterial.

Auch in der Bundeswehr wird die Befürchtung geäußert, dass nach den Terrorangriffen der radikalislamischen Hamas mit über 1000 Todesopfern in Israel die Aufmerksamkeit für den Krieg Russlands in der Ukraine leiden könnte. Die Bundesregierung hat gerade ein neues "Winterpaket" von einer weiteren Milliarde Euro für die Ukraine angekündigt. Dazu gehören weitere Luftverteidigungssysteme, Munition und Panzer.

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"Entscheidend ist, dass die Unterstützung der Ukraine nicht beeinträchtigt wird und zeitgleich geliefertes Material bestellt und rasch nachproduziert wird", betont der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Er pocht weiter darauf, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern erlaubt, damit russische Nachschublinien auf die annektierte Halbinsel Krim abgeschnitten und schnellere Geländegewinne der Ukraine vor dem Winter ermöglicht werden können. "Die beiden Kriege sollten uns mahnen, unsere strategische Kultur weiterzuentwickeln und selber wehrhaft und verteidigungsfähig zu werden", betont Kiesewetter.

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