Naher Osten:Trump auf unseliger Mission

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Zu Beginn seines Israel-Besuchs präsentierte sich US-Präsident Donald Trump bei Premier Benjamin Netanjahu als Friedensbotschafter. (Foto: REUTERS)

Der US-Präsident macht einen neuen Anlauf zur Lösung des Nahostkonflikts. Doch der blauäugige Republikaner lässt Irans Rolle außer Acht und könnte die Krise weiter anheizen.

Kommentar von Peter Münch

Man stelle sich vor, nur so theoretisch, Donald Trump hätte einen Business-Plan für den Nahen Osten. Zielvorgabe ist die Schaffung des Friedens. Auf dem Weg dorthin müssen als Erstes alle alten Ansätze vom Tisch. Dann macht sich Trump die Geschäftspartner gefügig mit einer Mischung aus Schmeichelei und Verwirrung, Lockung und Drohung. Am Ende steht ein Deal, den keiner für möglich gehalten hat. Kann das funktionieren?

Natürlich - theoretisch und wenn alle wollen. Der neue US-Präsident hat eine neue Chance, jenen Frieden zu schaffen, um den sich seine Vorgänger vergeblich bemüht haben. Und er hat einen - wenn nicht neuen, so doch tauglich erscheinenden Hebel, die Dinge voranzutreiben: Trump setzt nicht mehr auf einen bilateralen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern, sondern auf eine regionale Lösung unter Einbeziehung der sunnitischen arabischen Staaten. Bester Beleg dafür ist die Route seiner ersten Auslandsreise: Erst hat er in Riad die arabischen Führer getroffen, dann spricht er in Jerusalem mit den Israelis und später in Bethlehem mit den Palästinensern. Münden könnte dies in eine von Washington in Aussicht gestellte regionale Friedenskonferenz, vielleicht schon diesen Sommer.

Die Vorteile einer Konfliktlösung liegen für alle Seiten auf der Hand. Israel könnte als Plus zum Ausgleich mit den Palästinensern noch die Anerkennung durch die arabischen Nachbarn und damit eine weitergehende Existenzsicherung erreichen. Die Palästinenser bekämen ihren eigenen Staat. Und die arabischen Potentaten von Kairo über Amman bis zum Golf hätten ein lästiges Problem aus dem Weg geräumt, das auch in ihren Ländern für ungewollte Unruhe sorgt.

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In Jerusalem verspricht der US-Präsident eine harte Haltung gegenüber Iran. In der starken "Sicherheitspartnerschaft" der USA und Israels sieht er einen "wunderbaren Unterschied" zur Obama-Regierung.

Drei Bruchlinien werden deutlich

So viel zum Rahmen, und der ist passend gezimmert. Wenn es um die Inhalte geht, werden allerdings mindestens drei Bruchlinien deutlich. Zum Ersten ist der größte gemeinsame Nenner dieser angestrebten neuen Allianz die Feindschaft zu Iran. Hier ist es nicht allzu schwer, unter Trumps Führung einen Schulterschluss zwischen Israel und den sunnitischen Arabern zu schaffen. Die Furcht vor den Ayatollahs schweißt zusammen, das hat sich beim Kampf gegen das vom Westen geschlossene Atomabkommen mit Teheran gezeigt. Wie begrenzt allerdings das Vertrauen ist, zeigt Israels Sorge über die Aufrüstung Saudi-Arabiens. Waffenlieferungen für 110 Milliarden Dollar sind in Riad vereinbart worden - das übertrifft sogar weit die amerikanische Militärhilfe für Israel. Kein Wunder also, dass man sich in Jerusalem wundert, gelinde gesagt.

Punkt 2: Dieser Waffendeal zeigt überdeutlich, dass auch ein Abkommen zwischen Israel, den Palästinensern und den sunnitischen Paten keine Befriedung der Region bedeutet. Es verschieben sich nur die Fronten - hin zu inner-muslimischen Stellvertreterkriegen wie in Jemen, oder hin zu den Golanhöhen, wo Israel selbst nach einem Ausgleich mit Trumps arabischen Freunden auf erbitterte Feinde treffen wird. Denn dort oben stehen längst die Iraner mit ihren Hilfstruppen aus Syrien und von der libanesischen Hisbollah. Die Politik von Trumps Vorgänger Barack Obama wollte diese Fronten langfristig auflösen durch Einbindung Irans. Trumps antagonistischer Ansatz aber wird diese Konfrontation vertiefen.

Trump wird Netanjahu und Abbas nicht dazu bringen, Kompromisse einzugehen

Drittens sind Israelis und Palästinenser in ihren eingegrabenen Positionen zu weit voneinander entfernt, als dass sie ohne massiven Druck von außen eine Lösung finden könnten. Trumps einzige Festlegung aber ist bisher, dass er sich nicht festlegen und keine Vorgaben geben will. Damit macht er es Israels Premier Benjamin Netanjahu und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas leicht, ihn zu umschmeicheln. Aber er wird sie nicht dazu bringen, Kompromisse einzugehen.

Diese Laissez-faire-Politik zeugt von einiger Blauäugigkeit. Gefährlicher noch könnte ein Signal sein, das Trump mit seinem Reiseprogramm aussendet: Er sieht sich offenbar auf heiliger Mission. So hat er in seiner Rede in Riad immer wieder Bezug auf Gott alias Allah genommen. Dann wollte er es sich in Jerusalem nicht nehmen lassen, die jüdische Klagemauer und die christliche Grabeskirche zu besuchen. Die Betonung des Religiösen aber ist pures Gift im Kontext dieses Konflikts. Denn kaum einer in der nahöstlichen Region verbindet damit himmlischen Frieden, sondern viel eher heilige Kriege.

Wenn ein theoretisch vielleicht sogar erfolgversprechender Business-Plan für den Frieden in solch ignoranter Art umgesetzt wird, kann das leicht zum Gegenteil führen: zu einer Verschärfung des Konflikts, zu einem neuen Aufflammen von Gewalt. Der einzige Deal, der dann im Nahen Osten Bestand hat, könnten am Ende die Waffengeschäfte sein.

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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