Ministerpräsidentenkonferenz:"Zur Humanität muss Ordnung hinzukommen"

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Der Bund müsse "Fehlanreize" für eine Zuwanderung beseitigen: Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) am Freitag in Frankfurt am Main. (Foto: Hannes P. Albert/dpa)

Vor ihrem Treffen mit Kanzler Scholz und CDU-Chef Merz fordern die Ministerpräsidenten eine Begrenzung der Migration und schnellere Asylverfahren.

Wie geht es weiter beim Thema Zuwanderung? Für Freitagabend ist eine Art Migrationsgipfelchen der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und CDU-Chef Friedrich Merz geplant. Zuvor traten Stephan Weil (SPD) und Boris Rhein (CDU) in Frankfurt vor die Presse, um zu erklären, was sich die Länder so alles vorstellen für die politische Agenda der nächsten Wochen. Danach ging es für beide flott weiter Richtung Berlin.

Nach zweitägigen Gesprächen fordert die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) eine Begrenzung von Migration sowie schnellere Entscheidungen über Asylanträge. "Wir halten fest an dem humanitären Anspruch unseres Landes. Aber zur Humanität muss Ordnung als zweite Leitlinie hinzukommen", sagte der niedersächsische Ministerpräsident Weil. "Migration darf nicht ungeordnet geschehen. Das erwarten die Bürger von uns."

Hessens Ministerpräsident Rhein ergänzte, der Bund stehe in der Pflicht, "Fehlanreize" für eine Zuwanderung zu beseitigen. Auch brauche es größere Anstrengungen, neue Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsstaaten abzuschließen.

Asylverfahren mit wenig Aussicht auf Erfolg sollten beschleunigt werden

Weiter sprechen die Ministerpräsidenten von einer "weitgehenden politischen Übereinstimmung", dass die Zahl der in Deutschland aufzunehmenden Flüchtlinge "deutlich und nachhaltig" sinken müsse. In diesem Jahr sei mit mehr als 300.000 Personen zu rechnen, 60.000 mehr als im Vorjahr.

Die MPK schlägt konkret vor, die Asylverfahren vor allem für die zu beschleunigen, die nur geringe Anerkennungschancen haben. "Wir müssen dort besonders schnell arbeiten, wo die Aussichten auf Anerkennung besonders gering sind", sagte Weil. Eine Verfahrensdauer von drei Monaten sei realistisch. Eine solche Beschleunigung und Priorisierung könne in der Praxis viel wirksamer sein, als eine weiterhin "fruchtlose Debatte über sichere Herkunftsstaaten".

Die Konferenz forderte auch, die Einführung einer bundesweit gleichen Geldkarte für Asylbewerber und Flüchtlinge anstelle von Geldzahlungen zu prüfen. Auch müsste es unbürokratischer möglich sein, in Deutschland zu arbeiten, wenn eine gute Bleibeperspektive bestehe. Mit Blick auf den Krieg in Nahost betonen die Länder, Deutschland und Europa dürften nicht zum Rückzugsort für Hamas-Mitglieder oder deren Unterstützer werden.

Beim 49-Euro-Ticket geht es um viel Geld - der Streit spitzt sich zu

Derweil spitzt sich auch der Streit um das 49-Euro-Ticket zwischen Bund und Ländern zu. "Der Bund muss sich bewegen", forderte Rhein. "Wir Länder haben ein großes Interesse daran, dass es weitergeht. Wir haben das ja nicht gestartet, um es so schnell wieder einzustellen." Die Länder äußerten sich verärgert über die Ablehnung des Bundes, sich an Zusatzkosten beim Milliardenprojekt zu beteiligen. Es könne nicht sein, dass sich Verkehrsminister Volker Wissing weigere, mehr für das Ticket zu bezahlen, kritisierte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die Länder erwarteten, dass der FDP-Politiker sich seiner Verpflichtung stelle.

Bei dem Streit geht es um viel Geld. Das Ticket wurde zwar im Mai als dauerhaftes Angebot eingeführt. Seither können die Deutschen für 49 Euro pro Monat bundesweit im gesamten Nah- und Regionalverkehr fahren. Doch die komplette Finanzierung ist nur für dieses Jahr sicher. Bund und Länder hatten sich Anfang des Jahres darauf geeinigt, das Deutschlandticket bis 2025 je zur Hälfte mit insgesamt drei Milliarden Euro zu finanzieren. Etwaige Mehrkosten, zum Beispiel für die Einführung und Digitalisierung des Tickets, sind aber nur in diesem Jahr abgedeckt - Bund und Länder wollen sie sich ebenfalls teilen. Vom kommenden Jahr an aber droht bei Mehrkosten eine Lücke. Nur die Länder sind bislang bereit, sie weiter zu schultern. Wissing lehnt eine entsprechende Zusage ab.

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Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter betonte bei der Verkehrsministerkonferenz am Donnerstag bereits, dass die Möglichkeit eines Endes des 49-Euro-Tickets keine "leere Drohung" sei. "Die Kommunen sagen, wenn es die Zusage nicht gibt, dann lassen wir das auslaufen - weil sie das Risiko nicht eingehen." Für das laufende Jahr reiche das Geld, aber für 2024 und die folgenden nicht. Ein Ende des Tickets wäre "jammerschade", sagte Bernreiter.

Zurück zum Thema Asyl: "Ich bin dem Bundeskanzler auch sehr dankbar, dass er dieses Thema so anpackt," sagte dann noch Boris Rhein. Erst die Beratungen der Ministerpräsidenten in Frankfurt und dann das Gespräch am Abend in Berlin - das passe sehr gut zusammen. "So, glaube ich, kann man ein Land wirklich führen, dass die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, die kümmern sich, die haben das im Griff und die machen große Schritte", sagte Rhein. Und brach auf in Richtung Hauptstadt.

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