Merkel, Steinmeier, Schröder:Kanäle ins Nichts

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Im September 2011 besichtigt Gerhard Schröder (l.), damals bereits Ex-Kanzler, mit Wladimir Putin die Anlage im russischen Wyborg, wo die Nordstream-Gasleitungen in die Ostsee geführt werden. (Foto: Alexey Nikolsky/AFP)

Die Putin-Kenner Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und Gerhard Schröder verurteilen den russischen Angriff. Doch alle drei stehen in der Kritik.

Von Nico Fried, Berlin

Einer ist noch im Amt, eine gerade ausgeschieden, einer politisch schon lange nicht mehr aktiv. Doch zusammen haben Frank-Walter Steinmeier, Angela Merkel und Gerhard Schröder in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Russland-Politik Deutschlands am meisten geprägt. Es gibt kaum andere Politiker weltweit, die Wladimir Putin so gut kennen, ihn über einen so langen Zeitraum so oft erlebt haben. Alle drei stehen seit dem Angriff aber auch in der Kritik - allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

Nacheinander haben sich nun der Bundespräsident, die Ex-Kanzlerin und auch ihr Vorgänger zum Krieg des russischen Präsidenten auf die Ukraine geäußert. Den Anfang machte am Donnerstag Schröder. Ihn verbindet mit Putin eine persönliche Freundschaft. Er hat mehrere Posten mit Bezug zur russischen Energieindustrie und soll demnächst in den Aufsichtsrat des Gazprom-Konzerns einziehen.

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"Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine muss schnellstmöglich beendet werden", erklärte Schröder am Donnerstagabend. "Das ist die Verantwortung der russischen Regierung." Es war das erste Mal, dass er in der aktuellen Krise deutlich auf Distanz zu Putin ging, ohne ihn allerdings beim Namen zu nennen. Vor Kurzem hatte Schröder noch die Ukraine aufgefordert, das "Säbelrasseln" einzustellen. Nun erklärte er, dass in den vergangenen Jahren sowohl der Westen als auch Russland Fehler gemacht hätten. "Aber auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel."

Nach der Annexion der Krim hatte Schröder Sanktionen kritisiert, weil er sie für wirkungslos hielt. Nach dem Angriff auf die Ukraine nannte er Sanktionen nun "notwendig", sprach sich allerdings dafür aus, die verbliebenen Verbindungen zwischen Europa und Russland nicht ganz zu kappen. Denn diese seien die Basis dafür, dass am Ende wieder ein Dialog möglich werde. Dies könnte ein Hinweis sein, dass Schröder nicht beabsichtigt, seine Posten aufzugeben, auch um Gesprächskanäle offen zu halten.

Merkel soll sich wiederholt mit Olaf Scholz ausgetauscht haben

Am Freitagmorgen äußerte sich dann Angela Merkel. "Dieser Angriffskrieg Russlands markiert eine tief greifende Zäsur in der Geschichte Europas nach dem Ende des Kalten Krieges", erklärte sie der dpa. "Für diesen eklatanten Bruch des Völkerrechts gibt es keinerlei Rechtfertigung, ich verurteile ihn auf das Schärfste." Die Ex-Kanzlerin wählte damit ähnliche Worte wie zuvor ihr Nachfolger Olaf Scholz, dem sie auch den Rücken stärkte: Alle Anstrengungen der Bundesregierung, gemeinsam mit der Europäischen Union, den USA sowie Deutschlands Partnern in der G-7-Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen, der Nato und den Vereinten Nationen, "diesem Angriffskrieg Russlands und von Präsident Putin schnellstens Einhalt zu gebieten, finden meine volle Unterstützung". Merkel soll sich in den vergangenen Wochen - anders als Schröder - wiederholt mit Scholz über die Lage in der Ukraine und über Putin ausgetauscht haben.

"Meine Gedanken und meine Solidarität sind in diesen furchtbaren Stunden und Tagen beim ukrainischen Volk und bei der Regierung unter Führung von Präsident Selenskij", so Merkel weiter. Anders als Schröder äußerte sie sich nicht zu vergangenen Entscheidungen und ihrer etwaigen Verantwortung. So halten manche Kritiker Merkel vor, mit ihrem Veto gegen eine schnelle Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die Nato auf dem Gipfel 2008 in Bukarest die Position der Regierung in Kiew ebenso geschwächt zu haben wie durch das Festhalten an der Pipeline Nord Stream 2 und die deutsche Weigerung, Waffen an die Ukraine zu liefern.

Frank-Walter Steinmeier hat Putin sowohl als Kanzleramtschef unter Schröder, wie auch als Außenminister unter Merkel erlebt. Steinmeier versuchte zunächst, einen Kurs der Offenheit gegenüber Moskau fortzuführen und plädierte 2008 für eine "Modernisierungspartnerschaft" mit Moskau. Spätestens mit der Annexion der Krim änderte sich seine Position, wobei er gemeinsam mit Merkel das Minsker Abkommen verhandelte.

Am Donnerstagmittag hielt Steinmeier, vor zwei Wochen als Bundespräsident im Amt bestätigt, bei einem kurzen Auftritt in Berlin Putin vor, "unter lügnerischen Vorwänden einen Angriffskrieg entfesselt" zu haben. Er forderte Putin auf: "Stoppen Sie den Wahnsinn dieses Krieges jetzt."

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