Kiel:Koalitionsstreit um Verbot der Vollverschleierung währt an

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Lasse Petersdotter (Bündnis90/Die Grünen) spricht während der Sitzung des Landtages. (Foto: Carsten Rehder/dpa/Archivbild)

Der Koalitionskonflikt um ein Vollverschleierungsverbot an Hochschulen in Schleswig-Holstein schwelt weiter. Die Grünen-Fraktion lehnt ein Verbot auch nach...

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Kiel (dpa/lno) - Der Koalitionskonflikt um ein Vollverschleierungsverbot an Hochschulen in Schleswig-Holstein schwelt weiter. Die Grünen-Fraktion lehnt ein Verbot auch nach einer umfangreichen Landtagsanhörung einstimmig ab. „Es gab bei der Anhörung starke Argumente gegen ein Verbot und auch dagegen, die Entscheidung über ein Verbot in die Hochschulen zu verlagern“, sagte der Grünen-Hochschulpolitiker Lasse Petersdotter am Donnerstag. Seine Fraktion habe sich einstimmig gegen ein Verbot ausgesprochen.

Die Koalitionspartner CDU und FDP bleiben dagegen bei ihren Forderungen nach der Verankerung eines Vollverschleierungsverbots im Hochschulgesetz. Hintergrund ist der Fall einer muslimischen Studentin der Kieler Christian-Albrechts-Universität. Die Hochschule hatte ihr eine Vollverschleierung in Lehrveranstaltungen verboten. Die Studentin kam trotzdem immer wieder auch verschleiert zu Veranstaltungen. Die Uni hatte das Land deshalb gebeten, eine Regelung zu schaffen, die ein Verbot möglich machen würde.

„Die Entscheidung der Grünen, die Kieler Universität in ihrem Anliegen, Vollverschleierung im Hörsaal zu verbieten, nicht zu unterstützen, ist für uns vollkommen unverständlich“, sagte der CDU-Bildungspolitiker Tobias von der Heide. Er habe den Eindruck gehabt, dass sich auch viele Mitglieder der Grünen gegen die Vollverschleierung aussprechen, da es sich um ein Symbol der Unterdrückung von Frauen handele. „Wir bleiben bei unserer Position, dass Vollverschleierung nicht zu einer freiheitlichen Gesellschaft passt.“ Mit ihr werde eine rote Linie überschritten.

Auch Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sah eine gesetzliche Regelung als zwingend erforderlich an, damit die Hochschulen selbst entscheiden könnten, wie sie mit der Vollverschleierung etwa in Prüfungssituationen umgehen. „Hier ist das Parlament in der Pflicht, die entsprechende Regelung für die Hochschulen zu treffen“, sagte Prien. „Es geht nicht darum die Vollverschleierung pauschal zu verbieten, sondern den Hochschulen den rechtlichen Rahmen für konkrete Lösungen vor Ort zu verschaffen. Dabei darf die Politik unsere Hochschulen nicht im Stich lassen.“

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt bedauerte den Beschluss des Koalitionspartners. „Das bisherige Verbot zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen mit Nikab wurde von der Studentin ja offenbar ignoriert, was auch für sich spricht.“ Die Hochschulen sollten selbst regeln können, wie sie mit der Vollverschleierung in ihren Veranstaltungen umgehen. „Leider bleibt die Rechtslage für die Hochschulen nun weiter unklar und das ist sehr unbefriedigend. Dass die Emanzipation der Frau davon abhängen soll, dass sie vollverschleiert in der Uni sitzen darf, erschließt sich mir nicht.“ Es gehe um die Frage des Umgangs mit Extremismus und Fundamentalismus. Er würde sich dabei eine klare gemeinsame Linie wünschen, sagte Vogt.

Der Grünen-Abgeordnete Petersdotter bezeichnete die Menge und Qualität der schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen in der Anhörung als gute Diskussionsgrundlage. Die Debatte über Vollverschleierungen werde „oftmals durch Unwahrheiten verzerrt“. Grünen-Landeschefin Ann-Kathrin Tranziska fühlte sich durch die Ergebnisse der Anhörung bestätigt. „Eine weltoffene und rechtsstaatliche Gesellschaft zeichnet aus, dass religiöse Symbole getragen oder auf sie verzichtet werden kann.“ Ihre Partei lehne ein Verbot der Vollverschleierung weiter ab und werde „in der Koalition keinem derartigen Vorhaben zustimmen“.

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