Berlin:Kultursenator: Ansprüche der Hohenzollern „schon grotesk“

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Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator, auf dem Parteitag seiner Partei Die Linke. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Berlins Kultursenator Klaus Lederer hat die Position der Familie Hohenzollern in Gesprächen mit der öffentlichen Hand kritisiert. "Es mutet schon grotesk an,...

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Berlin (dpa) - Berlins Kultursenator Klaus Lederer hat die Position der Familie Hohenzollern in Gesprächen mit der öffentlichen Hand kritisiert. „Es mutet schon grotesk an, dass es keinen öffentlichen Aufschrei gibt angesichts der Tatsache, dass dieses Adelshaus, das ja heute immer noch auftritt, als existiere die Monarchie noch, als ein solches überhaupt Herausgabeansprüche gegenüber der öffentlichen Hand geltend macht“, sagte der Linke-Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin.

Der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg verhandeln seit 2014 mit den Nachfahren der letzten Monarchie in Deutschland. Ziel ist eine gütliche Einigung über Kunst- und Sammlungsobjekte, die teils als Leihgaben in Schlössern und Museen ausgestellt sind. Die Gespräche sind aktuell ausgesetzt, nachdem Brandenburg im Sommer einen bis dahin ruhenden Prozess mit den Hohenzollern um nach dem Krieg im Osten enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat.

Lederer verwies auf eine juristische und eine politisch-moralische Dimension der Debatte. Anhand der Gutachten könne sich jeder „ein Bild machen über die geschichtspolitische Fragestellung, ob die tatsächlich im Widerstand zu den Nazis standen, oder ein Adelsgeschlecht waren, das über eine ganze Epoche die deutsche Geschichte massiv beeinflusst hat, das gemeinsam mit dem Generalstab der Reichswehr an einer aggressiven Rüstungs- und Außenpolitik gearbeitet hat, die in zwei Weltkriegen mündete, und das der Beseitigung der Weimarer Republik ganz klar mit Sympathie begegnete.“

Der Kultursenator bezeichnete es als „Ausdruck der deutschen Zustände“, dass über die Frage von Entschädigung für die Hohenzollern diskutiert werde, während sich die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs „bis heute weigert, Entschädigung für den Genozid an den Herero und Nama während der deutschen Kolonialherrschaft unter Wilhelm II. zu leisten“.

Die Rechtslage ist aus Sicht des Juristen Lederer kompliziert. „Eine gerichtliche Klärung könnte sich über Jahre hinziehen und würde über Jahre hinweg auch die Kultureinrichtungen mit ihren Kulturgütern in den Status von Unsicherheit und Unklarheit versetzen.“ Darum seien die Verhandlungen nachvollziehbar. „Nicht deswegen, weil ich es politisch-moralisch akzeptabel finde, dass die Hohenzollern Forderungen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland oder einzelnen Ländern erheben, sondern weil die Rechtssituation ist, wie sie ist.“

„Das zwischendurch mal angedeutete Verlangen, in ehemalige Herrschaftshäuser einziehen zu können, als sei die Weimarer Republik nie gewesen und als sei das Dritte Reich nie gewesen und als hätte Kronprinz Wilhelm nicht mindestens mit allen Sympathien gegenüber den aufstrebenden Machthabern der NS-Diktatur agiert, das ist schon grotesk“, sagte Lederer.

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