Krieg in Syrien:Putin bezweifelt Verantwortung Assads für Chemiewaffeneinsatz

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Das habe man schon einmal erlebt, sagt Russlands Präsident Putin zu den Vorwürfen gegen Syrien - und verweist auf den Irakkrieg. (Foto: AFP)
  • Russlands Präsident Putin nimmt das Regime des syrischen Machthabers Assad vor dem von den USA erhobenen Vorwurf eines Giftgasangriffs in Schutz.
  • Er vergleicht die Äußerungen Washingtons mit den angeblichen Beweisen, die die USA 2003 vorlegten, bevor sie den Irak angriffen.
  • Putin will den Chemiewaffeneinsatz im syrischen Khan Scheikhun von den UN untersuchen lassen.

Ist die Regierung in Damaskus für den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff im syrischen Khan Scheikhun verantwortlich? Die USA zeigen sich davon überzeugt. Andere westliche Staaten - darunter Deutschland - stützen diese Sichtweise. Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Vorwürfe nun hingegen zurückgewiesen - unter Verweis auf die angeblichen Beweise, mit denen Washington vor mehr als zehn Jahren seinen Einmarsch im Irak begründete.

"Es erinnert mich an die Ereignisse 2003, als Vertreter der USA dem UN-Sicherheitsrat etwas zeigten, wovon sie behaupteten, dass dies chemische Waffen im Irak seien", sagte Putin zu Pressevertretern in Moskau. Man habe all das schon einmal erlebt. Die damals von den USA erhobenen Vorwürfe gegen den Irak hatten sich tatsächlich als unhaltbar herausgestellt. US-Waffeninspekteure fanden in dem Land keinerlei Belege für die Existenz von Massenvernichtungswaffen.

Putin warf westlichen Staaten vor, US-Luftangriffe auf eine syrische Militärbasis nur deshalb öffentlich unterstützt zu haben, um ihr Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump zu verbessern. Die USA hatten als Reaktion auf den Chemiewaffeneinsatz in der Provinz Idlib den Militärstützpunkt bombardiert, von dem die zwei Jets mit den chemischen Kampfstoffen ihren Angaben nach gestartet sein sollen.

Moskau will Chemiewaffeneinsatz von den UN untersuchen lassen

Der russische Präsident kündigte an, sein Land werde die UN bitten, den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien zu untersuchen. Zudem teilte er mit, dass Russland auch Geheimdienstinformationen über erst geplante "Provokationen" mit Chemiewaffen erhalten habe. In anderen Teilen Syriens, darunter den südlichen Vororten von Damaskus, planten Gegner Assads wieder, "Substanzen" unterzuschieben und dann der syrischen Regierung den Einsatz chemischer Kampfstoffe vorzuwerfen.

Der russische Generalstabschef Sergej Rudskoj sagte, die syrische Regierung sei bereit, internationale Experten den Militärstützpunkt in Syrien nach Hinweisen auf Chemiewaffen untersuchen zu lassen. Russland werde für die Sicherheit der Fachleute sorgen, sagte er.

Unterdessen teilte die russische Regierung mit, dass in Khan Scheikhun wie bereits vermutet der Kampfstoff Sarin eingesetzt worden sei. Das hätten Untersuchungen in der Türkei ergeben, teilte der türkische Gesundheitsminister Recep Akdag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge mit. Urinproben von Opfern hätten bestätigt, dass sie dem Nervengas ausgesetzt gewesen waren. Auch drei Todesopfer wurden obduziert. Dabei waren auch Fachleute der Weltgesundheitsorganisation und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen zugegen.

US-Außenminister in Russland eingetroffen

Trotz des derzeit sehr schlechten Verhältnisses hofft Russland auf einen produktiven Dialog beim Besuch von US-Außenminister Rex Tillerson in Moskau. Der US-Chefdiplomat ist dort am Dienstagnachmittag zu zweitätigen Gesprächen eingetroffen. "Es ist offensichtlich, dass die russisch-amerikanischen Beziehungen die schwierigste Zeit seit dem Ende des Kalten Krieges durchleben", hieß es aus dem Außenministerium. Im Syrien-Konflikt wolle Russland herausfinden, ob die USA zum gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus bereit seien.

Tillerson seinerseits sagte beim G-7-Gipfel im italienischen Lucca, Moskau müsse sich entscheiden, ob es sich mit den USA und deren Partnerstaaten abstimmen oder mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, Iran und der Hisbollah-Miliz verbündet sein wolle. Der US-Außenminister warf der russischen Regierung vor, seine Pflichten zu einer Säuberung Syriens von Chemiewaffen entweder nicht ernst genommen oder sich dabei unfähig gezeigt zu haben.

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Zahlreiche Menschen sollen in Syrien durch Chemiewaffen ums Leben gekommen sein. Russland behauptet, Assads Armee habe bei Luftschlägen ein Depot der Aufständischen getroffen. Doch das ist unwahrscheinlich.

Von Paul-Anton Krüger

Die G-7-Außenminister forderten Russland dazu auf, seinen Einfluss auf Syrien geltend zu machen, wollten allerdings keine neuen Sanktionen gegen Moskau verhängen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.

Russland zeigte sich offenbar unbeeindruckt: Zwei Tage nach der Abreise Tillersons plant Moskau demonstrativ ein Dreiertreffen mit Syrien und Iran, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldet.

© SZ.de/AP/AFP/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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