Diskussion über Kormorane:Fischers Feind

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Typisch Kormoran: ausgebreitete Flügel, großer Hunger auf Fische. (Foto: Ethan Meleg/IMAGO/SuperStock)

Der Kormoran war in Europa mal fast ausgestorben, nun sprechen manche von einer Plage und wollen den gefräßigen Vogel am Brüten hindern.

Von Thomas Hummel

So ein Kormoran kann die Fischer in die Verzweiflung treiben. Etwa am Dassower See, einer Seitenbucht der Ostsee bei Lübeck. Laut einer Untersuchung verschlinge diese Vogelart dort im Jahr zwischen 100 und 120 Tonnen Dorsch, teilt der Deutsche Fischerei-Verband mit, das sei weit mehr als alle deutschen Fischer in der gesamten westlichen Ostsee fangen dürfen. Laut des Landesfischereiverbandes Bayern ist wegen des Vogels die Erhaltung der heimischen Fischarten Äsche, Nase, Barbe, Forelle, Hasel und Döbel bedroht. Am Bodensee soll er allein im Jahr 2021 stolze 300 Tonnen Fisch gefressen haben. Und aus Sachsen heißt es, dass die 800 Jahre alte Tradition der Karpfenteichwirtschaft bald am Ende sein werde. Der Kormoran - Bösewicht der Lüfte?

Etwa 90 Zentimeter groß, glänzend schwarze Federn, gerne sitzt er aufgerichtet und mit ausgebreiteten Flügeln auf Baumästen oder Stegen oberhalb eines Gewässers. Der Kormoran ernährt sich quasi nur von Fischen, ist dabei nicht wählerisch, er holt sich alles, was nicht zu groß und leicht zu kriegen ist. Er greift gerne in Gruppen an, und kann lange und tief tauchen. Fischereiverbände sind in heller Aufregung, von Schäden in Höhe von Hunderten Millionen Euro ist die Rede.

Dabei galt der Kormoran Anfang der 1980er-Jahre europaweit fast als ausgestorben. Die Europäische Union stellte den Vogel dann unter Schutz, es folgte eine fast beispiellose Erholung. Allein im Gebiet Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Dänemark soll es aktuell etwa 50 000 Brutpaare geben, im gesamten Ostseeraum mit Schweden, Finnland und Estland bis zu 220 000.

Der Nabu macht andere Faktoren für das Fischsterben verantwortlich

Das sind jetzt auch für die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zu viele. Sie bringt am Freitag einen Antrag in den Bundestag ein, in dem sie ein bundesweites "Kormoranmanagement" fordert, einen "Aktionsplan Kormoran". Dem Schutz heimischer Fischarten solle man den gleichen Stellenwert zugestehen wie dem Vogelschutz, steht darin. Es solle ermöglicht werden, dass Eier des Vogels eingeölt oder Elterntiere nachts vom Nest vertrieben werden, damit die Eier auskühlen. Beides kann zum Absterben der Embryos führen. Der Fischereiverband jubelt: "Wir begrüßen den Antrag ausdrücklich."

Doch ist wirklich der Kormoran schuld am Fischsterben? Der Bestand regionaltypischer Arten habe sich in den vergangenen 20 Jahren um bis zu 97 Prozent verringert, schreibt die Unionsfraktion. Naturschützer wiegeln ab. Der Vogel sei natürlich nicht für die eingebrochenen Bestände verantwortlich, erklärt Kim Detloff vom Naturschutzbund (Nabu), das sei ein "durchsichtiges Manöver", um von den wahren Problemen abzulenken. Etwa die hohe Konzentration von Nährstoffen in Gewässern, verursacht oft durch zu viel Dünger in der Landwirtschaft. Oder die Auswirkungen der Erderwärmung.

Derzeit untersucht das Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock, ob der hungrige Kormoran ursächlich ist für den historischen Rückgang der Dorsch-Bestände. Für den Deutschen Fischerei-Verband steht die Antwort schon fest: "Vergrämung und eine deutliche Bestandsreduzierung sind notwendig."

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