Gipfel-Organisation:Wer zahlt die 6000-Dollar-Suite von Kim Jong-un?

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Kim Jong-un bei einer Besichtigungstour des Marina Bay Sands Hotel in Singapur. (Foto: AFP)

Welche Farben hat der Blumenschmuck beim Gipfel? Und bekommt Kim einen Hocker, weil Trump größer ist? Die Verhandler der USA und Nordkorea hatten im Vorfeld einiges zu besprechen.

Von Thorsten Denkler, New York

Es ist hoffentlich nur ein Bluff. Wenn nämlich wahr ist, was US-Präsident Donald Trump über den Stand seiner Vorbereitungen auf das Treffen mit Kim Jong-un am kommenden Dienstag sagte, dann kann sich der nordkoreanische Diktator entspannt zurücklehnen. Er fühle sich gut vorbereitet, sagt Trump. Aber er glaube auch nicht, dass besonders viel Vorbereitung nötig sei. Es gehe ja mehr um die Haltung. Um den Willen, etwas zu verändern. So spricht der weltgrößte Dealmaker.

Seine Mitarbeiter dürften im Dreieck gesprungen sein, als sie das gehört haben. Erst seit wenigen Wochen ist klar, dass das Treffen am 12. Juni in Singapur stattfinden soll. Das ist nicht viel Zeit, um einen Gipfel vorzubereiten, der von manchen Menschen als das Ereignis des Jahrzehnts bezeichnet wird. Trump mag glauben, es werde schon reichen, sich nur oberflächlich vorbereitet an einen Tisch mit Kim zu setzen. Damit dürfte er allerdings unter allen, die an der Vorbereitung beteiligt sind, der Einzige sein.

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Es ist ja nicht nur so, dass es das erste Treffen eines amtierenden US-Präsidenten mit einem nordkoreanischen Staatschef ist. Kim hatte erst im März seinen ersten direkten Kontakt mit einem ausländischen Staatschef. Nordkorea ist weitgehend isoliert. Die wenigen Kontakte, die es ins Ausland pflegt, finden meist höchstens auf Ministerebene statt. Außerdem sind beide Länder noch im Krieg miteinander, seit über 60 Jahren. Nach dem Korea-Krieg wurde nie ein Friedensvertrag unterschrieben. Da gibt es also einiges zu besprechen im Vorfeld. Und das betrifft nicht nur die Tagesordnung für das Gespräch.

Ganz oben steht die Sicherheit. Die Maschinerie des Secret Service, der Schutzpolizei des Weißen Hauses, ist gut geölt. Trump wird von vielen Dutzend Agenten des Secret Service begleitet, die schon im Vorfeld jeden Zentimeter Boden checken, den Trump vermutlich betreten wird. Außerdem bringt er seinen eigenen Fuhrpark mit. Neben der Präsidentenlimousine "Beast" auch noch eine Reihe anderer gepanzerter Fahrzeuge und Hubschrauber. Auf US-Seite dürfte also soweit alles in Ordnung sein.

Auch die Sicherheitsbehörden in Singapur sind Gipfel gewohnt. Die Sicherheitsleute von Kim hingegen gelten zwar als gut ausgebildet. Aber es gibt kein eingespieltes Reise-Team. Nordkoreas Machthaber haben dafür einfach zu wenig Auslandsreisen absolviert.

Kim ist bekannt dafür, große Angst vor Anschlägen zu haben

Erstmals müssen diese drei Seiten jetzt in Sicherheitsfragen zusammenarbeiten. Und zwar so, dass sich Nordkorea nicht übergangen oder bevormundet fühlt. Und so, dass der Secret Service nicht zu viele Details seiner Schutzstrategien für den Präsidenten an Nordkorea verraten muss.

Kim ist bekannt dafür, große Angst vor Anschlägen auf ihn zu haben. Wie weit das geht, hat er gezeigt, als es Ende April zum ersten Treffen von Kim mit seinem Gegenüber Moon Jae-in aus Südkorea im Grenzort Panmunjom kam. Kim ließ sich in einer gepanzerten Stretch-Limousine des deutschen Autobauers Mercedes-Benz von zwölf Leibwächtern begleiten, die neben dem Auto her joggten. Fünf auf jeder Seite, zwei hinterher.

Als Tagungsort wurde das 5-Sterne-Hotel Capella an der Südküste von Singapur ausgewählt. Es liegt auf der Hotelinsel Sentosa und ist nur über eine Brücke mit dem Festland verbunden. Die Insel lässt sich also leichter kontrollieren als ein Hotel im Inland. Das Capella liegt auf einem Hügel, was die Übersicht erleichtert. Und es verfügt über genug Grünflächen, damit Helikopter landen können. So wird vermutlich Trump dort hinkommen. Sein Hotel, das Shangri-La, liegt etwa zehn Kilometer vom Capella entfernt im Landesinneren.

Nordkorea war zudem wichtig, in keinem Hotel zu tagen, das in US-amerikanischer Hand ist. Das Capella gehört tatsächlich Investoren aus Singapur.

Für beide Seiten wird wichtig sein, welche Bilder von dem Treffen in die Welt gehen. In seiner Heimat wird Kim wie ein Gott verehrt. Aber ein Gott, der mindestens einen Kopf kleiner ist als Trump? Das könnte Probleme aufwerfen. Als die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright einst Kims Vater in Nordkorea besuchte, trug sie Schuhe mit Absatz. Kim Jong-il tat es ihr gleich, damit auf den Fotos Augenhöhe hergestellt war. Wie Kim Jong-un den Größenunterscheid zu Trump ausgleicht, ist unklar. Er könnte Bilder im Stehen umgehen, indem er nur Bilder im Sitzen zulässt.

Die Frage der Bilder betrifft noch weit mehr Aspekte: Welchen Blumenschmuck wird es in welchen Farben geben? Gibt es im Tross Allergiker, die auf bestimmte Pflanzen reagieren? Sind die Fähnchen und Flaggen der USA und Nordkoreas gleich groß und gleicher Machart? Nicht, dass die US-Flagge irgendwie besser aussieht als die von Nordkorea.

Interessant sein wird auch, wie groß der Tisch ist, an dem beide sitzen werden. Und an welcher Seite des Tisches wer Platz nimmt. Wer darf außer ihnen noch im Raum sein? Die Zahl und Dauer der Pausen? Was zum Lunch und zum Dinner gereicht wird? Alles hat symbolische Bedeutung.

Schon die Getränkeauswahl ist ein Politikum. Trump trinkt nur Wasser und Tee. Kim ist auch für Wein zu haben. Aber welchen Wein trinkt der Diktator? Welchen Tee bevorzugt Trump? Und das Wasser? Sprudelnd oder still?

Völlig unklar ist noch, ob es eine gemeinsame Abschlusserklärung von Trump und Kim geben wird. Oder ob die Presse Fragen stellen darf. Beide sind ja bekannt dafür, der freien Presse eher skeptisch gegenüberzustehen.

Der US-Stabschef kann entscheiden - der nordkoreanische nicht

Die Verhandlungen über all diese Details sollen nicht einfach sein. Für die US-Seite ist seit einiger Zeit der stellvertretende Stabschef Joe Hagin in Singapur. Er hat ähnliche Treffen schon für Präsident George W. Bush vorbereitet. Hagin hat genug Prokura, um vor Ort entscheiden zu können. Sein Gegenüber ist Kim Chang-son, der im nordkoreanischen Außenministerium eine ähnliche Rolle hat. Der muss sich im Gegensatz zu Hagin wegen jeder Kleinigkeit mit Pjöngjang rückkoppeln, heißt es. Was das Ganze etwas zäh machen dürfte.

Zuletzt mussten beide die Frage klären, wer eigentlich für die Kosten aufkommt. Also auch für jene, die der nordkoreanischen Seite entstehen. Nordkorea hat offenbar nicht vor, irgendetwas davon zu bezahlen. Es will aber auch nicht, dass die USA dafür aufkommen. Die wären dazu durchaus bereit gewesen. Auch wenn sie damit sehr wahrscheinlich gegen die strengen Sanktionen gegen Nordkorea verstoßen hätten.

Dass Nordkorea andere zahlen lässt, wenn die Staatsführung verreist, hat schon Tradition. Die Reisekosten der nordkoreanischen Delegation zu den vergangenen olympischen Winterspielen etwa hat Südkorea getragen: Alles in allem über 2,6 Millionen Dollar.

Kim will jetzt angeblich im Fullerton Hotel nächtigen. Allein die Präsidenten-Suite dort soll 6000 Dollar pro Nacht kosten. Er könnte aber auch im Regis absteigen, was nicht wesentlich günstiger werden dürfte. Trumps Suite ist etwas teurer: etwa 7500 Dollar für die Nacht zum 12. Juni.

Inzwischen haben sich Privatpersonen gemeldet, die die Kosten übernehmen würden. Etwa der Chef eines in Florida ansässigen Buchungsportals. Er würde die Kosten übernehmen, weil, "wer will keinen Weltfrieden, richtig?". Außerdem würde auch die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) die Hotelkosten für Kim übernehmen. Das hat ein ICAN-Vertreter Mitte der Woche erklärt. ICAN hat 2017 für sein Engagement den Friedensnobelpreis bekommen.

Wahrscheinlicher ist aber, dass Singapur für die Kosten einsteht. Deren Verteidigungsminister Ng Eng Hen hat gesagt, "Das sind Kosten, die wir gerne übernehmen, um eine kleine Rolle in diesem historischen Treffen spielen zu können."

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