Den zweiten Tag des G-7-Gipfels schenkt sich Donald Trump. Laut Tagesordnung wollen die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten im kanadischen La Malbaie an diesem Samstag über Klima- und Umweltschutz reden. Der amerikanische Präsident wird nicht mehr dabei sein, er reist bereits am Vormittag ab. So, wie die Weltlage derzeit ist, dürften die zurückbleibenden sechs Gipfelteilnehmer darüber ganz froh sein.
Trump sicher auch. Umweltschutz interessiert ihn nicht. Und er hat aus seiner Sicht Wichtigeres zu tun. Am Dienstag will Trump in Singapur Nordkoreas Diktator Kim Jong-un treffen - das ist der Gipfel, auf den Trump hinfiebert. Er ist überzeugt, dass er - und nur er - mit Kim ein historisches Abrüstungsabkommen schließen kann. Um sich darauf zu konzentrieren, hatte er sogar überlegt, seinen Vize Mike Pence nach Kanada zu schicken. Da Trump ihm aber keine großen Auftritte gönnt, ist er dann doch selber gefahren.
Allerdings hat Trump wissen lassen, dass er nur ungern nach Kanada gereist ist. Das lag vor allem daran, dass seine Gesprächspartner dort, anders als Kim Jong-un, wenig Anlass sahen, freundlich zu sein. Von den Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Japan, Italien und Kanada musste der US-Präsident sich in den vergangenen Tagen teils harte Kritik anhören. Das sind allesamt Länder, die in Washington einst als engste Verbündete galten und die sich selber auch so sahen.
Doch das Bündnis wackelt. Trump hat Schutzzölle auf Stahl und Aluminium verhängt, die nicht nur die rivalisierende Wirtschaftsmacht China treffen, sondern auch Kanada, Japan und die EU. Kanada droht er zudem mit dem Ausstieg aus dem Freihandelsabkommen Nafta. Und nur wenige Tage vor dem Inkrafttreten der Zölle hat er das Atomabkommen mit Iran gekündigt - ein massiver Affront gegenüber den Europäern. Trüber könnte die Stimmung in La Malbaie daher nicht sein.
Den von den Zöllen betroffenen Ländern ist auch nicht entgangen, dass Trump diese mit dem Schutz der "nationalen Sicherheit" der USA begründete. Das war ein Tiefschlag, Kanadas Premierminister Justin Trudeau nannte diese Argumentation absurd und beleidigend. "Man erwartet unter Partnern eigentlich einen anderen Umgang und Ton", sagt auch ein europäischer Diplomat.
Nimmt man die verbalen Duelle zwischen Trump, Trudeau und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor dem Gipfel als Maßstab, so existiert derzeit eigentlich keine Staatengruppe mehr, die man G 7 nennen könnte. In Kanada treffen sich, wenn man im Diplomatenjargon bleiben will, allenfalls die G 6+1: sechs Länder, die sich mit einem feindseligen Außenseiter zusammensetzen, der früher einst ein Freund war - bevor Trump kam. "Dem amerikanischen Präsidenten mag es egal sein, ob er isoliert ist", twitterte Macron verbittert. Aber die sechs anderen Länder seien bereit, notfalls ohne Amerika ein Abschlussdokument zu unterzeichnen. "Denn diese sechs Länder repräsentieren Werte", fuhr der Franzose fort.
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Moskaus Verhalten ist nicht kooperativer geworden
Das klang wie eine Kampfansage und wurde von Trump auch so verstanden. Vielleicht schlug er deshalb am Freitag überraschend vor, Russland wieder in die G 7 aufzunehmen, das wegen der Annexion der Krim ausgeschlossen worden war. Bei einem G-8-Gipfel hätte er in Präsident Wladimir Putin einen Kollegen, der die Welt in ähnlichen Kategorien von Macht, Interessen und Einflusssphären sieht. Bundeskanzlerin Angela Merkel wies Trumps Vorschlag jedoch zurück. Die EU-Teilnehmer seien gegen eine Rückkehr Russlands, "solange nicht wirklich substanzielle Fortschritte im Blick auf die Probleme mit der Ukraine erreicht wurden.
Das war die gemeinsame Meinung", sagte sie. Sogar Moskau erklärte lapidar, "wir legen den Akzent auf andere Formate". Der Streit unter den alten Verbündeten wäre vielleicht nicht so augenfällig, wäre der Kontrast zum Nordkorea-Gipfel nicht so harsch. Noch vor einem halben Jahr tauschte Trump mit Kim wüste Beleidigungen und Drohungen aus. Das Weiße Haus erwog einen Militärschlag gegen Nordkorea. Die erstaunlich negative Imagekarriere, die etwa Deutschland in Trumps Washington gemacht hat - vom hochgeschätzten Partner zum misstrauisch beäugten Wirtschaftsrivalen und Sicherheitsschmarotzer -, hat Nordkorea in umgekehrter Richtung geschafft: Der frühere Schurkenstaat gilt jetzt als Friedenspartner, obwohl das Land formell noch immer im Kriegszustand mit den USA ist und Trumps Regierung es auf die Liste jener Staaten gesetzt hat, die Terrorismus fördern. Kim wird nicht mehr als skrupelloser oder verrückter Diktator gesehen, sondern - Zitat Trump - als "ehrenwerter" Mann, mit dem ein Deal möglich ist.
Die Lehre daraus ist ernüchternd: Wer Amerikas Freund ist, wer Amerikas Gegner sind, entscheidet nur ein Mann - Donald Trump.