Bayern und Baden-Württemberg:Es fehlt nur noch das Bienchen um Söders Haupt

Eröffnung Bayerische Landesgartenschau

Markus Söder, hier bei der Landesgartenschau, hat sich mit dem Urgrünen Winfried Kretschmann verbündet.

(Foto: dpa)

Bayerns Ministerpräsident zeigt erstaunliche Wandlungsfähigkeit und tritt an die Seite des Urgrünen Kretschmann. Der Schulterschluss wird beiden nutzen.

Kommentar von Josef Kelnberger

Mit grandioser Selbstverständlichkeit rühmt Markus Söder neuerdings den Wert von Blühstreifen und Hecken, von Ökolandbau, Entschleunigung, nachhaltigem regionalem Wachstum. Wer am Donnerstag im Bayerischen Fernsehen verfolgte, wie der Ministerpräsident mit mildem Lächeln das Volksbegehren "Artenvielfalt" ganz zu seiner Sache machte, konnte glatt den Eindruck haben, da laufe eine Kabarettsendung. Fehlte bloß noch, dass ein Bienchen sein Haupt umsummte. Meint er das wirklich ernst? Jedenfalls ist Söders Lern- und Wandlungsfähigkeit ganz erstaunlich. Es passt ins Bild, dass er nun ein strategisches Bündnis mit einem Urgrünen schmiedet.

Winfried Kretschmann, der baden-württembergische Ministerpräsident, ist ein Anti-Söder: bedächtig bis langsam, ehrpusselig bis stur, ein Mann der langen Linien. Das Insektensterben hat Kretschmann schon vor drei Jahren als großes Thema entdeckt, es hagelte Hohn und Spott. Dem Grünen sei das Schicksal der Bienchen näher als das Schicksal der Menschen, hieß es. Markus Söder hat damals bestimmt gewusst, dass er bald Ministerpräsident werden würde - aber wohl nicht geahnt, dass das Motto "Rettet die Bienen" einmal seine Regierungspolitik prägen würde.

Söder und Kretschmann beleben jetzt die "Südschiene" wieder, die lange Zeit brachliegende Allianz zwischen Bayern und Baden-Württemberg. Eine gemeinsame Kabinettssitzung ist anberaumt, zudem haben die beiden einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben. Sie solle sich im Zuge der Energiewende nicht nur um den Westen und Osten kümmern, sie dürfe den Süden nicht vergessen. Die beiden wirtschaftsstarken Bundesländer bräuchten eine ebenso verlässliche wie umweltfreundliche Energieversorgung. "Bayern und Baden-Württemberg wollen Ökonomie und Ökologie zusammenbringen." Das Zitat stammt nicht von Kretschmann. Es stammt von Söder.

Die beiden Bundesländer haben seit jeher fundamentale gemeinsame Interessen, zunächst als ländlich geprägte Aufsteigerländer, nun als Boomregionen. Zu bewältigen gilt es Energiewende, Agrarwende, Verkehrsprobleme, nicht zuletzt die Transformation der Autoindustrie, an der viele Tausend Arbeitsplätze hängen. Um die Probleme zu lösen, sind grüne Kompetenzen gefragt, deshalb ist es in jeder Beziehung klug, dass der schwarze Markus an die Seite des grünen Winfried tritt, in der Nachfolge von Paaren wie Franz Josef Strauß und Lothar Späth, von Edmund Stoiber und Erwin Teufel. Die CSU muss Anschluss an den grünen Zeitgeist finden, sonst droht ihr das Schicksal der Südwest-CDU: Machtverlust und Sinnkrise nach jahrzehntelanger Hegemonie. Ein Imagetransfer kann auch Söder persönlich nicht schaden. Kretschmann gilt als beliebtester deutscher Ministerpräsident, der Name Söder taucht am anderen Ende dieser Rangliste auf.

Aber auch Winfried Kretschmann mag jenseits aller Sachpolitik seine Hintergedanken haben, wenn er gemeinsame Sache macht mit den in Baden-Württemberg allseits bewunderten Bayern. Er hat der CDU bereits viele bürgerlich-konservative Wähler abspenstig gemacht. Das Bündnis mit Markus Söder könnte den Eindruck verstärken: Grün ist im Südwesten das bessere Schwarz.

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Der bayerische Ministerpräsident betont neuerdings den Wert von ökologischer Landwirtschaft und Artenschutz und sucht mit Winfried Kretschmann, dem Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Urgrünen den Schulterschluss.

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