Prozess gegen "Knockout 51":Anwalt fordert Einstellung des Verfahrens

Lesezeit: 2 min

Der Angeklagte Leon R. (Mitte) wird als mutmaßlicher Rädelsführer in den Jenaer Verhandlungssaal geführt. (Foto: Bodo Schackow/dpa)

Im Prozess gegen die rechtsextreme Kampfsportgruppe "Knockout 51" sieht die Verteidigung elementare Rechte des Hauptangeklagten verletzt. Die Bundesanwaltschaft widerspricht.

Von Iris Mayer, Jena

Im Prozess gegen die rechtsextreme Kampfsportgruppe "Knockout 51" hat die Verteidigung des Hauptangeklagten Leon R. schwere Vorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft erhoben und eine Einstellung des Verfahrens beantragt. Der Anwalt des 25-Jährigen verlas am Montag vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Jena eine Erklärung, wonach die Grundsätze eines fairen Verfahrens für seinen Mandanten nicht gegeben seien.

Leon R. und drei weiteren Angeklagten wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, die mit "Knockout 51" in Eisenach als selbst ernannter Ordnungsmacht einen Nazi-Kiez habe schaffen wollen. Außerdem wird ihnen mehrfache gefährliche Körperverletzung, Verstoß gegen das Waffenrecht und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Last gelegt. Laut Anklage war es spätestens ab April 2021 Ziel der Gruppe, Linksextremisten zu töten, dafür habe es konkrete Vorbereitungen gegeben.

Die Angeklagten seien auf eine Stufe mit Terroristen gestellt worden

Steffen Hammer, einer der beiden Verteidiger von Leon R., sagte am Montag: "Der Vorwurf, den Kampf gegen rechts nicht ausreichend im Blick zu haben, gleicht in Deutschland einer Majestätsbeleidung." Die Angeklagten seien in der Öffentlichkeit auf eine Stufe mit Terroristen gestellt worden. Die Bundesanwaltschaft hatte zunächst Anklage wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung erhoben, das Gericht ließ jedoch nur den weniger schweren Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Hauptverhandlung zu.

Sein Mandant sei gezwungen worden, als Zeuge im Linksextremisten-Prozess gegen Lina E. vor dem Oberlandesgericht in Dresden auszusagen, erklärte Hammer. Dabei sei Leon R. zu seiner Person und "Knockout 51" befragt worden, obwohl dessen damaliger Anwalt auf das laufende Ermittlungsverfahren gegen R. hingewiesen habe. Dies sei ein Verstoß gegen elementare Rechtsgrundsätze: "Unser Mandant hätte das Recht haben müssen, zu schweigen", sagte Hammer.

Es sei bedauerlich, dass die Bundesanwaltschaft - die auch im Verfahren gegen Lina E. die Anklage vertrat - damals behauptet habe, nichts von dem Verfahren gegen R. gewusst zu haben. Schon ein Blick ins Verfahrensregister hätte laut Hammer für Klarheit gesorgt. Eine Woche nach der Zeugenaussage in Dresden sei sein Mandant verhaftet worden, nun sitze er seit 16 Monaten in Untersuchungshaft. Die Gruppe um die Kasseler Studentin Lina E. war unter anderem wegen zweier Überfälle auf R. verurteilt worden: Im Oktober 2019 hatte die Gruppe sein Lokal "Bull's Eye" überfallen, wenige Wochen später wurde Leon R. vor seinem Wohnhaus in Eisenach attackiert.

Einige Zuschauer applaudierten und johlten

Während die Bundesanwaltschaft bei Lina E. und ihren Gesinnungsgenossen "partout keine terroristische Vereinigung" habe sehen wollen, werde bei den Angeklagten im "Knockout 51"-Prozess jede noch so banale Tat "in einem Akt des juristischen Harakiri" politisch aufgeladen. "Die Opfer der Hammerbande werden hier in der medialen Rezeption zu Tätern gemacht", erklärte Hammer.

Für die Bundesanwaltschaft entgegnete Oberstaatsanwalt Michael Neuhaus, der Antrag auf Einstellung des Verfahrens entbehre jeglicher Grundlage. Die Angaben von R. aus Dresden hätten "keinerlei Eingang in die Beweisführung" gefunden. R. hatte in Dresden ausgesagt, bei "Knockout 51" habe es sich um ein Sportprojekt gehandelt.

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Unter den Zuschauern gab es für das Eröffnungsstatement der Verteidigung Applaus und zustimmendes Gejohle. Auf die wenigen Beobachterplätze hatten es vor allem Anhänger der rechtsextremen Szene durch die Einlasskontrollen geschafft. Während die Justizbeamten in Outfits von Szene-Events wie "Kampf der Nibelungen" keinen Grund zum Einschreiten sahen, musste die linke Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuß Notizblock und Stift abgeben, da es sich dabei um potenziell gefährliche Gegenstände handele.

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