Rechtsextremismus-Prozess:Mindestens 80 Kilo Kampfgewicht

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Der Angeklagte Leon R. wird als mutmaßlicher Rädelsführer in den Verhandlungssaal des OLG Jena geführt. (Foto: Bodo Schackow/DPA)

In Jena stehen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Gruppe "Knockout 51" vor Gericht. Laut Anklage soll ein Ziel der Vereinigung gewesen sein, Linksextremisten zu töten.

Von Iris Mayer, Jena

Spätestens bei der Einlasskontrolle am Oberlandesgericht Jena wird am Montag klar, dass der Staatsschutzprozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportgruppe "Knockout 51" kein normales Verfahren wegen einer Serie von Körperverletzungen ist. Beim Betreten des Justizgebäudes werden Besucher und Berichterstatter penibel kontrolliert, müssen einen Metalldetektor passieren. Im Verhandlungssaal schirmt eine doppelte Reihe aus Polizeibeamten die Prozessbeteiligten von den Zuschauern ab.

Der Hauptangeklagte Leon R. , nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft Rädelsführer und Kopf von "Knockout51", wird als letzter der vier Angeklagten in Handschellen in den Saal geführt. Alle sitzen seit April 2022 in Untersuchungshaft, sind zwischen 21 und 25 Jahre alt. Als Oberstaatsanwalt Michael Neuhaus von der Bundesanwaltschaft die Anklageschrift verliest, lässt sich keine Regung in ihren Gesichtern ablesen, auch die Unterstützer aus der rechtsextremen Szene bleiben still. Sie sind zahlreich zum Prozessauftakt erschienen, auch die Familie von Leon R. ist im Saal.

Hartes körperliches Training, zweimal pro Woche

Etwa eine Stunde lang zeichnet die Anklage das Bild einer kriminellen Vereinigung, die körperliche Fitness nutzte, um zielgerichtet rechtsextreme Interessen durchzusetzen und in Eisenach als selbst ernannte Ordnungsmacht einen Nazi-Kiez zu schaffen. Von Beginn an sei es um körperliche Gewalt gegangen, spätestens ab April 2021 sei auch das Töten von Linksextremisten Ziel der Vereinigung gewesen. Leon R. habe ein straffes Regiment geführt, die ideologische Schulung übernommen, sich überregional mit anderen Neonazis vernetzt und die Regeln definiert.

Wer bei "Knockout 51" mitmachen wollte, musste demnach bereit sein für die rechtsextreme Sache zu kämpfen. Dazu gehörte neben hartem körperlichen Training zweimal pro Woche ein Mindestkörpergewicht von 80 Kilo. Im Bankdrücken hätten die Männer 80 bis 90 Kilo schaffen müssen, so schildert es Oberstaatsanwalt Neuhaus. Ein halbes Jahr lang hätten sich Anwärter beweisen müssen, bevor sie aufgenommen wurden. Erst dann hätten sie die Kleidung von "Knockout 51" tragen oder sich entsprechende Tattoos stechen lassen dürfen. Einen der Mitangeklagten habe R. zwischenzeitlich ausgeschlossen, als dessen Disziplin nachließ.

Das Gericht ließ den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung nicht zu

Die Vereinskasse führte R. laut Anklage selbst, er verlangte 20 Euro Monatsbeitrag fürs Training. Systematisch seien die Kämpfer bei den Trainings in der NPD-Parteizentrale im "Flieder Volkshaus" in Eisenach an Schmerzen gewöhnt worden. Neben mehrfacher gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wirft die Bundesanwaltschaft Leon R. und seinem Mitangeklagtem Bastian A. auch Verstöße gegen das Waffengesetz vor. R. habe versucht, mittels eines 3D-Druckers wesentliche Teile einer Maschinenpistole zu produzieren.

Geht es nach der Bundesanwaltschaft, müssten sich die Angeklagten wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Das Gericht ließ aber nur den weniger schweren Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung zu. Für nächste Woche haben die Anwälte von Leon R. eine Erklärung angekündigt.

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