Klimaschutzgesetz:Die Koalition rettet vorerst nur ihr eigenes Klima

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Im Dezember in Kattowitz, bei der Klimakonferenz: Es sah so aus, als müsse sich Ministerin Svenja Schulze verteidigen gegen Aktivisten, denen das alles zu langsam geht. Könnte sein, dass es genau so ist. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)
  • Mehrmals hat Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) die Vorstellung ihres Klimaschutzgesetzes bereits verschoben. Jetzt legt der Koalitionsausschuss es auf Eis.
  • In Unionskreisen gibt man zu, selbst noch nicht genau zu wissen, was man wolle. Deswegen sei das Vorhaben "geschoben, aber nicht gestorben".
  • Bei der Umweltpolitik kommen Union und SPD bislang nicht recht zusammen.

Von Michael Bauchmüller und Nico Fried, Berlin

Der Entwurf ist fertig, eigentlich ist alles bereit. Das Klimaschutzgesetz soll zum zentralen Projekt von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) werden: Zum ersten Mal würde eine Regierung damit nicht nur vollmundig irgendwelche Ziele aufstellen, sondern das Ganze auch mit einem Gesetz absichern. Schon vergangene Woche wollte Schulze das Gesetz vorstellen, daraus wurde nichts. Nächster Mittwoch, das war der neue Plan. Doch auch der ist nicht mehr zu halten. Die Spitzen der Koalition spielen nicht mit.

Beim Koalitionsausschuss am Mittwochabend legten Union und SPD das Vorhaben auf Eis. Das Gesetz, so heißt es nun aus Unionskreisen, habe zu viel Sprengstoff enthalten. Um das Klima in der Koalition nicht erneut zu gefährden, will die Koalition die Sache mit dem Weltklima erst einmal aufschieben.

Im Koalitionsvertrag ist der Auftrag für Schulze klar geregelt: Noch in diesem Jahr soll die Regierung "eine rechtlich verbindliche Umsetzung verabschieden". Die wiederum soll sicherstellen, dass Deutschland seine Klimaziele für 2030 einhält. Wie sich das schaffen lässt, sollten Experten ersinnen: eine eigene Kommission für den Klimaschutz im Verkehr, eine andere zu Gebäuden. Und das alles "zeitlich parallel" zu der Arbeit der Kohlekommission.

Zumindest letztere hat geliefert. Ende Januar legte sie einen umfassenden Plan für den Abschied von der Kohlekraft vor, samt Hilfen für die betroffenen Regionen. Doch eine Kommission zur "Zukunft der Mobilität" tagt immer noch; nach Lage der Dinge wird sich der Abschlussbericht verzögern. Zuständig ist hier Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der bislang für Umwelt und Klima wenig Sympathien hat erkennen lassen. Die Kommission für Klimaschutz in Gebäuden, unter der Ägide des Bauministeriums von Horst Seehofer, ist noch nicht einmal eingesetzt. Unklar ist sogar, ob sie überhaupt eingesetzt werden wird. Zeitlich parallel jedenfalls läuft da derzeit überhaupt nichts.

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Schon die alte Bundesregierung hatte in einem Klimaschutzplan für jeden Bereich eigene Klimaziele festgelegt. So müsste der Verkehr seine Emissionen von zuletzt mehr als 170 Millionen Tonnen Kohlendioxid auf unter 100 Millionen Tonnen drosseln. Gelingt das nicht, müsste der Bund im Ausland zusätzliche Emissionszertifikate zukaufen - so wollen es die Regeln innerhalb der EU. Die Kosten dafür wollte Schulze den jeweiligen Ministerien aufbürden. Doch schon daran scheiden sich die Geister. "Alle drei Koalitionspartner haben noch Diskussionsbedarf", heißt es aus der CDU. In Unionskreisen gibt man zu, selbst noch nicht genau zu wissen, was man wolle. Deswegen sei das Vorhaben "geschoben, aber nicht gestorben". Der Fahrplan, das Gesetz noch 2019 zu verabschieden, sei nicht beeinträchtigt. Zudem wird in der Union darauf verwiesen, dass sich auch in der SPD noch keine klare Position abzeichne, weil sich manche mehr für Arbeitsplätze interessierten, und manche mehr für Klimaschutz.

Für die Koalition bleibt die Klimapolitik damit vermintes Gelände. Schon mit dem Beginn ihrer Regierung hatten Union und SPD eingestehen müssen, dass sich das Klimaziel für 2020 - ein Minus um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 - kaum mehr erreichen lässt. Das Klimaschutzgesetz sollte darauf Antwort geben. Doch noch während der Koalitionsverhandlungen stritten die Parteien, ob das Gesetz überhaupt diesen Namen tragen darf.

Und zuletzt lag Schulze mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und ihrem Parteifreund Olaf Scholz über die Frage im Clinch, ob und wie eine Abgabe auf Kohlendioxid helfen könnte, dessen Ausstoß zu verringern. An entsprechenden Modellen arbeite das Ministerium weiter, erklärte ein Sprecher Schulzes am Freitag. Die abermalige Verschiebung des Gesetzes wollte das Ministerium dagegen nicht kommentieren. Auch die SPD bemühte sich, dem Aufschub nicht zu viel Gewicht zu geben. "Dass das Klimaschutzgesetz 2019 verabschiedet wird, steht nicht zur Disposition", sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch.

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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