Kirchen:Ökumenisch gegen die AfD

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Kirsten Fehrs ist die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. (Foto: Hans Scherhaufer/Imago/epd)

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland lobt die katholischen Bischöfe für ihre Erklärung. Auch evangelische Landesbischöfe positionieren sich klar gegen die Partei.

Von Annette Zoch

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, hat sich der Warnung der katholischen Bischöfe vor einer AfD-Wahl ausdrücklich angeschlossen. "In diesen Zeiten, in denen Rechtsextremisten die Grundwerte unseres Zusammenlebens infrage stellen, ist ein klare und gemeinsame Haltung der Kirchen wichtig", schreibt sie in einer offiziellen Erklärung.

Fehrs verweist auf den Beschluss der EKD-Synode vom vergangenen Dezember, in dem das protestantische Kirchenparlament bereits von einer Wahl der Partei abgeraten hatte: "Die menschenverachtenden Haltungen und Äußerungen insbesondere der rechtsextremen Kräfte innerhalb der AfD sind mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens in keiner Weise vereinbar." Weiter heißt es darin: "Darum ruft die Synode der EKD alle Wahlberechtigten mit Blick auf die Wahlen im Jahr 2024 dazu auf, ausschließlich Parteien aus dem demokratischen Spektrum zu wählen, die sich für eine offene Gesellschaft der Vielfalt und ein gerechtes, demokratisches Gemeinwesen einsetzen."

"Über diese Einmütigkeit bin ich froh."

Der Synodenbeschluss und die Erklärung der katholischen Bischöfe lägen für sie "klar auf einer Linie", sagt Bischöfin Fehrs. Völkisch-nationale Gesinnungen und menschenverachtende Haltungen seien mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens in keiner Weise vereinbar, "das können wir nun ökumenisch umso deutlicher sagen. Wir ziehen daraus die gemeinsame Konsequenz, vor der Wahl rechtsextremer Parteien einschließlich der AfD zu warnen, weil sie Minderheiten ausgrenzen und die Demokratie gefährden. Über diese Einmütigkeit der katholischen und evangelischen Kirche bin ich froh."

Ähnlich wie die katholischen Bischöfe wirbt auch Fehrs dafür, mit Menschen im Dialog zu bleiben, die mit der AfD sympathisieren: "Wir müssen uns deutlich mehr dafür interessieren, was die Gründe dafür sind. Welche sinnstiftenden Alternativen bieten wir ihnen an, was tun wir gegen Perspektivlosigkeit und Angst vor Veränderung?", fragt die Hamburger Bischöfin.

In diesem Jahr wird in Brandenburg, Thüringen und Sachsen gewählt, die AfD könnte jeweils stärkste Kraft werden. Anders als die katholische Kirche, die in Ostdeutschland eine Minderheitenposition hat, sind die protestantischen Kirchen dort noch etwas stärker vertreten - allerdings auch auf niedrigem Niveau. 2022 waren weniger als 15 Prozent der Ostdeutschen evangelisch und weniger als 5 Prozent katholisch.

Während die katholischen Bischöfe explizit auch haupt- und ehrenamtliche Tätigkeiten in der Kirche als unvereinbar mit einer AfD-Mitgliedschaft erklärt haben, trifft der EKD-Synodenbeschluss hierzu keine Aussage. Er bleibt allgemeiner: Es gelte, sich allen Versuchen entgegenzustellen, die Demokratie zu zersetzen - auch in den eigenen Reihen.

Ein AfD-Politiker ruft zum Kirchenaustritt auf

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hat ebenfalls am Wochenende ein "Wort zum Wahljahr" veröffentlicht und warnt vor der Wahl rechtsextremer Parteien wie Der III. Weg, Die Heimat oder AfD. Die EKM schließt sich ausdrücklich dem im Januar veröffentlichten "Wort der ostdeutschen katholischen Bischöfe" an. Sachsens Landesbischof Tobias Bilz hatte dieses Wort gelobt und die AfD in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur Ende Januar für Christen als "nicht wählbar" bezeichnet.

Ein "durchschaubares Wahlkampf- und Ablenkungsmanöver" warf Stephan Brandner, der stellvertretende AfD-Bundessprecher, den katholischen Bischöfen vor. Der religionspolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, rief "alle wahrhaften Katholiken" zum Kirchenaustritt auf, "um ihren Glauben zu retten".

Einen "Coup, der die AfD kalt erwischt hat", nennt Politikwissenschaftler Andreas Püttmann das Schreiben der katholischen Bischöfe im Kölner Stadt-Anzeiger. "Nachdem die Massendemonstrationen der jüngsten Vergangenheit schon den Anspruch ,Wir vertreten das Volk' hinweggefegt haben, reißt ihr nun auch noch die konservative Institution schlechthin das Etikett ,konservativ' herunter", so Püttmann. Dafür sei es auch besonders wichtig gewesen, dass die Erklärung einstimmig verabschiedet wurde.

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Das sieht auch Claudia Pfrang so. Die Theologin ist Direktorin der Dombergakademie in Freising und Projektverantwortliche des Kompetenzzentrums Demokratie und Menschenwürde (KDM). Dieses hatten die bayerischen Bischöfe im Frühjahr 2018 als Reaktion auf den Einzug der AfD in den Bundestag gegründet, um menschenfeindlichen und antidemokratischen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft zu begegnen.

Das KDM bietet Argumentationstrainings gegen autoritäre Parolen und Workshops gegen Verschwörungserzählungen an und berät vor allem kirchliche Gremien. "Wir haben inzwischen sehr viele Anfragen aus Gremien, Verbänden und Institutionen, auch über Bayern hinaus", sagt Pfrang. "Viele wollen sich informieren und für die Auseinandersetzung innerhalb ihrer Gemeinden sensibilisieren." Die Erklärung der Bischöfe ist für Pfrang "ein wirklich wichtiges Zeichen, denn es ist eine Minute vor zwölf". Zum Schutz der Demokratie müssten jetzt alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisiert werden.

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