Weltsynode:Papst bricht zu neuem Abenteuer auf

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"Abenteuer des Weges" nannte Franziskus die nun beginnende Weltsynode. Der Papst am Samstag bei den Kardinalserhebungen auf dem Petersplatz. (Foto: Stefano Spaziani/EUROPA PRESS/dpa)

Auf dem Petersplatz in Rom verkündet Franziskus den Start seines größten Projekts. Im Rahmen einer Weltsynode werden 400 Männer und auch einige Frauen über die Kirche der Zukunft beraten.

Von Marc Beise, Vatikan-Stadt

Der Mensch muss auch mal schweigen können. Fast beschwörend hat das Papst Franziskus am Samstag während eines ökumenischen Abendgebetes vor vielen Tausend Gläubigen auf dem Petersplatz betont, das so etwas wie der inoffizielle Auftakt der Weltsynode war, zu der das katholische Kirchenoberhaupt für einen Monat Bischöfe aus aller Welt und Laien in Rom versammelt. "Wir bitten darum, dass die Synode ein Ort ist, an dem der Heilige Geist die Kirche von Geschwätz, Ideologien und Polarisierungen reinigt", sagte der Papst. Schweigen in der kirchlichen Gemeinschaft ermögliche eine "geschwisterliche Kommunikation, in der der Heilige Geist die Standpunkte in Einklang bringt". Der Appell war eine klare Aufforderung an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Synode, was der Papst von ihnen erwartet.

In Kirchenkreisen wird bereits heftig diskutiert, ob mit dieser Synode Geschichte geschrieben wird - oder am Ende doch alles bleibt, wie es ist? Wer diese Frage seriös beantwortet will, muss sich gedulden: mindestens die kommenden vier Wochen, bis zum 29. Oktober, so lange geht diese Synode. Und dann ein Jahr, bis das ganze Prozedere im Oktober 2024 wiederholt wird. Und dann noch einige Wochen oder Monate, bis der Papst seine Schlüsse aus dem Verfahren zieht und vielleicht neue Regeln für die Kirche verkündet. Was er verkündet, was er übernimmt von den Forderungen der Synode, darin ist das Kirchenoberhaupt völlig frei. Eine Synode ist eben kein Konzil, hier kann nicht beschlossen, sondern nur empfohlen werden.

Man weiß also nicht, ob es überhaupt nennenswert neue Regeln geben wird, nicht einmal, ob es dieser Papst sein wird, der die Ernte einfährt des Prozesses, den ganz maßgeblich er selbst begonnen hat. Papst Franziskus ist alt geworden, und er ist gesundheitlich angeschlagen. Trotzdem hat er sich für sein 87. Lebensjahr Bahnbrechendes vorgenommen. Im Oktober 2021 hat der Papst den mehrjährigen Prozess eingeleitet, er sprach von einer "langsamen, vielleicht mühsamen Übung", von einem "Abenteuer des Weges". Es geht um neue Formen der Zusammenarbeit, der Mitwirkung der Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche.

Den Traditionalisten sind einige der Reformthemen ein Graus

Von Mittwoch an werden in Rom 464 Delegierte im Vatikan gemeinsam diskutieren und beten. 364 von ihnen sind stimmberechtigt, drei Viertel davon sind Bischöfe. Obwohl es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode handelt, hat Franziskus weitere Einladungen ausgesprochen. Zu den Kirchenfürsten kommen 55 Priester und Ordensleute, und 45 Laiinnen und Laien. Insgesamt nehmen 54 Frauen an der Synode teil: Das gab es noch nicht. Die Themen sind in einem weltweiten Befragungs- und Beratungsprozess in den Landeskirchen vorbereitet und in einem Arbeitsdokument, dem "Instrumentum laboris", zusammengestellt worden, meist in Frageform. Darunter auch so heikle Punkte wie die verpflichtende Ehelosigkeit von Priestern, eine mögliche Weihe von Frauen zu Diakoninnen und eine bessere Einbeziehung sexueller Minderheiten in der Kirche.

Den Traditionalisten ist das Ganze ein Graus. Sie fürchten die scheibchenweise Abkehr von den überlieferten Lehren. Gelegentlich wird der Niedergang der Kirche als mögliche Folge beschworen. Und dann geht der Blick gerne nach Deutschland: Dort träten auch deshalb so viele Menschen aus der Kirche aus, weil der Reformprozess Synodaler Weg die Lehre radikal verändere. Die große Mehrheit der Bischöfe und Laien in Deutschland sieht die Ursachenkette bekanntlich genau andersherum.

Die neuen Kardinäle beim Konsistorium am Samstag vor dem Petersdom. Die meisten nun zur Papstwahl Berechtigten hat Franziskus ernannt. (Foto: IMAGO/ABACAPRESS)

Franziskus, der seine Vorbehalte gegen den deutschen Weg deutlich gemacht hat, den er für zu radikal hält, lässt Kritik an seiner Synode nicht gelten. Gefragt, ob er nicht Sorge habe, die "Büchse der Pandora" zu öffnen, wies er diesen Vergleich kürzlich beim Rückflug aus der Mongolei zurück, diese Formulierung sei Ausdruck ideologischen Denkens, und: "Bei der Synode ist kein Platz für Ideologien."

Dass Franziskus den Dingen, die jetzt kommen, sehr gelassen entgegensieht, darf man vermuten. Er liebt es ja, wilde Debatten zu beginnen und bei Bedarf auch wieder zu beenden. Und die Alleinzuständigkeit für die Interpretation der Ergebnisse ist geeignet, ihn in Sicherheit zu wiegen.

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Nach dem Treffen am Samstag auf dem Petersplatz folgen nun für die Teilnehmer drei Besinnungstage in einem Haus der Kirche außerhalb von Rom. Bischöfe, Priester und Laien sollen sich dort mit geistlichen Übungen auf die Synode einstimmen, die dann offiziell am Mittwoch mit einer feierlichen Messe im Petersdom beginnt. Danach geht es in 35 Gesprächskreisen weiter. Der Papst selbst leitet die Synode, den Überblick über die Debatten soll sein Vertrauter, der vielsprachige Inhalte-Koordinator Kardinal Jean-Claude Hollerich aus Luxemburg, behalten. Am Ende soll es einen zusammenfassenden Bericht geben, der aber nur ein Zwischenschritt ist. Beraten wird in fünf Sprachen, Deutsch ist nicht dabei.

Aus Deutschland sind aber neben dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Georg Bätzing aus Limburg, die Bischöfe Franz-Josef Overbeck aus Essen, Felix Genn aus Münster, Stefan Oster aus Passau und Bertram Meier aus Augsburg dabei sowie der Bochumer Theologie-Professor Thomas Söding als Vertreter der katholischen Laien, als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht.

Der Papst wäre nicht der Stellvertreter Christi auf Erden, umgeben von einer 2000 Jahre alten Geschichte, wenn er nicht auch persönlich vorsorgen würde. Am Samstagmorgen erhob er noch 21 Bischöfe zu neuen Kardinälen, es war sein neuntes Konsistorium. Nun sind zwei Drittel der stimmberechtigten Kardinäle - das sind jene unter 80-jährigen - von ihm ernannt, damit hat er auch hier Weichen gestellt für die Zeit nach ihm.

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