Italien:Nachricht per SMS: Der Staat zahlt nicht mehr

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Die Streichung der Sozialhilfe für viele verspricht viel Ärger für ihre Regierung: Premierministerin Giorgia Meloni, hier beim EU-Gipfel im Juni, (Foto: Virginia Mayo/AP)

Proteste in Italien gegen die rabiate Kürzung der Sozialhilfe für 169 000 Haushalte zum 1. August.

Von Marc Beise, Rom

Per SMS sind 169 000 Haushalte in Italien wenige Tage vor dem Monatsende darüber informiert worden, dass sie von 1. August an kein Bürgergeld mehr erhalten - den Reddito di cittadinanza. Die Textnachricht der Sozialbehörde Inps führte besonders in Neapel, der Stadt mit den meisten Empfängerinnen und Empfängern von Bürgergeld, zu Protesten. Nach Zeitungsberichten bestürmten Hunderte Menschen die örtliche Niederlassung der Inps; offenbar kamen die Kürzungen für viele Betroffene überraschend.

Oppositionspolitiker nannten das Verfahren eine "Sozialbombe". Bürgermeister und kommunale Behörden etwa in Kalabrien riefen die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auf, die Kürzungen rückgängig zu machen. Melonis Partei Fratelli d'Italia reagierte auf die Vorwürfe der Opposition mit einem Gegenangriff. Der Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus nannte die Kritik an der "Art und Weise der Mitteilung" über die Aussetzung der Auszahlung des Bürgergeldes "lächerlich und instrumentalisiert". Er warf seinerseits der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung vor, in ihrer Regierungszeit bewusst und aus taktischen Gründen nicht gegen Sozialmissbrauch vorgegangen zu sein.

Langzeitarbeitslose und Kinderlose sollen künftig leer ausgehen

In der Regierungszeit des Ministerpräsidenten Guiseppe Conte, der heute die Fünf-Sterne-Bewegung führt, waren eine Reihe Sozialmaßnahmen beschlossen worden, die unter der Regierung des parteilosen Mario Draghi beibehalten wurden; in Italien gibt es im Vergleich zu anderen Industriestaaten besonders viele arme Menschen. Die im Oktober 2022 ins Amt gekommene Regierung Meloni, eine Koalition aus drei sehr rechten Parteien, hatte von Anfang an vor, die Sozialausgaben zurückzufahren, um die Bürger stattdessen über geringere Beiträge und niedrigere Steuern zu entlasten - was innenpolitisch zwischen Regierung und Opposition heftig diskutiert wird. Ausgerechnet am Tag der Arbeit, am 1. Mai 2023, beschloss die Regierung eine Reihe von Verschärfungen bei Sozialleistungen, unter anderem weil sie der Meinung ist, dass das Geld oft zu Unrecht bezogen werde. Bürger würden bewusst falsche Angaben machen und sich so Leistungen des Staates erschleichen.

Vielleicht springen Sozialdienste ein. Höchstens in der Hälfte der Fälle aber

Unter anderem sollen von 1. August an deutlich weniger Haushalte als bisher Bürgergeld erhalten. Vor allem Langzeitarbeitslose sowie Personen, die alleinstehend sind oder keine Kinder haben, gehen leer aus. Auch der Name der Unterstützungsleistung soll verschwinden: Bürgergeld. Bezugsberechtigt sind nunmehr nur noch Verheiratete mit Kindern oder Haushalte, in denen Ältere über 65 oder Menschen mit Behinderung leben. Sie erhalten eine Bonuskarte für ausgewählte Lebensmittel im Wert von 382 Euro. Die 169 000 jetzt angeschriebenen Haushalte erfuhren jetzt erst einmal, dass ihre Leistungen "ausgesetzt" sind, und es wird vage verwiesen auf eine "mögliche Übernahme durch die Sozialdienste". Dies könnte für etwa die Hälfte die Fälle einschlägig sein, wenn sie nach neuen Kriterien "arbeitsunfähig" sind. Näheres soll nach der Sommerpause geklärt werden, bis dahin bleibt das Geld aus.

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