Krieg in NahostIsraels Regierung rät zur Vorsicht am "Tag des Zorns"

Die Terrororganisation Hamas hat ihre Anhänger nach israelischen Angaben für diesen Freitag zu Protesten aufgerufen. Die Regierung fürchtet weltweit Angriffe auf Israelis und Juden. Die Knesset billigt das Kriegskabinett.

Alle Entwicklungen im Liveblog

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Wichtige Updates
UN-Generalversammlung fordert sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen 
Knesset lehnt Abstimmung zur Selbstauflösung ab 
Hilfsorganisation GHF wirft Hamas Angriff auf Bus mit Helfern vor 
Spannungen mit Iran: USA ziehen Personal wegen Sicherheitsrisiken aus Irak ab 
Leichen von zwei israelischen Geiseln im Gazastreifen geborgen
Carina Seeburg
Carina Seeburg

Trump: israelischer Angriff auf Iran ist nicht ausgeschlossen

Berichte über einen möglichen israelischen Angriff auf Iran sorgen weltweit für Beunruhigung. US-Präsident Donald Trump schließt nicht aus, dass Israel das Land attackieren könnte. Auf die Frage, wie unmittelbar ein solcher Angriff drohe, sagte Trump in Washington: „Nun, ich möchte nicht sagen: unmittelbar bevorstehend, aber es sieht so aus, als könnte er sehr wohl stattfinden.“ Iran dürfe keine Atomwaffe haben. Abgesehen davon wolle er aber, dass das Land erfolgreich sei.

Mit Blick auf den Streit um das iranische Atomprogramm führte Trump aus, dass man einer Einigung sehr nah sei. Man stehe kurz davor, ein ziemlich gutes Abkommen zu erzielen. Solange er glaube, dass es ein Abkommen geben werde, lehne er einen israelischen Angriff ab.

Mehrere US-Medien berichteten, Israel habe eine mögliche Attacke auf die iranischen Atomanlagen bereits vorbereitet. Unklar sei jedoch, ob die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schon eine endgültige Entscheidung getroffen habe. Die USA hatten zuletzt angekündigt, Botschaftspersonal in Irak reduzieren zu wollen. Dahinter steht die Befürchtung, dass die iranische Führung im Fall eines israelischen Angriffs Vergeltungsschläge gegen US-Einrichtungen in der Region anordnen könnte. 
Katja Guttmann
Katja Guttmann

UN-Generalversammlung fordert sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen 

Die UN-Generalversammlung fordert mit überwältigender Mehrheit einen sofortigen, bedingungslosen und dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen. Außerdem wird der ungehinderte Zugang für humanitäre Hilfen verlangt. Das 193 Mitglieder zählende Gremium fordert auch die Freilassung der von der Hamas in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln, die Rückkehr der von Israel inhaftierten palästinensischen Gefangenen sowie den vollständigen Abzug israelischer Streitkräfte aus dem Gazastreifen. Für den Text stimmten 149 Länder, 19 enthielten sich. Die USA, Israel und zehn weitere Staaten stimmten dagegen. Die Abstimmung in der Generalversammlung erfolgte, nachdem die USA vergangene Woche ein ähnliches Vorhaben im Sicherheitsrat mit einem Veto blockiert hatten. 
Christoph Heinlein
Christoph Heinlein

Gazastreifen laut UN vom Internet abgeschnitten

Im Gazastreifen gibt es nach Angaben der UN keinen Zugang mehr zum Internet. Der Ausfall gehe vermutlich auf militärische Aktivitäten zurück, bei denen das letzte funktionierende Datenkabel beschädigt worden sei. „Die Lebensadern zu Notdiensten, humanitärer Koordination und lebenswichtigen Informationen für die Zivilbevölkerung sind alle gekappt worden. Es gibt einen vollständigen Internetausfall, und Mobilfunknetze funktionieren kaum noch“, sagt der stellvertretende UN-Sprecher Farhan Haq vor Journalisten. Die ohnehin schwierige Lage im Gazastreifen werde weiter verschärft. 
Juri Auel
Juri Auel

Knesset lehnt Abstimmung zur Selbstauflösung ab 

Das israelische Parlament hat am frühen Donnerstagmorgen eine vorläufige Abstimmung zur Selbstauflösung abgelehnt. Wie die Knesset in einer Erklärung mitteilte, wurde die Abstimmung, die ein erster Schritt zu einer vorgezogenen Wahl hätte sein können, von 61 Abgeordneten abgelehnt, 53 stimmten dafür. Damit hat Netanjahus Regierungskoalition mehr Zeit, ihre bisher schwerste politische Krise zu überwinden und einen Urnengang zu vermeiden, der der erste in Israel seit dem Ausbruch des Krieges mit der Hamas im Gazastreifen wäre.

Die ultraorthodoxen Koalitionsfraktionen werden zunehmend ungeduldig angesichts des politischen Stillstands und haben erklärt, dass sie mit den Oppositionsparteien für die Auflösung der Knesset und für vorgezogene Neuwahlen stimmen werden, die erst Ende 2026 anstehen. „Es ist dringender denn je, die Regierung Netanjahu und insbesondere diese giftige und schädliche Regierung abzulösen“, sagte der oppositionelle Abgeordnete der Arbeitspartei, Merav Michaeli. „Es ist dringend notwendig, den Krieg in Gaza zu beenden und alle Geiseln zurückzubringen. Es ist dringend notwendig, mit dem Wiederaufbau und der Heilung des Staates Israel zu beginnen.“

Mehrere Umfragen haben gezeigt, dass die Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Wahlen verlieren würde, da die Israelis noch immer über das Sicherheitsversagen beim Angriff am 7. Oktober 2023 durch die radikal-islamische Hamas und die weiterhin im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln erschüttert sind.

Netanjahu hat sich intensiv darum bemüht, die festgefahrene Situation in seiner Koalition in Bezug auf ein neues Wehrpflichtgesetz zu lösen, die zu der gegenwärtigen Krise geführt hat. Einige religiöse Parteien in Netanjahus Koalition wollen ultraorthodoxe jüdische Seminarstudenten vom Militärdienst befreien, der in Israel obligatorisch ist, während andere Parteien derartige Ausnahmen ganz abschaffen wollen. Die Knesset hatte am Donnerstagmorgen nun offenbar eine Einigung im Streit um die Wehrpflicht erzielt. „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir nach langen Diskussionen eine Einigung über die Grundsätze erzielt haben, auf denen der Gesetzesentwurf basieren wird“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung der Knesset, Yuli Edelstein, in einer Erklärung. Details nannte er nicht.
Juri Auel
Juri Auel

Hilfsorganisation GHF wirft Hamas Angriff auf Bus mit Helfern vor 

Die von den USA unterstützte Hilfsorganisation Gaza Humanitarian Foundation (GHF) hat am späten Mittwochabend (Ortszeit) der Hamas nach einem Anschlag auf einen Bus die Tötung von fünf ihrer Helfer vorgeworfen. Laut GHF seien zwei Dutzend Palästinenser an Bord des Busses gewesen, die mit der Hilfsorganisation zusammenarbeiten, um die Helfer zu ihren Verteilungsstandorten zu bringen. Bei dem Anschlag seien mindestens fünf Menschen getötet worden. Die Stiftung erklärte zuvor, dass ihr die Vorfälle vom Mittwoch, an denen Zivilisten beteiligt waren, nicht bekannt seien.

Sie fügte jedoch hinzu, dass sie eng mit den israelischen Behörden zusammenarbeite, um sicherzustellen, dass die sicheren Verkehrswege beibehalten. GHF gab an, am Mittwoch 2,5 Millionen Mahlzeiten verteilt zu haben. Dies sei die größte Lieferung an einem Tag seit Beginn der Hilfsaktion gewesen.
Juri Auel
Juri Auel

Spannungen mit Iran: USA ziehen Personal wegen Sicherheitsrisiken aus Irak ab 

Die USA reduzieren aus Sicherheitsgründen ihr Botschaftspersonal im Irak. Ein Vertreter des Außenministeriums in Washington erklärte, die Entscheidung basiere auf „jüngsten Analysen“, ging aber nicht ins Detail. Anlass der Maßnahme soll US-Medienberichten zufolge die Möglichkeit eines bevorstehenden israelischen Angriffs auf Iran sein. Befürchtet wird, dass die Führung in Teheran in dem Fall Vergeltungsschläge gegen US-Ziele in der Region anordnen könnte.

US-Medien berichteten, dass es um die Evakuierung von Personal gehe, das nicht dringend notwendige Funktionen ausübe, sowie um Familienangehörige von Diplomaten. Die Washington Post sowie das Nachrichtenportal Axios berichteten zudem, dass auch Familienmitglieder von US-Soldaten von den Militärstützpunkten in der Region abgezogen würden. Iran sprach Drohungen gegen die Stützpunkte aus.

US-Präsident Donald Trump wurde bei einem Auftritt in Washington gefragt, ob es stimme, dass US-Personal in Reichweite möglicher iranischer Gegenangriffe abgezogen werde – und er antwortete: „Sie werden abgezogen, weil es ein gefährlicher Ort sein könnte. Wir werden sehen, was passiert.“ Iran „kann keine Atomwaffen haben, das werden wir nicht erlauben“, sagte Trump weiter. Die Stützpunkte des US-Militärs am Persischen Golf, etwa in Bahrain und Katar, sind Luftlinie nicht sehr weit vom Iran entfernt und könnten im Falle einer Eskalation zu Zielen werden. Im Nachbarland Irak wiederum übt Iran großen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen.

Trump hatte am Mittwoch erklärt, seine Zuversicht darüber, dass mit Iran ein Abkommen über das umstrittene Atomprogramm der Islamischen Republik gelingen werde, nehme ab. Der Präsident hat wiederholt mit einem Militärschlag gegen die Atomanlagen gedroht, sollte Iran seinen Forderungen nicht nachkommen. Die USA und andere westliche Staaten befürchten, Iran entwickele unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms Atombomben. Dies weist die Regierung in Teheran zurück, lässt aber internationale Kontrollen der Atomanlagen nicht zu.
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Ägypten: Aktivisten brauchen Genehmigung für Protest an Gaza-Grenze 

Hunderte Aktivisten sind seit Montag aus Tunesien über Libyen in Richtung Ägypten unterwegs. Ihr Ziel: der Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen. Dort wollen sie ab Sonntag auf die humanitäre Notlage aufmerksam machen und gegen Israels Angriffe protestieren. Ägypten betont: Das geht nur mit Genehmigung. Es müssten entsprechende Anträge über ägyptische Botschaften im Ausland, über ausländische Vertretungen in Kairo oder über Organisationen direkt beim ägyptischen Außenministerium gestellt werden, teilte das Ministerium mit. 

In der Mitteilung hieß es weiter: „Ägypten begrüßt die regionale und internationale Solidarität mit den legitimen Rechten des palästinensischen Volkes und die Ablehnung von Belagerung, Aushungerung und den offensichtlichen und systematischen Verletzungen durch Israel im Gazastreifen.“ Unterdessen wurden ägyptischen Sicherheitskreisen zufolge mehr als 100 Aktivisten bei ihrer Ankunft in Ägypten von den Behörden festgenommen. Unter ihnen seien 52 Franzosen, 67 Algerier, 13 Marokkaner und 8 Libyer.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz forderte Ägypten dazu auf, die Aktivisten daran zu hindern, in das Palästinensergebiet vordringen. Dies würde die Sicherheit der israelischen Truppen im Gazastreifen gefährden, teilte Katz in einer Erklärung mit. Die Gaza-Seite des Grenzübergangs Rafah kontrolliert derzeit die israelische Armee.
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Leichen von zwei israelischen Geiseln im Gazastreifen geborgen

Die Leichen von zwei israelischen Geiseln sind nach Angaben von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Gazastreifen vom Militär und Geheimdienst geborgen worden. Bei einem der Opfer handelte es sich um den damals 59-jährigen Jair Jaakov. Er war aus dem Kibbuz Nir Oz entführt und am 7. Oktober 2023 von palästinensischen Terroristen des Islamischen Dschihad ermordet worden, berichtet die Times of Israel unter Berufung auf Informationen des israelischen Militärs

Seine Lebensgefährtin und zwei seiner Söhne waren bei dem Terrorüberfall nach Gaza verschleppt und im Zuge des ersten Geisel-Deals im November 2023 freigelassen worden. Die zweite Geisel wurde ebenfalls aus Nir Oz entführt und während des Angriffs ermordet. Seinen Namen hält die Armee auf Wunsch der Familie vorerst zurück. 

Damit befinden sich noch 53 Geiseln in der Gewalt der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen. Wie viele von ihnen noch am Leben sind, ist nicht bekannt.
Anna-Maria Salmen
Anna-Maria Salmen

US-Regierung: Länder sollen UN-Konferenz zur Zweistaatenlösung fernbleiben 

Die US-Regierung fordert Regierungen weltweit auf, einer UN-Konferenz über eine mögliche Zweistaatenlösung nächste Woche fernzubleiben. Das geht aus einer Depesche hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Länder, die im Anschluss an der Konferenz "anti-israelische Maßnahmen" teilnehmen, würden sich gegen die außenpolitischen Interessen der USA stellen und müssten mit diplomatischen Konsequenzen rechnen. 

"Die Vereinigten Staaten lehnen alle Schritte ab, die zu einer einseitigen Anerkennung eines mutmaßlichen palästinensischen Staates führen würden, da dies erhebliche rechtliche und politische Hindernisse für eine letztendliche Lösung des Konflikts mit sich bringen würde und Israel im Falle eines Krieges unter Druck setzen und damit seine Feinde unterstützen könnte", heißt es. Die Konferenz sei der Depesche zufolge kontraproduktiv für die Bemühungen, den Gazakrieg zu beenden und die israelischen Geiseln freizubekommen. 
Anna-Maria Salmen
Anna-Maria Salmen

Deutschland schließt sich Sanktionen gegen israelische Minister nicht an 

Die Bundesregierung wird sich nicht den Sanktionen gegen zwei israelische Minister anschließen, die mehrere Staaten bereits verhängt haben. Man werde Sanktionen nur im EU-Rahmen umsetzen, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Dafür sei Einstimmigkeit unter den EU-27 nötig. Man befürworte aber EU-Sanktionen gegen Akteure der radikalen Siedlerbewegung im Westjordanland. Äußerungen, die einer Zweistaaten-Lösung zuwiderliefen, seien inakzeptabel. 

Großbritannien, Australien, Kanada, Neuseeland und Norwegen hatten Sanktionen gegen den israelischen Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir wegen Aufrufen zu extremistischer Gewalt und schwerwiegenden Verstößen gegen die palästinensischen Menschenrechte verhängt.
Christoph Heinlein
Christoph Heinlein

Erneut viele Tote nahe Hilfszentrum im Gazastreifen

Im Gazastreifen ist es in der Nähe einer Verteilstelle für humanitäre Hilfsgüter nach palästinensischen Angaben erneut zu einem tödlichen Vorfall gekommen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete unter Berufung auf Krankenhausangaben, mehr als 28 Menschen seien unweit des Verteilungszentrums im Bereich des Netzarim-Korridors im Zentrum des Küstengebiets durch Schüsse der israelischen Armee getötet worden. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden. 

Die Armee teilte mit, israelische Soldaten hätten in der Nacht im Bereich des Netzarim-Korridors Warnschüsse auf Verdächtigte abgegeben, die sich ihnen genähert und eine Bedrohung dargestellt hätten. „Dies geschah trotz Warnungen, dass es sich bei dem Gebiet um eine aktive Kampfzone handelt“, hieß es weiter. Die Armee prüfe Berichte über Verletzte.  

Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) teilte mit, die Verteilung von Hilfsgütern sei am Mittwoch bislang ohne Zwischenfälle verlaufen. Es sei entscheidend, nicht „über Aktivitäten der GHF im selben Atemzug wie über militärische Operationen der israelischen Armee zu berichten, die weit von den Verteilungsstellen entfernt stattfinden“, hieß es in der Mitteilung. Die Stiftung ist umstritten, zuletzt kam es immer wieder zu tödlichen Zwischenfällen in der Nähe ihrer Verteilungszentren.
Philipp Saul
Philipp Saul

Grünen-Chefin für Sanktionen gegen israelische Minister

Franziska Brantner, die Vorsitzende der Grünen, fordert deutsche Sanktionen gegen zwei ultrarechte israelische Minister. „Es braucht Sanktionen für Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir, die als Teil der israelischen Regierung ganz offen zu Gewalt gegen die palästinensische Bevölkerung aufrufen und schon lange eine Politik der Annexion und Vertreibung propagieren“, sagte Brantner der Deutschen Presse-Agentur. „Das kostet Menschenleben, vertreibt ganze Gemeinden und stellt enorme Hürden auf dem Weg zu einem Friedensprozess dar.“

Brantner nannte die zuvor von Großbritannien, Australien, Kanada, Neuseeland und Norwegen verhängten Sanktionen gegen Finanzminister Smotrich und Polizeiminister Ben-Gvir als Vorbild. Brantner erklärte, wenn es die Bundesregierung ernst meine mit ihrer Verantwortung für die Sicherheit Israels und für das Völkerrecht, müsse sie nun gemeinsam mit den europäischen Partnern handeln. „Nur so kann eine Zweistaatenlösung jemals eine Chance haben - als Weg, um ein Leben in Sicherheit und Würde für Israelis und Palästinenser zu gewährleisten.“
Philipp Saul
Philipp Saul

Knesset stimmt in erster Lesung über Auflösung ab

Das israelische Parlament in Jerusalem stimmt an diesem Mittwoch über einen Vorstoß der Opposition zur Auflösung der Knesset ab. Möglicherweise votieren die streng religiösen Koalitionspartner von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei dieser ersten Lesung mit der Opposition. Hintergrund ist ein Streit um den Entwurf eines Gesetzes, das dafür sorgen soll, dass mehr streng religiöse Männer den Wehrdienst ableisten. Viele ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres frommen Lebensstils.

Die Knesset würde sich aber nur dann auflösen, wenn der Vorstoß alle vier Lesungen passiert – eine vorläufige Abstimmung am Mittwoch und drei weitere bis zur endgültigen Billigung. Dafür ist in letzter Lesung eine Mehrheit von mindestens 61 der 120 Abgeordneten notwendig. Sollte sich das Parlament auflösen, müsste eine Neuwahl frühestens 90 Tage und spätestens fünf Monate nach der Entscheidung stattfinden. Regulär steht die nächste Wahl erst im Oktober kommenden Jahres an.

Ob der Antrag durch kommt, ist unsicher. Es gilt als möglich, dass die ultraorthodoxen Parteien zunächst mit der Opposition stimmen, um den Druck auf Netanjahu zu erhöhen, dann aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder einlenken, sollte der Premier Zugeständnisse machen. Netanjahu und seine Vertrauten bemühten sich zuletzt in Vermittlungsgesprächen intensiv um eine Lösung der Krise in den Beziehungen zu den strengreligiösen Parteien.

Die Regierung verfügt derzeit über eine Mehrheit von 68 der 120 Sitze im Parlament. Die ultraorthodoxe Schas-Partei hat elf Sitze, das Vereinigte Tora-Judentum sieben. Netanjahus Regierung würde die Mehrheit im Parlament verlieren, sollten sie aus der Koalition austreten. 
Christoph Heinlein
Christoph Heinlein

Fünf Staaten verhängen Sanktionen gegen israelische Minister

Großbritannien, Australien, Kanada, Neuseeland und Norwegen verhängen Sanktionen gegen zwei ultrarechte Minister der Regierung Netanjahu. Finanzminister Bezalel Smotrich und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hätten „zu extremistischer Gewalt und schwerwiegenden Verstößen gegen die palästinensischen Menschenrechte“ aufgerufen, teilten die Außenminister der fünf Staaten in einer gemeinsamen Erklärung mit. Die britische Regierung erläuterte, dass die von Großbritannien verhängten Sanktionen ein Einreiseverbot sowie das Einfrieren von Vermögenswerten umfassen. Auch für Norwegen gilt ein Einreiseverbot. 

Extremistische Rhetorik, die eine Zwangsumsiedlung von Palästinensern und die Errichtung neuer israelischer Siedlungen befürworte, sei „erschreckend und gefährlich“, teilten die Außenminister der fünf Länder mit. Die Maßnahmen seien hauptsächlich wegen der Lage im Westjordanland beschlossen worden, seien aber nicht losgelöst von der „Katastrophe“ im Gazastreifen. 

Israel hatte Ende Mai angekündigt, im besetzten Westjordanland 22 neue Siedlungen schaffen zu wollen. Es hatte 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert, wo heute mehr als 700 000 Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern leben. Die israelischen Siedlungen dort sind nach internationalem Recht illegal.

Ben-Gvir und Smotrich unterstützen tatkräftig den Ausbau von jüdischen Siedlungen. Sie decken auch die Gewalt von militanten Siedlern gegen die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland. Die Gewalt werde durch die extremistische Rhetorik angeheizt, teilten die Außenminister der fünf Staaten mit. Und die Gewalt habe zum Tod palästinensischer Zivilisten und zur Vertreibung ganzer Gemeinden geführt. Smotrich hatte zudem zuletzt mit einer „totalen Zerstörung“ des Gazastreifens gedroht. Ben-Gvir hatte sich strikt gegen die Wiederaufnahme humanitärer Hilfslieferungen in den Gazastreifen nach Israels Blockade ausgesprochen. Die fünf Staaten bekräftigten, dass die sogenannte Zweistaatenlösung der einzige Weg sei, um die Sicherheit und langfristige Stabilität in der Region zu gewährleisten. 

Israels Außenminister Gideon Saar sagte, es sei „empörend“, dass gewählte Vertreter und Mitglieder der Regierung solchen Maßnahmen ausgesetzt seien. In der kommenden Woche werde es dazu eine Sondersitzung der Regierung geben, um eine Antwort auf die „inakzeptable“ Entscheidung zu erarbeiten.
Philipp Saul
Philipp Saul

Neuer Zwischenfall bei Verteilungszentrum im Gazastreifen

In der Nähe eines Verteilungszentrums für humanitäre Hilfsgüter im Gazastreifen hat es erneut einen Zwischenfall mit Beteiligung israelischer Soldaten gegeben. Die Angaben der verschiedenen Seiten lassen sich bislang nicht unabhängig verifizieren, weshalb die Lage unklar ist. Nach Angaben des Al-Kuds-Krankenhauses in Gaza wurden mindestens 18 Palästinenser durch Schüsse der israelischen Armee getötet. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, bei dem Vorfall seien auch mehr als hundert Menschen verletzt worden.

Die israelische Armee teilte dazu mit: „Israelische Truppen gaben Warnschüsse ab, um Verdächtige auf Abstand zu halten, die sich im Gebiet von Wadi Gaza näherten und eine Bedrohung für die Truppen darstellten. Dies geschah trotz Warnungen, dass es sich bei dem Gebiet um eine aktive Kampfzone handelt.“ Die Schüsse seien Hunderte Meter von dem Verteilungszentrum entfernt und vor seiner Öffnung abgegeben worden. „Eine erste Untersuchung legt nahe, dass die Zahl der gemeldeten verletzten Personen nicht mit den der Armee vorliegenden Informationen übereinstimmt“, hieß es weiter. Die Einzelheiten würden derzeit überprüft.
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