Koranverbrennung in Stockholm:Irak weist schwedische Botschafterin aus

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Irakische Bereitschaftspolizisten und protestierende Anhänger des Geistlichen Muktada al-Sadr vor der schwedischen Botschaft in Bagdad. (Foto: Ahmad Al-Rubaye/AFP)

Nachdem in Stockholm erneut eine Koranverbrennung erlaubt wurde, stürmten wütende Iraker die schwedische Botschaft in Bagdad. Es ist nicht der erste Eklat dieser Art.

Von Sina-Maria Schweikle, Berlin

Auf den Bildern, die da im Internet kursieren, sieht man Männer, die triumphierend die Hände in die Luft strecken. Sie tanzen, schwenken die irakische Flagge. Man sieht, wie Teile der schwedischen Botschaft in Bagdad brennen. Sie wurde in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag von wütenden Menschen gestürmt.

"Unsere Mitarbeiter sind in Sicherheit", teilte das schwedische Außenministerium nach den Ausschreitungen mit. "Wir verurteilen alle Angriffe auf Diplomaten und Mitarbeiter internationaler Organisationen." Es sei die Aufgabe irakischer Sicherheitskräfte, diplomatische Vertretungen zu schützen - doch auf den Videos habe man sehen können, dass diese nur wenig Widerstand geleistet hätten.

Hintergrund des Protests ist eine angekündigte Koranverbrennung in Schweden. Am Mittwoch hatte die schwedische Polizei eine für Donnerstag geplante Protestaktion vor der irakischen Botschaft in Stockholm genehmigt. Medienberichten zufolge soll der nach Schweden geflüchtete Iraker Salwan Momika die Protestaktion geplant haben. Er habe angekündigt, dass er dabei einen Koran und die irakische Flagge anzünden werde.

Bereits zwei frühere Koranverbrennungen lösten heftige Proteste aus

Es wäre die dritte Koranverbrennung in diesem Jahr. Erst im Juni hatte Momika vor der Großen Moschee in Stockholm einige Seiten aus dem Koran verbrannt. Zuvor hatte der Rechtsextreme Rasmus Paludan im Januar bei einer Demonstration vor der türkischen Botschaft in Stockholm einen Koran angezündet. Beide Aktionen hatten in der islamischen Welt heftige Proteste ausgelöst: Marokko zog seinen Botschafter aus Stockholm ab. Saudi-Arabien bestellte den schwedischen Botschafter ein. Und auch damals wurde bereits die schwedische Botschaft in Bagdad gestürmt.

"Das Stürmen von Botschaften hat in Irak eine gewisse Tradition", sagt der Nahost-Experte Daniel Gerlach, Chefredakteur beim Magazin Zenith. Auch andere Länder wie die USA und Iran haben diese Erfahrung im Irak bereits gemacht. Im Jahr 2019 steckten Demonstranten das iranische Konsulat in der Stadt Najaf südlich von Bagdad in Brand, nachdem sie das Gelände betreten und iranische durch irakische Flaggen ersetzt hatten. Sie forderten, dass Iran sich aus dem Irak zurückzieht.

Dabei sei Schweden eigentlich ein beliebtes Land im Irak, sagt Nahost-Experte Gerlach

Dass Proteste gegen Schweden stattfinden, sei bemerkenswert, sagt Daniel Gerlach. Schweden sei eigentlich ein sehr beliebtes Land im Irak, viele Iraker lebten mittlerweile dort. Hinzu komme, dass sich Schweden stark im Irak engagiere. Erst im vergangenen Jahr hatte die schwedische Regierung ein Papier zur Entwicklungszusammenarbeit mit Bagdad vorgestellt.

Trotzdem drohte die irakische Regierung nach einem Krisentreffen mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani forderte die schwedische Botschafterin in Bagdad, Jessica Svärdström, am Donnerstag auf, "das irakische Territorium zu verlassen". Zugleich rief die irakische Regierung am Donnerstag ihren Geschäftsträger, den höchsten Diplomaten des Landes in Schweden, zurück.

Welche Rolle der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr bei den Protesten von Mittwoch auf Donnerstag spielt, ist laut Gerlach ungewiss. Nach der Koranverbrennung im Juni hatte er zu einem "wütenden Protest" vor der schwedischen Botschaft aufgerufen. Und auch dieses Mal war sein Konterfei auf den Plakaten der Demonstranten zu sehen. Im vergangenen Jahr hatte der Block von al-Sadr geschlossen seinen Rückzug aus dem irakischen Parlament erklärt. Das hatte unter seinen Anhängern zu einer großen Frustration geführt.

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Die Stimmung im Land ist ohnehin angespannt. Bei Temperaturen nur knapp unter 50 Grad entzünden sich Konflikte schneller, der Irak steht vor einer Wasserkrise, und die wirtschaftliche Situation im Land ist desolat. "Die Koranverbrennung ist ein Anlass, an dem sich die Wut der Menschen entlädt", so Gerlach.

Bei der Kundgebung vor der irakischen Botschaft in Stockholm wurde Augenzeugen der Agentur Reuters zufolge ein Buch getreten und teilweise zerstört, das Demonstranten als Koran bezeichneten. Verbrannt worden sei es aber nicht.

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