Einige Tage hat er geschwiegen, nun will er die Attacken gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundeskanzleramt, vor allem aber auch gegen seine Person nicht länger unkommentiert lassen. Am Rande einer Veranstaltung in Berlin betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière, die Vorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit Spionage-Bemühungen des US-Geheimdienstes NSA seien "nicht wahr''. Dies würden die Unterlagen, um die es derzeit vor allem gehe, belegen.
Damit reagiert der CDU-Politiker nicht zuletzt auf den Vorwurf der Lüge, der am Mittwoch laut wurde. Insbesondere die Linkspartei wirft ihm vor, in der Antwort auf eine Kleine Anfrage ihrer Fraktion die Unwahrheit zu sagen. Mitte April hatte das Bundesinnenministerium in einer Antwort erklärt, es gebe keine "konkreten Hinweise'' auf Spionageversuche der NSA.
Regierungssprecher Steffen Seibert hat an diesem Mittwoch de Maizière in dem Punkt aus der Schusslinie genommen. Die Antworten auf parlamentarische Anfragen spiegelten die Haltung der Bundesregierung wider. Auch das Bundeskanzleramt sei in diesem Fall an der Beantwortung beteiligt gewesen. Jedes Ministerium beantwortet in der Regel jene Fragen, für die es zuständig ist. Und das Bundeskanzleramt ist für die Aufsicht über den BND zuständig.
Offen ist, ob der BND wissentlich mitgeholfen hat
Das wirft jetzt ein Schlaglicht auf Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Er ist am 12. März von BND-Präsident Gerhard Schindler über die neuen Erkenntnisse informiert worden. Diese weisen darauf hin, dass die NSA den BND benutzt haben könnte, europäische Unternehmen und Behörden auszuspionieren. "Es liegen weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten vor", lautete die Antwort. Als diese an die Linke rausging, saß das Bundeskanzleramt jedoch schon mit Hochdruck an der Prüfung solcher Hinweise.
Offen ist bislang, ob der BND wissentlich oder nicht wissentlich der NSA geholfen hat. Einen Hinweis mindestens auf die Bemühungen der NSA soll es schon 2008 gegeben haben, also in de Maizières Amtszeit als Kanzleramtschef. Das war von Ende 2005 bis Herbst 2009.
De Maizière wehrt sich vehement gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Er sagte, er stelle sich der Verantwortung und wolle "voll umfänglich zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen''. Allerdings stammten alle Informationen, die im Augenblick öffentlich gemacht und verwendet würden, aus Unterlagen, die als geheim oder streng geheim eingestuft seien. Aus diesem Grund könne er sich dazu öffentlich nicht äußern.
Er halte sich an die Regeln, das gehöre auch zu seinem Verständnis vom Staat und dem Umgang mit geheimen Informationen. Dadurch allerdings sei in der öffentlichen Wahrnehmung eine Schieflage entstanden, deshalb läge es auch in seinem Interesse, die Dinge öffentlich klarzustellen. "Es sind Unterstellungen. Sie sind nicht wahr. Und das ergibt sich auch aus den Unterlagen selbst.''
Der Innenminister bot nun an, jederzeit vor den zuständigen Gremien des Bundestages zu allen Fragen Stellung zu nehmen. "Je schneller, desto besser'', so de Maizière. Angesichts der Schieflage sei es umso wichtiger, nun in den Ausschüssen des Bundestages zu allen Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Eine erste Gelegenheit wäre der kommende Mittwoch. Dann kommt in der Sache das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages zu einer Sondersitzung zusammen. Zusätzlich könnte de Maizière einen Tag später als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss vorgezogen werden.