Tarifverhandlungen:Verdi-Chef Werneke droht mit Streiks im öffentlichen Dienst

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Für 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst, darunter Erzieherinnen, Klinikpersonal und Müllwerker, beginnen am Dienstag die Tarifverhandlungen. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/picture alliance/dpa)

Die Gewerkschaft fordert 10,5 Prozent mehr Lohn und kündigt Arbeitsniederlegungen auch in Kitas und Kliniken an.

Von Alexander Hagelüken und Benedikt Peters

Die Gewerkschaft Verdi droht damit, in der Lohnrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen. "Wenn es nötig ist, dann streiken wir", sagte Verdi-Chef Frank Werneke der Süddeutschen Zeitung. An diesem Dienstag beginnen die Verhandlungen für 2,5 Millionen Beschäftigte, darunter Erzieherinnen, Klinikpersonal und Müllwerker. Legen sie flächendeckend die Arbeit nieder, steht den Deutschen eine schwierige Zeit bevor.

Wie wahrscheinlich Streiks sind, hänge von den Arbeitgebern in Bund und Gemeinden ab, sagte Werneke. Sie sollten zur zweiten Verhandlungsrunde im Februar ein Lohnangebot vorlegen, das eine Einigung ermögliche. "Leider hat die Unsitte Einzug gehalten, bis zur letzten Verhandlungsnacht überhaupt kein ernsthaftes Angebot zu machen. Wer so agiert, darf sich über Warnstreiks nicht beschweren." Diese würden den gesamten öffentlichen Dienst betreffen, kündigte er an, also auch Kitas und Kliniken.

Es werden harte Auseinandersetzungen erwartet, da Verdi und Beamtenbund 10,5 Prozent mehr Lohn fordern. Das ist mehr als zuvor die Gewerkschaften in großen Branchen wie Metall und Chemie. Werneke nannte die Forderung angesichts einer Inflationsrate von 7,9 Prozent 2022 und von ihm erwarteten sechs bis acht Prozent in diesem Jahr absolut angemessen: "Die Inflation frisst den Menschen ein Loch ins Portemonnaie. Die Preise galoppieren, die Nebenkosten explodieren." Etliche Beschäftigte müssten ihren Lohn mit Bürgergeld aufstocken, dem früheren Hartz IV. Die Beschäftigten hätten das Gefühl, verheizt zu werden.

Werneke kündigte an, den Schwerpunkt der Tarifrunde auf Arbeitnehmer mit geringen oder mittleren Einkommen zu legen: "Auf die Müllwerker oder Verwaltungsangestellten, die mit 2000 Euro netto nach Hause gehen und trotzdem die Preise von München und anderen Großstädten zahlen müssen." Diese Beschäftigten würden besonders profitieren, wenn die Gewerkschaft wie geplant eine Mindest-Lohnerhöhung von 500 Euro im Monat durchsetzt. Dies würde für viele 20 Prozent mehr Geld bedeuten.

Werneke bescheinigte der Bundesregierung, die Entlastung der Bürger von der Inflation falle eindrucksvoll aus. Es fehle aber die soziale Balance. "Menschen mit wenig Geld werden durch die Energiepreise immer noch zu stark belastet." Gleichzeitig sei es falsch, die Zuschüsse für Gutverdiener nicht zu begrenzen.

Menschen mit viel Geld will Werneke nun auf andere Weise für die Finanzierung der Krise heranziehen. "Es ist höchste Zeit für einen Energie-Soli." Den sollen alle bezahlen, die unter den Spitzensteuersatz fallen. Außerdem sei es ein Skandal, dass auf Kapitalerträge weniger Steuern gezahlt werden müssen als auf Arbeitseinkommen. Die Abgeltungssteuer, nach der Kapitalerträge mit pauschal 25 Prozent versteuert werden, müsse weg. "So positiv ich vieles finde, was die Bundesregierung macht: Was Gerechtigkeit angeht, ist die Ampel blind. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die FDP solchen Einfluss in der Koalition hat."

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