Hygiene in Krankenhäusern:"Kein Mangel an Regeln"

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Nach dem Tod von drei Babys im Mainzer Uniklinikum mehren sich die Stimmen nach einer bundesweit verbindlichen Hygieneverordnung. Die Ärztegewerkschaft warnt jedoch vor politischen Überreaktionen.

Drei Babys sind im Mainzer Uniklinikum gestorben - vermutlich weil sie eine verunreinigte Infusionslösung bekamen. Seitdem steht die Hygiene in Krankenhäuser grundsätzlich in der Kritik und eine hitzige Diskussion über die Ursache der mutmaßlich desaströsen Zustände in manchen Kliniken ist entbrannt.

Eine verunreinigte Infusionslösung hat möglicherweise den Tod dreier Babys im Universitätsklinikum Mainz verursacht. (Foto: dpa)

"Offenbar müssen erst Leichen auf der Straße liegen, bis einige Bundesländer aufwachen und ihrer Verantwortung gerecht werden", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Kölner Stadt-Anzeiger. Bisher gebe es in den meisten Ländern keinerlei verbindliche Hygienevorgaben für Kliniken, kritisierte der Politiker. In zahlreichen Häusern würden einfachste Regeln missachtet. Deshalb fordere die SPD-Bundestagsfraktion eine bundesweit verbindliche Hygieneverordnung für alle Kliniken.

Vor politischen Überreaktionen warnt hingegen die deutsche Ärztegewerkschaft: Es gebe keinen Mangel an Hygieneregeln und Standards, betonte Rudolf Henke, Vorsitzender des Marburger Bunds, in den Ruhr Nachrichten. "Hier scheint es sich um einen schrecklichen Einzelfall zu handeln", sagte er im Hinblick auf den Tod der drei Säuglinge. Ein Bundesgesetz sehe er nicht als notwendig an. "Kein Keim wird wegen eines bundesweiten Gesetzestextes sein Verhalten ändern."

Auch der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (Adka) erachtet die Hygiene-Vorschriften in deutschen Klinikapotheken für ausreichend. "Ich halte die Sicherheitsstandards in Deutschland für sehr hoch", sagte Adka-Geschäftsführer Klaus Tönne der Leipziger Volkszeitung. "Das ist der erste schwerwiegende Zwischenfall, an den ich mich in den vergangenen 20 Jahren erinnern kann", sagte er zu dem Fall in Mainz. "Ich kenne kein Krankenhaus, in denen die Sicherheitsstandards besser geregelt sind." Die Apotheke der Universitätsklinik Mainz arbeite auf einem sehr hohen und beispielhaften Niveau, so Tönne.

Den Hygiene-Schwachstellen auf der Spur

Den drei verstorbenen Säuglingen, die an schweren Vorerkrankungen litten, war eine mit Bakterien verunreinigte Infusionslösung verabreicht worden. Als wahrscheinlich gilt, dass die Erreger beim Zusammenmischen in der Apotheke der Klinik in die Lösung gelangten.

Insgesamt elf Babys hatten am vergangenen Freitag auf der Mainzer Intensivstation eine verschmutzte Infusion bekommen. Zwei Kinder mit Herzfehlern starben am Samstag, das dritte, ein sehr junges Frühgeborenes, am Montagabend. Ob jeweils die Keime in der Infusionslösung den Tod verursachten, steht noch nicht fest.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen nach dem tragischen Vorfall in Mainz noch im Herbst über Verbesserungen der Krankenhaushygiene beraten. Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, die niedersächsische Fachministerin Aygül Özkan (CDU), werde das Thema auf die Tagesordnung eines Sondertreffens bringen, kündigte ihr Sprecher in Berlin an.

Die Sonderkonferenz sei bereits vor der aktuellen Debatte anvisiert worden und umfasse auch andere Themen. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest. Der Sprecher betonte allerdings auch: "Wir haben kein Gesetzgebungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit."

Die Bundesärztekammer fordert indes mehr Hygiene-Spezialisten an Krankenhäusern. "Es ist richtig, dass die Krankenhäuser Hygienefachkräfte einstellen müssen, die immer Schwachstellen bei der Hygiene auf der Spur sind", erklärte Vizepräsident Frank Ulrich Montgomery der Thüringer Allgemeinen. "Es gibt ständig neue Analysemethoden, aber auch neue Technik, die unter die Lupe genommen werden muss."

© dpa/AFP/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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