Home-Office:"Das Büro muss heute ein Erlebnis sein"

Home-Office: Die Vorteile des Arbeitens im Home-Office haben vielen Menschen in den vergangenen drei Jahren schätzen gelernt.

Die Vorteile des Arbeitens im Home-Office haben vielen Menschen in den vergangenen drei Jahren schätzen gelernt.

(Foto: Joseffson/imago images)

Das Home-Office, das zeigt jetzt eine Studie, ist vor drei Jahren gekommen, um zu bleiben. Was aber nicht heißt, dass das Büro tot ist. Es muss nur ganz anders werden als früher.

Von Thomas Fromm

Im Grunde gibt es ja eine Zeit davor und eine danach. Vor Corona, da war Home-Office eine Sache, die vielen eher suspekt war. Jemand arbeitet von zu Hause? Warum denn das jetzt? Wahrscheinlich, um mal in Ruhe Wäsche zu waschen, Gardinen aufzuhängen und die Wocheneinkäufe zu erledigen. Home, sweet home.

Dann kam die Pandemie, Home-Office wurde für viele über Nacht zur Pflicht, und siehe da: Das Gardinen-Thema war auf einmal ziemlich abgeräumt. "Drei Jahre sind eine lange Zeit, da entwickeln sich ganz neue Gewohnheiten", sagt Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. Am Ende seien viele überrascht gewesen, dass Heimarbeit meistens doch funktioniert. Nach ein paar Monaten zu Hause war dann oft sogar von einer neuen Art von Entgrenzung die Rede, von Teams-Calls zwischen morgens um sieben und abends um 21 Uhr. Von endlosen Arbeitstagen in der Küche. Und heute? Sagen gerade mal sechs Prozent der vom Allensbach-Institut befragten Spitzenkräfte aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, dass Home-Office nur ein vorübergehendes Phänomen ist. Eine sehr große Mehrheit also glaubt, dass es nie wieder so sein wird wie früher - Home-Office ist gekommen, um zu bleiben.

Wer in Zukunft gute Leute haben will, muss diese frei entscheiden lassen, wo sie arbeiten.

Corona habe die Bürowelt "vollkommen auf den Kopf gestellt", sagt Thomas Olek, Aufsichtsratschef beim Büroimmobilieninvestor Publity, der an der Studie beteiligt war. Der Manager sagt, dass er "selbst lange Gegner des Home-Office" gewesen sei. Jetzt ist er es jedenfalls nicht mehr. Laut Allensbach-Studie glauben 34 Prozent der Befragten sogar, dass das Arbeitsmodell in Zukunft noch an Bedeutung zunehmen wird. Und 97 Prozent finden, dass sie künftigen Fachkräften die Möglichkeit von Home-Office und mobilem Arbeiten anbieten müssen. Wer in Zukunft gute Leute haben will, muss diese frei entscheiden lassen, wo sie arbeiten. Was früher der Dienstwagen von BMW war, ist heute die Möglichkeit zum Home-Office. Oder das Arbeiten von der Insel aus, je nachdem.

Zurzeit, so die Studie, arbeiten 14 Prozent der Beschäftigten im Home-Office - das sind 6,4 Millionen Menschen. Was aber ist mit all den anderen, die das nicht können oder dürfen? Mit Handwerkern, Fabrikarbeitern, Ärztinnen, Briefträgerinnen und Laborangestellten? Ist die Home-Office-Debatte nicht vielleicht doch das Luxusthema einiger weniger? Man müsse nun "aufpassen, dass wir uns nicht einseitig auf Home-Office konzentrieren", sagt Renate Köcher. Und "sicherstellen, dass es keine Spaltung gibt - gerade auch in den Unternehmen selbst". Für viele Menschen sei es ohnehin wichtig, zumindest einige Tage in der Woche im Büro zu sein - allein schon, um wichtige Informationen zu bekommen und mit anderen im Gespräch zu bleiben. Es gehe am Ende darum, sich "das Leben in zwei Welten zu erhalten".

Weniger Leute im Büro, das heißt aber auch: weniger Büros. Home-Office ist, das dürfte dem einen oder anderen Unternehmen durchaus entgegenkommen, auch eine Art Flächensparprogramm. Allerdings steigen, auch das besagt die Studie, nun die Ansprüche an jene Büros, die es dann noch gibt. Größer, moderner, zentraler. "In München ging es lange Zeit mit der S-Bahn raus nach Ismaning", sagt Immobilieninvestor Olek. " Jetzt gehen viele wieder in die Innenstadt zurück." Und dann ist da noch die Frage nach der Innenarchitektur. Die Zukunft seien "große offene Räume", die Leute wollten nicht mehr "wie die Hühner auf der Stange sitzen", glaubt Olek. "Das Büro muss heute ein Erlebnis sein."

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